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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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irgendetwas in ihm hatte Spaß daran, ihn zu quälen. So sehr er sich auch anstrengte, es kamen nur ein, zwei lauwarme Tropfen, die hohl in seine Thermoskanne fielen.
    Denk nicht daran. Denk an etwas anderes.
    Er versuchte es.
    … Die Psychiatrie. Er wurde von Pflegern gepackt, auf eine Pritsche geworfen und an Händen und Füßen festgeschnallt. Ein Arzt beugte sich über ihn und lächelte. Stimmen. Dann ein winziger Stich in der Ellenbeuge. Gleich werden die Medikamente kommen …
    Es tat so weh!
    Denk an etwas Schönes.
    … Konnten Vögel Stimmen hören? So wie er? …
    Thomas ging in die Knie. Seine Beine waren weich. Sie wollten ihn nicht mehr halten. Wie ein mit lauwarmem Wasser gefüllter Luftballon lag seine Blase im Unterleib, machte sich breit und breiter, drückte gegen Darm und Bauchdecke, schob alles zur Seite. Der Ballon drückte auf Muskeln und Nerven.
    Weißt du noch, fragte Nummer eins, wie sie uns angesehen hat? In der Apotheke? Wir haben unsere Pillen geholt. Sie hatte ihr Haar nach oben gesteckt und wir sahen ihren Nacken. Jedes kleine Härchen und sogar den Leberfleck hinter ihrem Ohr.
    Thomas erinnerte sich. Wie schön die Frau war. Wie verwirrt er den Kopf unter ihrem Blick senkte und sein Herz raste und … und er das Wasser nicht mehr halten konnte, es einfach so aus ihm herausgelaufen war, am Tresen der Apotheke.
    Warme Tropfen fielen auf seine Hand.
    Endlich ließ er es laufen! Und es tat ihm so unendlich gut. So gut. Thomas atmete tief und hörbar aus, der erste Laut, den er seit Stunden von sich gab.
    Als der Urin in seine Thermoskanne sprudelte, klang es erstaunlicherweise genau so, wie wenn er am Morgen heißes Wasser einfüllte und seinen Melissentee aufgoss. An Tagen wie diesem. Zuerst das laute, erste Auftreffen von Flüssigkeit am Boden der Metallkanne, anschließend plätscherte es gleichbleibend. Nur die Höhe des Tones änderte sich dabei, war zuerst tief und wurde langsam, mit zunehmendem Flüssigkeitsstand, immer höher. Und genau so klang es jetzt auch, selbst die Flasche wurde außen etwas warm.
    Nummer zwei hatte sich wieder einmal geirrt, denn das Licht ging nicht an, die Fahrstuhltür öffnete sich nicht und demzufolge blieben ihm auch die anderen Peinlichkeiten erspart.
    Aber es hätte sein können.
    Der Schmerz verließ seinen Unterleib, ganz langsam, gerade so, dass Thomas diesem Gehen folgen konnte und voll Dankbarkeit wahrnahm, wie Zufriedenheit den Platz des Schmerzes einnahm. Er war gerettet!
    Thomas hielt die Augen während des Urinierens geschlossen. Als er fertig und die Flasche zu drei Vierteln gefüllt war, schraubte er den Verschluss sorgfältig wieder zu und tastete sich zu seiner schwarzen Aktentasche. Hier würde niemand etwas anderes als Tee vermuten und niemals würde jemand von diesem Moment erfahren.
    Hättest du doch noch ein paar Minuten gewartet, jammerte Nummer drei. Wenigstens fünf. Dann wären wir geplatzt, hihi. Ach, wär das schööön gewesen! Unser Blut und unsere Innereien kleben an den Wän- den und vermischen sich mit dem, was du jetzt in der Flasche da ver- steckst! Dass du immer alles verderben musst, du böser, böser Junge! Oh, ich bin sooo traurig … und tatsächlich tönte die Stimme voller Weltschmerz durch Thomas’ Kopf.
    Über dreizehn Stunden dauerte nun schon seine Einzelhaft hier im Aufzug. Inzwischen hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Hatte die Welt sich weitergedreht? War überhaupt Zeit vergangen? Oder geschah dies alles vielleicht in einem winzigen Moment, in dem er die Augen kurz geschlossen und geträumt hatte, und kam ihm nur als dieser unendlich lange Zeitraum vor? Er wusste es nicht, wusste nicht, ob es heute oder morgen war. Oder vielleicht auch gestern. War er allein im Aufzugsschacht oder war der Tod inzwischen näher gekrochen und suchte seine Witterung mit schnüffelnder Nase? Es war egal. Er hatte Wasser gelassen und der krampfende Schmerz war weg. Endlich glitt er die Kabinenwand hinab und hockte sich auf den kalten Boden. Alles andere zählte nicht.

24
    20:24 Uhr, Krankenhaus Donaueschingen, Klinikküche
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    Mehmet drückte einfach ab.
    Peng, fiel dem Alten die Metallschüssel aus der Hand und tanzte mit einem Scheppern über den Fliesenboden.
    Peng, gingen fast im selben Moment plötzlich die Lichter aus!
    Peng, flog dem Koch ein kleines Projektil durch den Schädel. Als es wieder austrat, riss es ihm ein Ohr ab.
    Peng!
    Das war es also. So fühlte es sich also an. War doch ganz einfach: Peng und

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