Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)
Nick, war immer noch nicht geklärt, warum sein Auftraggeber die Beschreibung dieses Kultgegenstandes aus der Dokumentenkopie getilgt hatte.
Nicht, dass es ihn etwas angegangen wäre, aber ...
Eine leichte Berührung an der Schulter riss ihn aus seinen Gedanken. Er fuhr zusammen. Einen Augenblick lang erfüllte ihn eine unbestimmte Angst, das Gefühl einer drohenden Gefahr. Dann aber sah er, dass es nur Jeff war, der versuchte, seine Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken.
Da vorne ist was, signalisierte sein langjähriger Tauchkamerad. Und mit erhobenem Daumen: Ich glaube, diesmal haben wir Glück.
Nick Jerome blickte in die Richtung, in die Jeffs ausgestreckter linker Arm wies.
Und tatsächlich - am Rande der von den Scheinwerfern erzeugten Lichtkegel ragte in einer flachen Mulde auf dem Meeresgrund ein kantiges Objekt aus dem Sand.
Erregung packte Nick. Mit kräftigen Flossenstößen schwamm er auf die Mulde zu, dichtauf gefolgt von Jeff.
Als sie näher kamen, wurde ein zweites Objekt sichtbar, offenbar ein abgebrochener Mast.
Wenn an dieser Stelle nicht noch mehr Schiffe untergegangen waren, musste das die ESPERANZA sein. Sie war in den vergangenen viereinhalb Jahrhunderten fast vollständig in den Sand eingesunken, ziemlich genau bis zum Deck. Die über den Sand aufragenden Teile hatten den Strömungswiderstand der Bodenformationen verändert, so war es zur Bildung der Mulde gekommen.
Unser Glück, dachte Nick, sonst wäre von dem Wrack rein gar nichts mehr zu sehen gewesen. Aber wir werden doch die Absaugdüsen brauchen. Anders kommen wir nicht an den Laderaum ran.
Jeff schien den gleichen Gedanken zu haben. Er machte das Zeichen für Absaugen, aber Nick schüttelte den Kopf. Warten wir noch damit. Sehen wir uns erst einmal so um.
Elegant landeten sie neben dem kastenförmigen Gebilde. Die Kapitänskajüte am Heck des Wracks? Nun, das würde sich rasch herausstellen. Wie auf ein geheimes Kommando begannen sie beide gleichzeitig, den abgelagerten Sand zur Seite zu streifen. Die aufgewirbelten Sandpartikel hüllten sie in eine undurchsichtige Wolke. Es dauerte lange, bis sie sich wieder abzusetzen begannen.
Aber so lange wartete Nick nicht. Sachverständig ließ er seine Finger über die feste Oberfläche gleiten, die sich unter dem Sand verborgen hatte. Das Holz war alt und stark vom Seewasser angegriffen. Nick, der schon oft nach Wracks getaucht war, erkannte daran, dass dieses Wrack schon seit Jahrhunderten hier unten lag. Die Zweifel, dass es sich wirklich um die gesuchte ESPERANZA handelte, wurden immer geringer.
Dann berührten Nicks Finger plötzlich etwas, mit dem er an dieser Stelle nicht gerechnet hatte.
Verrostetes Metall, das unter seinem Griff zerbröckelte.
Er hatte einen Riegel gefunden.
Einen Riegel, der eine Luke verschloss ...
Versuchen wir's?
Jeff runzelte die Stirn über der Taucherbrille und warf einen bezeichnenden Blick auf seine Taucheruhr. Maximal zehn Minuten. Unsicher zuckte er die Achseln.
Nick blieb hartnäckig. Versuchen wir's?
Jeffs Gesicht verzog sich zu einem breiten Lachen. Seine nächste Signalfolge stand in keinem Lehrbuch, aber sie besagte etwa soviel, dass man gegen Nicks Unternehmungsgeist ja doch nicht ankam. Schließlich nickte er, immer noch ein bisschen zögernd.
Nick Jerome grinste breit und griff nach seinem Tauchermesser. Als sich seine Finger um den Horngriff schlossen, um die Klinge aus der Scheide zu ziehen, kehrte plötzlich das vage Angstgefühl zurück, das er schon einige Minuten zuvor verspürt hatte.
Irritiert strich er sich mit den Fingern der anderen Hand über die Stirn. Versuchte sein Unterbewusstsein ihm mitzuteilen, dass dieses Wrack vielleicht gefährlicher war, als es auf den ersten Blick schien? Wenn ja, war es sicherlich besser, auf diese Warnung zu hören. Oft bemerkte das Unterbewusstsein Gefahrenquellen, die man bewusst noch längst nicht wahrgenommen hatte ...
Gut, seien wir also vorsichtig.
Die im Licht der Taucherlampen blau schimmernde Stahlklinge kam aus der Scheide frei. Mit einem geschickten Flossenschlag korrigierte Nick seine Position.
Mit der Spitze des Messers zeichnete er die Ritzen der Luke nach, während Jeff ihm sorgfältig leuchtete. Das Geviert hatte eine Kantenlänge von etwa hundertdreißig Zentimetern. Kein Problem, da auch in voller Ausrüstung hindurch zu kommen.
Rasch war die Lukenritze von Sand und Schlick befreit. Entschlossen trieb Nick die Klinge in die Ritze.
Der hölzerne Deckel bewegte
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