Raumschiff 5 - Carialle
waren bereits in einem eigens versiegelten Behältnis abtransportiert worden. Ein Arbeiter in Schutzanzug und Kapuze hatte die Rillen und Nischen bereits gründlich gesäubert und dafür gesorgt, daß sich keine verirrten einheimischen Sporen als blinde Passagiere in die
Zentralwelten einschlichen. Der Kranführer lenkte die flexiblen Schläuche zu ihren entsprechenden Ventilen. Als erstes kam der Treibstoff, und so ließ Carialle ihren Tankverschluß hochspringen, als die starre Schlauchmuffe den Stutzen erreichte. Der schmale Schlauch, der ihre Proteintanks speiste, wies an seinem Endstecker einen numerierten Filter auf. Carialle speicherte die Nummer in ihren Dateien für den Fall, daß das Endprodukt irgendwelche Verunreinigungen aufweisen sollte. Glücklicherweise war die Leitung, die das schlammartige Kohlenstoff-Protein-Gemisch in Keffs
Nahrungsmittelsynthetisierer führte, undurchsichtig. Das peristaltische Pulsieren der dicken Masse erinnerte Cari stets an Treibsand, oder an sandfarbene Tintenfische, die über den Meeresboden krochen, oder an wochenalten Haferschleim. Für einen Augenblick wurde sie vom Geschehen am Dock
abgelenkt, wo ein Gabelstapler soeben mit zwei Containern heranfuhr, einem großen und einem kleinen, deren
Strichcodemarkierungen Keffs Adresse aufwiesen. Sie
bestätigte dem Fahrer ihr Einverständnis, die beiden Behälter in ihr Frachtdock zu laden.
Eine weitere Technikerin, eine kurze, stämmige Frau in Magnetstiefeln mit dicker Sohle, trat auf ihre Luftschleuse zu und hielt einen kleinen Gegenstand hoch. »Dies ist für Sie, vom Stationsmanager, Carialle. Erbitte Genehmigung, an Bord kommen zu dürfen.«
Carialle musterte den Dataeder in den Fingern der Frau und verspürte einen Anflug von Neugier.
»Genehmigung erteilt«, sagte sie. Die Technikerin betrat scheppernd die Luftschleuse und drehte sich zur Seite, um sich an die vertikale und horizontale Ausrichtung von Carialles Decks anzupassen; dann kam sie vorsichtig auf die
Hauptkabine zumarschiert. »Hat er gesagt, was es ist?«
»Nein, es soll eine Überraschung werden.«
»Ach, Simeon!« rief Carialle über den Privatkanal des Stationsmanagers. »Katzen! Danke schön!« Sie überflog den Inhalt des Dataeders von Anfang bis Ende. »Fast eine ganze Echtzeitwoche Videodokumentation! Wo hast du die bloß aufgetrieben?«
»Ich habe sie von einem Biologen, der Hauskatzen züchtet.
Er war vor zwei Monaten hier draußen. Der Dataeder enthält komprimierte Videoaufzeichnungen von seinen Katzen und ihren Jungen. Außerdem hat er noch ein paar Videoaufnahmen von Wildkatzen hinzugefügt, die er auf einigen Kolonialwelten geschossen hat. Ich habe mir gedacht, das könnte dir gefallen.«
»Simeon, das ist ganz wunderbar! Was kann ich dir nur zum Tausch anbieten?«
Der Stationsmanager klang verlegen. »Du mußt nichts dafür eintauschen, Cari, aber wenn du vielleicht ein Gemälde übrig hättest? Und ich bin auch durchaus bereit, dir den Tausch noch zusätzlich zu versüßen.«
»Aber nicht doch! Damit würde höchstens ich dich übers Ohr hauen. Es ist ja nicht so, als ginge es um Musik. Die Sachen sind doch völlig belanglos.«
»Das ist nicht wahr, und das weißt du auch. Du bist eine Gehirnkünstlerin.«
Ein wenig zögernd erlaubte Carialle Simeon, sich in ihre Videosysteme einzuschalten, worauf sie ihn zu der Ecke der Hauptkabine leitete, wo ihre Malausrüstung verstaut war.
Jeder planetengebundene Hausbesitzer hätte die Kabine mit Sicherheit als völlig makellos eingestuft, doch für einen Raumfahrer war sie der reinste Trödelladen. Keffs
Trainingsausrüstung nahm einen großen Teil der Kabine ein, während Carialles Regal mit der Malausrüstung, einer Sonderanfertigung, ebenfalls viel Platz beanspruchte, ganz zu schweigen von der Wandfläche, an der ihre fertigen Werke hingen – jedenfalls jene Werke, die sie nicht verschenkte oder wegwarf. Die wenigen Auserwählten, denen es gestattet war, einen Blick auf Caris Gemälde zu werfen, pflegten gern von
›Meisterwerken‹ zu sprechen, doch das lehnte sie ab.
Da sie über keinen Weichschalenkörper mit Händen verfügte, die es ihr ermöglicht hätten, die Mechanik des Malens zu bewältigen, hatte sie sich Spezialapparaturen einbauen lassen, um damit das gewünschte Ziel zu erreichen. Bei ihren Leinwänden handelte es sich um dünne, poröse
Zellstoffblocks, die sie individuell mit Farbe fluten konnte wie die Pixels auf einem Computerschirm, bis sich
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