Rausch der Unterwerfung
regelrecht in Panik geraten. Sie hatte einen liebenswerten Mann, der sie auf Händen tragen wollte, ohne Grund vor den Kopf gestoßen. Die meisten ihrer Freunde hatten mit Unverständnis und Ablehnung reagiert, worauf Anne sich im Stich gelassen gefühlt und endgültig den Boden unter ihren Füßen verloren hatte.
Einige Wochen war sie von einer Party zur nächsten gezogen und hatte sich von allem vögeln lassen, was sich bot. Diese Phase endete abrupt, als sie eines Morgens verkatert neben einem Kerl aufgewacht war, der im Schlaf ins Laken furzte, dass die Falten seines Doppelkinns erschüttert bebten.
Sie schlug ins andere Extrem und begann, Männerbekanntschaften zu meiden. Eine Zeit lang hatte sie ihre neue Freiheit sogar genossen und sich ein Leben als unabhängige Singlefrau eingerichtet, doch das Gefühl, nicht ganz richtig zu sein, blieb.
Ein Buch hatte ihr schließlich den letzten notwendigen Schubs verpasst, ein Taschenroman, den sie vor Ewigkeiten mal gekauft, aber nie gelesen hatte. Beim Frustputzen war er ihr plötzlich in die Hände gefallen, und nur, um eine Weile vor ihren ewig kreisenden Gedanken zu flüchten, hatte sie am selben Abend angefangen, darin zu lesen. In der Geschichte ging es um eine junge Witwe im frühen Mittelalter, die sich allein in einer von Männern dominierten Welt durchzuschlagen versuchte, indem sie ihren Lebensunterhalt damit bestritt, männliche Opfer zu umgarnen und schließlich bis auf die blanke Haut auszunehmen. Anne ließ sich nur wenig mitreißen; starke Frauen, schwache Männer, das kannte sie zur Genüge. Erst als die Heldin in die Fänge ihres brutalen Widersachers geriet, baute sich Spannung in Anne auf, und dann folgte eine Szene, die ihr glühende Hitzeschauer in den Unterleib trieb. Sie las die Szene mehrere Male, langsam, Wort für Wort, ließ die Bilder, die sie illustrierten, durch ihre Gedanken rieseln und hielt immer wieder unbewusst den Atem an.
Als sie später in ihrem Bett lag, konnte sie nur noch an diese Szene denken, in der der Mann den nackten Frauenkörper gefesselt und ausgepeitscht hatte, um sich anschließend an dem geschundenen Leib zu vergehen. Es war eine brutale Szene gewesen, die beim Leser Entsetzen erzeugen sollte, doch Anne hatte nur das Pulsieren in ihrem Schoß gespürt und das Schlagen ihres erregt klopfenden Herzens. Sie hatte sich in die Frau hineinversetzt, mit ihr gelitten, ihre Hilflosigkeit geteilt und ihre Angst. Mit geschlossenen Augen hatte sie ihre Hand zwischen ihre Beine geschoben und sich stimuliert, bis ein schneller und heftiger Höhepunkt sie fast zerriss. Danach war die Scham gekommen, doch sie hatte sie endgültig satt.
In den folgenden Wochen verbrachte sie jeden Abend vor ihrem Computer und durchforstete das Internet. Ganz langsam, neugierig und erschrocken zugleich, tauchte sie in eine Welt ein, die sie bisher nur vom Hörensagen kannte, und die sie erregte wie nichts zuvor. Hier ging es nicht um Romantik und Zärtlichkeiten, sondern um Dominanz und Unterwerfung.
Sie war eine selbstbewusste Frau und hatte in ihren Beziehungen immer die Hosen angehabt. Doch allein die Vorstellung, sich einem Mann zu unterwerfen, demütig Anordnungen zu befolgen und für Ungehorsam bestraft zu werden, machte sie schier verrückt und sandte elektrisierende Wellen ihr Rückgrat hinab, die sich in ihrem Schoß zentrierten.
Schon bald begann sie, erste Kontakte in einem Forum zu knüpfen.
„Unerfahrene Sub sucht einfühlsamen, dominanten Mann mit Vorlieben für Online-Erziehung, Bondage, Spanking und mehr“, stand in ihrem Profil zu lesen. „Ich bin 32 Jahre alt, Single, Speditionskauffrau und für alles offen.“
Der Austausch mit den ersten Interessenten, die sich bei ihr meldeten, war jedoch ernüchternd, keiner schien ihr Profil wirklich gelesen zu haben.
„Du wirst meine Latexschlampe sein, und wenn ich dich ordentlich verpackt habe, machen wir beide einen Spaziergang durch die Innenstadt.“ „Stehst du auf NS? Klinik? Ich habe ein komplett eingerichtetes Studio in meinem Keller.“ „Ich würde dich im Käfig halten und ein paar Mal am Tag benutzen. Wenn ich dann mit dir fertig bin, überlass ich dich ein paar Freunden von mir und sehe dabei zu, kleine Hure.“
Die meisten drängten auf baldige Treffen, weshalb sie die Kontakte schnell wieder abbrach. Sosehr sie sich auch nach einer realen Erfahrung sehnte, sie zweifelte an ihrer Courage und daran, dass sie das, was ihr als erste Session in Aussicht gestellt wurde,
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