Raumschiff der toten Seelen
Geheimnis, von dem du mir nichts sagtest?“ wunderte er sich. „Du solltest mehr Vertrauen zu mir haben!“
„Wie konnte ich das, Par? Aber einmal wirst du schon die Wahrheit erfahren, dann nämlich, wenn die Zeit reif ist.“
„Sie ist reif!“ sagte der Weise plötzlich mit entschlossener Stimme. „Sie ist aus verschiedenen Gründen reif.
Was meinst du, Ra-Kles?“
„Ich glaube schon“, nickte der Philosoph langsam.
Seine Ergebenheit Parker gegenüber war einer selbstbewußten und stolzen Haltung gewichen. Auch dafür mußte es eine Erklärung geben. „Wir sind alle nicht mehr das, was wir einst waren.“
Nach diesem rätselhaften Ausspruch hüllte er sich wieder in Schweigen. Es war ihm offensichtlich unangenehm, von Par-Ker so vorwurfsvoll angesehen zu werden.
„Die Unsterblichen“, begann Parker mit gedämpfter Stimme, „sind alles andere als unsterblich. Als sie vor 18 Monaten vor der Entscheidung zwischen Arbeit, Glück und kurzem Leben einerseits, und Faulenzen und langem Leben andererseits standen, wählten sie die sinnlose Existenz des langen Daseins. Damit wählten sie nichts anderes als den Tod.“
Zwei Frauen und ein Mann – Ra-Kles – nickten stumm vor sich hin. Zwei Männer aber starrten Parker verständnislos an. So schnell erfaßten sie die Bedeutung der Worte nicht.
„Als wir damals die HOPE erbauten und die – Unsterblichen schufen, zogen wir alle Möglichkeiten in Betracht. So auch die, die nun tatsächlich eingetroffen ist. Die Unsterblichen mußten lange genug leben, die Kolonie vorzubereiten, aber sie mußten auch sterben, wenn sie sich unwürdig erwiesen – oder wenn für sie kein Platz mehr da war.
In der künstlichen Atmosphäre der HOPE befand sich eine Gasbeimischung, die – in Zusammenwirkung mit den Tabletten, eurer Nahrung also – den Zerfall eines lebenswichtigen Organs verhinderte. Und zwar solange, wie dieses Gas eingeatmet wurde. Geschah das nicht mehr, tat das bestimmte Organ noch fünf Jahre seine Pflicht. Nun, diese Frist ist fast verstrichen.“
Par-Ker war aufgesprungen. Mit entsetzt aufgerissenen Augen starrte er den Weisen an. Sein Gesicht nahm eine schmutzig-weiße Färbung an.
„Soll das heißen …!?“
Die Stimme versagte ihm.
Parker aber erhob sich ebenfalls und drückte ihn in den Sessel zurück.
„Du hast mich nicht zu Ende sprechen lassen, mein Freund. Es wurde natürlich noch an eine zweite Sicherheitsvorkehrung gedacht, die mehr einer psychologischen Prüfung entsprach. Das einmal nutzlos gewordene Schiff würde jeder verlassen, ob er nun ein gerechter Vertreter der Erde war oder nicht. Aber nur der wertvolle Teil der Kolonisten würde auf den Gedanken kommen, trotz scheinbarer Unsinnigkeit zu arbeiten und zu ernten – und damit auch eines Tages die Früchte dieser Arbeit zu verzehren. Der Faule jedoch würde sich auf die bisher übliche Bequemlichkeit des synthetischen Daseins verlassen. Es war uns vor 200 Jahren leider nicht möglich, die Mentalität unserer – hm – Mannschaft zu beeinflussen.“
Parker sah Par-Ker lächelnd an. In dessen Gesicht arbeitete es. So ganz schien er den Unterschied noch nicht zu begreifen.
„Und?“ machte er.
Parker hob die Augenbrauen.
„Die Sicherheitsvorkehrung, von der ich sprach, ist rein natürlicher Art. Das Fehlen des speziellen Gases in der Atmosphäre unserer neuen Heimat wird durch die natürliche Ernährung aufgehoben. Wir haben damals eben an alles gedacht, auch an die Möglichkeit, daß die Unsterblichen ihren Vorteil gegen uns ausnützen würden. Und sogar an die Möglichkeit, daß unsere gedankliche Verbindung zu euch abreißen könnte, wie es dann auch tatsächlich geschah. Ja, wir zogen sogar die Eventualität in Betracht, daß ihr euren Ursprung vergessen könntet. Ihr habt es!“
Ra-Kles nickte langsam, und so etwas wie ein Schatten des Unwillens huschte über sein Gesicht. Dann betrachtete er Par-Ker neugierig. Der einzige, der außer ihm noch verständnislos dreinschaute, war Har-Con.
Parker fuhr fort: „Die Unsterblichen drüben in der neuen Siedlung nehmen keine natürliche Nahrung zu sich, ihr Metabolismus entbehrt aber auch des lebenswichtigen Gases.
Das ist ihr Ende. Noch in diesem Jahr wird das große Sterben beginnen, wenn wir nicht vorher mit ihnen Schluß machen – und ich befürworte das.“
Har-Con lehnte sich mit einem Ruck vor.
„Es bleibt trotzdem Mord!“ verkündete er voller Abscheu. „Ich habe nichts gegen die Vollstreckung eines
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