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Rau ist die See ...

Rau ist die See ...

Titel: Rau ist die See ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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ihre Armbanduhr. Länger als zehn Minuten konnte sie nicht geschlafen haben, aber ihr kam es vor, als wäre sie stundenlang vor diesem Horrortypen geflohen.
    Stöhnend stand sie vom Boden auf und rieb sich die schmerzenden Kniegelenke. Dann sah sie sich um. Die Passagiere hatten es ihr größtenteils gleichgetan und sich irgendwo in der Nähe auf den Waldboden gesetzt. Einige sah sie weiter entfernt stehen und sich umsehen. Eine ältere Frau fotografierte ihren Mann vor dem Hintergrund eines Bergmassivs am Horizont.
    Jade ging ein wenig auf und ab, um ihre Beine wieder ganz zu spüren. Sie machte ein paar Dehnungsübungen, blieb kurz auf einem Felsvorsprung stehen und bewegte abwechselnd die Füße.
    Da trat ihr plötzlich jemand von hinten in die Kniekehlen!
    Jade schrie auf. Der feige Angriff kam zu unerwartet, als dass sie sich hätte wehren können. Wieder stürzte sie, genau wie in ihrem Albtraum, den sie soeben durchlebt hatte.
    Aber diesmal war alles real. Allerdings wartete unter ihr kein gieriger Hairachen, sondern ein Abgrund. Wenn sie dort unten aufschlug, konnte sie sich den Hals oder zumindest ein paar Knochen brechen. Sie fiel.
    In letzter Sekunde krallte sie sich an einem vorstehenden Felsstück fest. Ein Ruck ging durch ihren Körper, und ein brennend-heller Schmerz zuckte durch ihren rechten Arm. Für einen Moment fürchtete sie, die Sehnen an ihrem Handgelenk wären gerissen. Aber ihre Finger hielten den scharfkantigen Stein nach wie vor fest.
    „Hilfe! Helft mir doch!“
    Jade fand selbst, dass ihre Stimme kläglich und viel zu leise klang. Trotzdem konnte sie sich in dem ansonsten stillen Bergwald bemerkbar machen. Sie hörte eilige Schritte, dann ertönten einige Entsetzensrufe. Jade lehnte den Kopf in den Nacken.
    Die Kante, von der aus sie in die Tiefe gestürzt worden war, befand sich ungefähr eine Manneslänge über ihr. Dort erblickte sie jetzt die Gesichter einiger Passagiere, die besorgt und verängstigt zu ihr hinabschauten. Ein älterer Mann mit weißem Schnurrbart nickte grimmig. So als ob er von einer Bergwanderung nichts anderes erwartet hätte.
    „Ich übernehme das Kommando!“, rief er. „Ich war früher bei der Army, kenne mich aus mit Rettungsaktionen. Wir nehmen meinen Anorak als Ersatz für ein Seil.“ Er sah nach rechts. „Sie dort, ja, und Sie und Sie! Sie helfen mir beim Ziehen, verstanden?“
    Dann wandte er sich an Jade. „Bleiben Sie ruhig, Miss. Wir lassen einen Anorak zu Ihnen hinunter. Er ist aus besonders strapazierfähigem und unzerreißbarem Stoff, und außerdem sind Sie ja nicht so schwer. Wenn Sie sich gut festhalten, haben wir Sie im Handumdrehen wieder hier oben.“
    Jade konnte nur nicken. Sie musste sich ganz darauf konzentrieren, nicht loszulassen. Gleichzeitig suchte sie verzweifelt mit der anderen Hand und den Beinen Halt.
    Sie hörte, wie der alte Mann Befehle gab. Wenig später wurde der Anorak über die Felskante geschoben. Jade packte den Ärmel zuerst mit der freien Hand. Der Stoff spannte sich. Aber es sah wirklich nicht danach aus, als ob das Kleidungsstück zerreißen würde. Falls doch, wird eine Reklamation beim Hersteller nichts nützen, dachte sie zynisch. Jedenfalls mir nicht.
    Sie hatte keine Wahl, sie musste es wagen. Schnell löste sie nun die andere Hand vom Felsen und umklammerte den Anorak. Sie sah, dass ihre Finger blutig waren, aber den Schmerz spürte sie nicht. „Ich bin so weit!“, rief sie.
    „Sehr gut, Miss. – Auf mein Kommando! Eins, zwei. Eins, zwei.“
    Jade pendelte in der Luft vor dem Felsen. Einen entsetzlichen Moment lang dachte sie, dass ihre Retter es nicht schaffen würden. Aber dann wurde sie hochgezogen. Zwar ging es entsetzlich langsam, aber das kam ihr vielleicht nur so vor. Sie konzentrierte sich nur darauf, den Anorak nicht loslassen.
    Endlich erreichte sie die Kante. Kräftige Hände packten Jade und zogen sie auf sicheren Grund.
    Erst jetzt spürte sie den Schock und begann am ganzen Körper zu zittern.
    Georgette umarmte sie. In ihren Augen glitzerten Tränen. „Ich bin so froh, dass dir nichts geschehen ist, Jade!“
    Nichts ist etwas untertrieben, dachte Jade bloß. Sie hatte sich an dem scharfkantigen Felsen geschnitten, jetzt pochte der Schmerz in ihrer rechten Hand. Während sie tief seufzte und darauf achtete, gleichmäßig ein- und auszuatmen, bewegte sie sich vorsichtig. Wahrscheinlich hatte sie sich beim Sturz ein paar Prellungen zugezogen. Aber sie lebte.
    Jade bedankte sich zunächst bei

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