Raus aus der Suchtfalle
dass der »kontrollierte Konsum« (»kontrolliertes Trinken«) für Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung nach der überwiegenden Erfahrung und der aktuellen Forschungslage kein realistisches Ziel ist, da in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle der kontrollierte Konsum in kritischen Lebensphasen wieder unkontrolliert wird.
Info
Kontrollierter Konsum ist kein realistisches Ziel für abhängige Menschen
Die Forschungslage ist hier eindeutig: Wer bereits eine Abhängigkeitserkrankung entwickelt hat, kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem kontrollierten, reduzierten Konsum langfristig nicht zurecht. Weit über 95 % der Betroffenen fallen irgendwann wieder in das unkontrollierte Konsummuster zurück. Allerdings: Der kontrollierte Konsum kann ein geeigneter Einstieg sein, neue Erfahrungen mit der eigenen Konsumgewohnheit zu machen und zu überprüfen, welche Möglichkeiten einem selbst weiterhelfen. Beim Versuch des kontrollierten Konsums entwickeln Betroffene eine bessere Einschätzung über den Grad des eigenen Kontrollverlusts.
Eine Beratungsstelle ist der ideale erste Anlaufpunkt
Wer vorhat, Hilfe aufzusuchen, braucht noch gar nicht unbedingt genau zu wissen, was die eigenen Ziele sein sollen und wie der konkrete Weg aussieht. Alle Institutionen des Hilfesystems sind darauf vorbereitet, sich zunächst einmal ein genaues Bild von der individuellen Situation zu verschaffen und dann über die verschiedenen Möglichkeiten zu beraten. Hierzu gehört natürlich auch die Beratung über die Ziele des »kontrollierten Konsums« oder der Abstinenz.
In einer Beratungsstelle können Sie sich kostenlos informieren und beraten lassen – das gilt sowohl für Betroffene als auch deren Angehörige.
Das Hilfesystem für abhängigkeitskranke Menschen ist in Deutschland sehr gut ausgebaut. In allen Ballungsregionen und den meisten Landkreisen gibt es psychosoziale Beratungsstellen oder Suchtberatungsstellen. Der Besuch dieser Beratungsstellen kostet die Betroffenen nichts; bei entsprechendem Wunsch kann dort eine Beratung sogar anonym erfolgen. Damit bietet die Beratungsstelle den idealen Einstieg für konkrete Veränderungen und für die Planung der einzelnen Phasen des körperlichen Entzugs und der eventuell notwendigen anschließenden Entwöhnungsbehandlung.
Was sind psychiatrische Institutsambulanzen (PIA)?
Noch stärker in der medizinischen Versorgung integriert sind sogenannte psychiatrische Institutsambulanzen (PIA), die von psychiatrischen Krankenhäusern oder psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern betrieben werden. Eine PIA ist einer Arztpraxis vergleichbar. Die Behandlung wird von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt, wobei eine Überweisung erforderlich ist oder die Praxisgebühr nach den üblichen Regularien anfällt. Auch aus diesen Gründen ist eine anonyme Beratung in einer PIA nicht möglich. In einer PIA kann, wie auchin einer Beratungsstelle, eine sehr detaillierte individuelle Beratung erfolgen. Außerdem kann die PIA eine Entgiftungsbehandlung direkt in die Wege leiten oder auch als ambulante Entgiftung selbst ärztlich-medizinisch begleiten.
»Zunächst war ich schockiert – dann erleichtert«
Frau S. ist diesen Weg gegangen. Sie wurde von ihrer Hausärztin auf ihre auffälligen Leberwerte angesprochen. Diese konnte sie dafür gewinnen, sich bei der in der Nähe befindlichen PIA einmal über Möglichkeiten einer Behandlung zu informieren. Frau S.: »Zunächst war ich richtig schockiert, dass ich von meiner Ärztin auf meinen Alkoholkonsum angesprochen wurde. So etwas war mir noch nie passiert – und ich wusste gar nicht, wie ich reagieren sollte, es war mir peinlich. Meine Ärztin blieb aber ganz ruhig und hat keine große Sache daraus gemacht; sie war weder entsetzt noch hat sie mich verurteilt, als ich ihr meine Situation schilderte; das Gespräch hat mir gut getan und ich war irgendwie erleichtert, das es endlich raus war. Ich bin dann sofort wie vorgeschlagen ohne Termin zur Instituts ambulanz gegangen. Dort wurde mir geraten, relativ zügig eine stationäre Entgiftung zu machen; ich konnte auch sofort einen Aufnahmetermin für die übernächste Woche vereinbaren.
Die meisten Betroffenen haben einen Hausarzt
Aus einigen Untersuchungen wissen wir, dass sich trotz der guten Erreichbarkeit von Beratungsstellen und PIAs nur eine Minderheit von Betroffenen an solche Hilfeeinrichtungen wendet – es sind nur ungefähr 5 % der Betroffenen. Andererseits wissen wir aus diesen
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