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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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Einführung
Wie alles begann
    Josef Ackermann lächelte sein berühmtes Joe-Lächeln, erhob sich, gab mir die Hand und sagte: »Dann auf Wiedersehen in Frankfurt.« Bevor der Mann, der mich gerade als neuen Kommunikationschef eingestellt hatte, die Cafébar im Parkhotel am Ende der Düsseldorfer Königsallee verließ, fragte er mich noch, ob ich die Rechnung übernehmen könne, er habe leider kein Bargeld dabei.
    Glück gehabt, dachte ich, denn ich führe selbst auch nur selten Bares mit mir. Doch an diesem Morgen hatte mir eine innere Stimme geraten, ein paar Scheine einzustecken. Genug für die zwei Cappuccini und Croissants, die wir verzehrt hatten. »Ich erledige das«, erwiderte ich, und so konnte der Chef der Deutschen Bank ohne weitere Umstände die gepanzerte schwarze S-Klasse-Limousine ansteuern, die vor dem Eingang auf ihn wartete, um ihn zum nächsten Termin zu bringen.
    Auf dem Weg in die WirtschaftsWoche -Redaktion über die schon leicht frühlingshafte »Kö« wurde mir langsam bewusst, was an diesem Morgen im März 2007 geschehen war: Mit 59 Jahren, einem Alter, in dem viele schon in den Vorruhestand wechseln, hatte ich mich auf das größte Abenteuer meines Berufslebens eingelassen. Fast drei Jahrzehnte war ich, mit Leib und Seele Journalist, gegenüber allen Lockrufen, die Seiten zu wechseln, standhaft geblieben. Und nun hatte ich mich binnen einer knappen Stunde anders entschieden und bereit erklärt, die Kommunikation für Deutschlands am meisten angefeindetes Unternehmen und umstrittensten Manager zu übernehmen.
    Alles war rasend schnell gegangen. Nur zwei Tage zuvor war ich von einem alten Bekannten überraschend mit der Anfrage konfrontiert worden und hatte aus Neugier, ob das wirklich ernst gemeint war, grundsätzliches Interesse signalisiert. Wie ernst das Ganze war, merkte ich, als mich schon tags darauf die Bitte erreichte, am folgenden Morgen Josef Ackermann zum Frühstück zu treffen. Nun musste ich mir wirklich Gedanken machen.
    Journalist zu sein war für mich (und ist es bis heute) der schönste Beruf der Welt. Aber nach 16 Jahren als Chefredakteur der WirtschaftsWoche war manches zur Routine geworden. Die strukturelle Krise der Printmedien ließ meine Arbeit überdies mehr und mehr zu einem Rückzugsgefecht werden – keine erfreuliche Aussicht für jemanden, der bisher immer nur die Offensive gekannt hatte. Schon vor diesem Hintergrund entfaltete die Perspektive eines Wechsels ihren Charme.
    Dieser wurde durch die spezifische Anziehungskraft der Deutschen Bank noch beträchtlich verstärkt. Kein anderes Unternehmen zwischen Flensburg und Garmisch erfährt auch nur annähernd so viel öffentliche Aufmerksamkeit. Das Institut, 1870 auf »allerhöchsten Erlass Seiner Majestät des Königs von Preußen« in Berlin gegründet, ist nicht nur Deutschlands Geldhaus Nummer eins und dazu das einzige von Weltformat, sondern das wichtigste und mächtigste Unternehmen des Landes, eine nationale Institution, mehr noch: ein Mythos. Und sein Chef gilt als eine Art Schattenkanzler der Republik.
    Als langjähriger Kunde und vor allem durch meine Zeit als Finanzkorrespondent des Spiegel in der zweiten Hälfte der 1980 er Jahre fühlte ich mich der Bank zudem besonders verbunden. Trotz aller kritischen Distanz hatte ich einen kurzen Draht zu dem seinerzeitigen Vorstandssprecher, Alfred Herrhausen, gepflegt und wenige Wochen vor seiner Ermordung durch die linksterroristische Rote Armee Fraktion ( RAF ) noch eine Titelgeschichte (»Der Herr des Geldes«) über ihn verfasst. Nicht zuletzt auch deswegen war mir sein Tod sehr nahegegangen.
    Mit der sich beschleunigenden Globalisierung sowie der forcierten Marktliberalisierung durch die britische Premierministerin Maggie Thatcher im Verein mit dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan hatten damals die goldene Ära für die Finanzbranche und der Aufstieg der Investmentbanker zu den »Masters of the Universe« begonnen. Es waren spannende Jahre für einen jungen Wirtschaftsjournalisten, an die ich gerne zurückdachte. An sie anknüpfen zu können, machte einen Wechsel ebenfalls verlockend.
    Dann war da natürlich die hervorragende Bezahlung und – Josef Ackermann. Seit seinem unseligen Victory-Zeichen zur Eröffnung des Mannesmann-Prozesses galt er vielen als »Buhmann der Nation« ( Stern ).
    Im Frühjahr 2000 hatte der britische Telefonriese Vodafone die Mehrheit an dem Konkurrenten Mannesmann übernommen. Der Abwehrkampf war heftig, der Börsenwert des

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