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Rebellin der Liebe

Titel: Rebellin der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Rücken bei ihm aufgetaucht. Vielleicht hielt er sie für die Art Frau, die sich durch die Liebkosung zarter Seide oder das verführerische Aroma von Myrrhe umwerben ließ. Sie hoffte, es würde ihn freuen zu sehen, dass ihre Zuneigung wesentlich billiger zu haben war, dass sie ihn nicht mehr kostete als seine Ergebenheit.
    »Zuckerkonfekt?«
    »Nein «, antwortete Willow genervt. »Ich habe wirklich nicht den geringsten Appetit.«
    Angesichts ihrer barschen Ablehnung verzog er beinahe verzweifelt das Gesicht. Willow bemerkte seine Musterung und folgte ihr. Ihr Kleid hing so lose an ihr herab, als hätte man es für eine wesentlich kräftigere Frau genäht. Verglichen mit ihren Geschwistern hatte sie noch nie viel hergemacht. Stefan hatte sie häufig verspottet, weil sie dürr und zweimal so knochig wie der Zweig von einer Weide war. Vielleicht zog auch Lord Bannor Frauen mit breiten Hüften und drallen Brüsten vor?
    Das arme Kind kann nichts für sein Aussehen. Willow hörte das Murmeln ihrer Stiefmutter so deutlich, als säße diese wie ein bösartiger Troll oben auf dem Kutschendach.
    Wütend riss sie dem Ritter den Zucker aus der Hand und schob ihn sich in den Mund. Er wirkte so erleichtert, dass sie auch das Feigentörtchen nahm, das er ihr schüchtern bot. Aber als er die Hammelkeule aus dem Esskorb zog und hoffnungsvoll durch die Luft schwenkte, verlor sie erneut jeden Appetit.
    Sie fühlte sich wie das kleine Kind, das an der Hand seines Vaters gezerrt hatte.
    Wird Lady Blanche mich lieben?
    Natürlich wird sie das, mein Schatz. Wie sollte irgendjemand Papas kleine Prinzessin nicht lieben?
    Damals war sie so naiv gewesen und hatte ihm geglaubt. Hätte sie sich abermals getäuscht, so hätte sie jetzt den Rest ihres Lebens Zeit, ihre kühne Entscheidung zu bereuen, dachte sie.
    »Erzählt mir mehr von Lord Bannor«, bat sie Hollis wenig hoffnungsvoll. »Ihr habt mir alles über seinen Kampfesmut und seine Ergebenheit gegenüber dem König und dem Land erzählt, aber ich weiß immer noch nicht, was für ein Mann einen anderen für sich auf Brautschau schicken würde«, sagte sie.
    Sir Hollis nagte gedankenverloren an der Hammelkeule. »Ein vorsichtiger Mann.«
    Ein kalter Schauder rann ihr über den Rücken. Vielleicht war nicht sie diejenige mit einem großen Makel, sondern ihr unbekannter Ehemann.
    »Ist er...«, sie beugte sich etwas vor und brachte die Worte kaum heraus, »...möglicherweise irgendwie verunstaltet?«
    Um ein Haar wäre Sir Hollis an seinem Stück Hammelfleisch erstickt. »Das würde ich nicht unbedingt sagen.«
    Willow fand seine Reaktion alles anders als beruhigend. »Wurde er vielleicht im Krieg verletzt? Hat er ein Glied verloren? Ein Auge?« Sie erschauderte erneut. »Die Nase?«
    Der Schnurrbart des Ritters zitterte, als kämpfte er gegen einen Nieser an. »Ich kann Euch versichern, Mylady, dass sämtliche wichtigen Körperteile Lord Bannors vollkommen unbeschadet sind.«
    Willow runzelte die Stirn. Sie fragte sich, welche Körperteile ein Mann als wichtig erachtete. »Was ist mit seinem Temperament? Ist er freundlich? Ist er nett? Oder ist er grüblerisch und unbeherrscht?«
    Sir Hollis sah sie blinzelnd an. »Mein Herr wäre der Erste, der Euch versichern würde, dass er weder übermäßig trinkt noch zu Wutausbrüchen oder zu blasphemischen Äußerungen neigt.«
    Willow lehnte sich wieder zurück und faltete sittsam die Hände im Schoß. »Ich nehme an, dass eine Frau mehr von ihrem Gatten nicht verlangen kann.«
    Aber sie hatte einmal mehr gewollt. Viel mehr. Eine flüchtige Vision ihres Prinzen tauchte vor ihren Augen auf und rief bittersüße Wehmut in ihr wach. Nie wieder drängte das ansteckende Echo seines Lachens an ihr Ohr. Nie wieder würden ihre Lippen mit der Honigsüße seiner geträumten Zärtlichkeit benetzt. Nunmehr war es an der Zeit, dass sie ihre Mädchenträume gegen einen Mann aus Fleisch und Blut, Sehnen und Knochen eintauschte. Sie kniff die Augen zu und sagte ihrem Prinzen seufzend Lebewohl.
    Sie würde Lord Bannor eine gute Frau sein, schwor sie sich. Egal, ob er alt und gebrechlich, durch eine Hasenscharte oder durch Kriegsverletzungen verunziert war. Wenn er bereit war, ihr, nur ihr allein treu zu sein, dann würde sie dasselbe tun.
    Entschlossen klappte Willow die Augen wieder auf. Doch die Vision, die sie plötzlich durch das Kutschenfenster sah, entstammte sicher einem Traum.
    Über den Klippen oberhalb des schillernden Flusses Tyne schwebte eine Burg.

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