Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rau ist die See ...

Rau ist die See ...

Titel: Rau ist die See ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
Vom Netzwerk:
auf einem Schiff. Aber es war nicht die MS Kyrene, sondern ein knarrendes und modrig riechendes Segelschiff aus vergangenen Jahrhunderten, ein richtiger Seelenverkäufer. In heller Panik kletterte Jade unter Deck über einige Geschütze, deren Kanonenrohre drohend aus den Stückpforten ragten. Sie trug nur ein löcheriges schmutziges Hemd, ihr Haar war verschwitzt und fiel ihr in langen verfilzten Strähnen ins Gesicht.
    Das ist nur ein Traum! Wach auf, rief sie sich zu. Aber die Atmosphäre war so beängstigend, dass Jade das Herz bis zum Hals schlug und sie sich nicht von der Stelle rühren konnte. Sie war allein auf diesem unheimlichen Segelschiff. Außer ihr war nur die Gestalt an Bord, die ihren Tod wollte. Jade musste fliehen, aber wohin?
    Sie hetzte einen hölzernen Aufgang entlang. Frische Seeluft schlug ihr ins Gesicht, als sie an die Reling stürzte. Das Schiff war unter voller Besegelung auf hoher See. Aber wo war die Mannschaft? Warum befanden sich keine Matrosen auf den Rahen, warum stand niemand am Doppelsteuerrad? Es war doch unmöglich, dass ein Schiff ohne Mannschaft segelte … Ihre Furcht stieg. Ein Blick auf die Meeresoberfläche bewies ihr, dass es dort keine Rettung gab. Überall stachen die schwarzen Rückenflossen von Haien zwischen den Wellenköpfen hindurch.
    Jade hielt unwillkürlich den Atem an. Wo war ihr unheimlicher Verfolger? Spielte er mit ihr Katz und Maus? Warum hatte er sie nicht schon längst erledigt? Über ihr, am Fockmast, wehte die schwarze Piratenflagge mit dem Totenkopf und den zwei gekreuzten Knochen.
    Plötzlich ertönte ein irres Lachen.
    Jade schrak zusammen. Von wo war es gekommen?
    Sie lief davon, obwohl ihr klar war, dass das an Bord eines so kleinen Segelschiffs völlig sinnlos war. Der ganze wurmstichige Holzkahn war nicht länger als das Vorderdeck der MS Kyrene. Und dennoch konnte Jade nicht einfach stehen bleiben und sich in ihr Schicksal ergeben.
    Suchend sah sie sich nach einer Waffe um. Wie war es mit diesem Enterhaken, der dort auf dem Deck lag? Das Eisenstück lag schwer in ihrer Hand. Wenn sie damit wild um sich schlug, konnte sie sich einen Gegner gut vom Leib halten.
    Und dann war er plötzlich da, ihr Feind. Jade hatte ihn nicht kommen hören. Aber das war auch kein Wunder, denn dieses Wesen war bestimmt kein Mensch aus Fleisch und Blut. Plötzlich stand er unmittelbar vor ihr. Und er hielt einen furchteinflößenden Entersäbel in der Faust!
    Stammten die Flecken auf der Klinge von Rost oder von Blut? Jade schauderte. Sie wusste nur, dass sie jetzt kämpfen musste, wenn sie leben wollte. Um sich zu verteidigen, hob sie den Enterhaken. Doch es war sinnlos. Ein einziger Säbelhieb reichte. Metall klirrte auf Metall, und die Waffe wurde ihr aus der Hand geprellt. Jade biss sich auf die Unterlippe, dass es schmerzte. Der Enterhaken lag wieder auf dem Deck. Und ihr Feind würde ihr sicher keine Gelegenheit geben, ihn wieder aufzuheben.
    Die Spitze des Entersäbels war nun genau auf Jades Kehlkopf gerichtet. Instinktiv trat sie einen Schritt zurück, dann noch einen. Gnadenlos trieb ihr Feind sie weiter rückwärts. Sein Gesicht konnte sie nicht sehen, denn er trug eine rostige Eisenmaske. Schon bald musste Jade auf die hölzerne Reling steigen, um seinem Säbel zu entkommen.
    Und nun erkannte sie seine Absicht. Er hatte sie genau da, wo er sie haben wollte. Unmittelbar hinter Jade war eine lange Planke an der Reling befestigt. Das Ende des Holzbretts befand sich über der Wasseroberfläche. Jade hatte jetzt die Wahl – entweder ließ sie sich von der Säbelspitze durchbohren, oder sie schritt über die Planke, stürzte ins Wasser und fiel den Haien zum Fraß.
    „Was soll das? Was habe ich dir getan? Warum tust du das?“, brachte sie keuchend hervor.
    Er gab keine Antwort. Er folgte Jade, und sie wich ihm instinktiv aus. Immer weiter. Sie lief rückwärts, den Blick auf das dunkle Wesen gerichtet. Sie spürte das rissige Holz der Planke unter den nackten Füßen. Und dann war da plötzlich nichts mehr, sie trat ins Leere. Verzweifelt ruderte sie mit den Armen. Aber sie fiel und fiel, hatte nichts mehr zu erwarten als kaltes Wasser und die rasiermesserscharfen Zahnreihen von unzähligen hungrigen Haien.
    Jade schlug die Augen auf und rang nach Atem. Sie befand sich mitten im Wald, kilometerweit von der Küste entfernt. Hier gab es keine Haie, und säbelschwingende Maskenträger erst recht nicht.
    Was für ein widerlicher Albtraum, dachte sie und schaute auf

Weitere Kostenlose Bücher