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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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hyazinthenblauen Augen der Königin richteten sich in die Ferne. Dann kehrten sie wieder zu Bryony zurück. »Bryony«, sagte die Königin, »du wirst zu Dorna in die Lehre gehen.«
    »Wie bitte?«, rief eine vertraute Stimme im hinteren Teil des Raums fassungslos. Sie wurde allerdings sofort von den anderen Feen zum Schweigen gebracht. Oben auf dem Podest bekam Bryony weiche Knie, und alles schien sich um sie zu drehen. Mit Mühe hielt sie sich aufrecht. »Verzeihung?«, fragte sie schwach.
    »Der Blick sagt es, deshalb soll es auch so sein«, sagte die Königin. »Du wirst als meine neue Jägerin ausgebildet.« Ihre Stimme klang fest, doch in ihren Augen glomm ein Rest von Zweifel. »Möge die große Gärtnerin dich schützen und dir beistehen, Bryony von der Eiche.«
    Damit hatte Bryony in ihren wildesten Träumen nicht gerechnet. Die gefährlichste Arbeit im ganzen Eichenstaat – und zugleich die, die mit der größten Freiheit verbunden war. Sammlerinnen mussten hart arbeiten und graben und sich bei Gefahr in Erdlöchern verstecken. Doch die königliche Jägerin flog durch die Lüfte. Geschwindigkeit und Geschick waren ihr einziger Schutz. Sie brauchte nicht nur Kraft und eine ruhige Hand, sondern auch ein scharfes Auge und eine schnelle Reaktion. Vor allem aber durfte sie die Eiche regelmäßig verlassen, nicht nur während der Wachstumszeit, sondern das ganze Jahr über. Dorna würde eine strenge Lehrerin sein, aber selbst das konnte in diesem Augenblick Bryonys Freude nicht schmälern.
    »Majestät«, stammelte sie und verbeugte sich tief, »ich kann gar nicht sagen …«
    Doch Amaryllis schüttelte nur den Kopf und richtete ihren Blick auf die vor dem Podest versammelten Feen.
    »Ihr seid entlassen«, sagte sie mit ihrer klaren Stimme. »Holdeine Schülerin ab, Dorna.« Sie stand ohne ein weiteres Wort auf, winkte Hasenglöckchen, mit ihr zu kommen, und rauschte hinaus.
    Wie benommen stieg Bryony vom Podest hinunter. Sie hörte die anderen Eichenfeen verächtlich oder mitleidig flüstern. Offenbar glaubten nur die wenigsten, dass sie ihrer neuen Stellung gewachsen war. Einige schienen sie sogar als Todesurteil zu betrachten. Vor allem Malve lächelte zufrieden, als sei die neue Beschäftigung eine gerechte Strafe für Bryony. Das Lächeln verging ihr allerdings, als Dorna an ihr vorbeimarschierte und sich vor Bryony stellte.
    »Was starrt ihr sie so an?«, fragte sie barsch. »Sie geht zu mir in die Lehre, nicht zu euch, also raus.«
    Widerstrebend gingen die Feen. Nur Winka zögerte noch kurz und betupfte sich die Augen, als sei etwas hineingeraten. Dann eilte sie den anderen nach.
    »Bei der großen Gärtnerin«, brummte Dorna, »was für ein verrückter Tag. Na, dann wollen wir mal.« Sie sah Bryony an. »Zieh das komische Kleid aus, das du anhast, und hol dir was Richtiges. Wir gehen nach draußen.«
     
    Winka wrang die Hände, als sie das eingerissene Kleid sah, aber sie suchte Bryony sofort einen Kittel, eine Weste und Kniehosen heraus. Offenbar brauchten Jägerinnen für ihre Kleider nichts zu zahlen. Winka feilschte nicht wie sonst. Sie entschuldigte sich sogar dafür, dass die Kleider so schlecht passten, und versprach, Bryony so bald wie möglich neue zu schneidern. Bryony war angenehm überrascht. Weniger angenehm waren Winkas ständiges Seufzen und die traurigen Blicke, die sie Bryony zuwarf. Sie war froh, als sie endlich aufbrechen konnte.
    Dorna wartete beim Tor der Königin am Fuß der Wendeltreppeauf sie. Gemeinsam zogen sie die schweren Torflügel auf und kletterten die Wurzelleiter hinunter. Ein neblig grauer Nachmittag empfing sie. Die Sonne drang gedämpft durch den Wolkenschleier, und es roch nach Erde und Laub. Dorna marschierte über den Rasen. Bogen und Köcher baumelten an ihrer Schulter. Bryony blieb kurz stehen und blickte an der gewaltigen Eiche hinauf. Sie hatte sie noch nie von außen betrachtet, und ihr Anblick erfüllte sie mit Ehrfurcht.
    Die Eiche war mindestens fünfhundert Jahre alt und hatte in ihrem hohlen Inneren in glücklicheren Tagen über zweihundert Feen beherbergt. Sogar nach menschlichen Maßstäben gemessen war sie riesig. Bestimmt hatte Königin Amaryllis nur mit einem Zauber verhindern können, dass auch die Menschen hier einziehen wollten, dachte Bryony. Sie empfand geradezu Mitleid mit den Menschen, auch wenn diese die Feen vielleicht mit der Schweigekrankheit angesteckt hatten. Ein Haus aus totem Stein konnte doch unmöglich mit der majestätischen Würde

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