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Rechnung offen

Rechnung offen

Titel: Rechnung offen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger-Maria Mahlke
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sie immer zu zweit, wenn sie solche Nachrichten überbringen, dachte sie.
    »Mein Name ist Ebers«, der Mann neigte leicht den Kopf nach vorn, »ich bin vom Amtsgericht Charlottenburg bestellter Gerichtsvollzieher«, er machte eine kurze Pause. Theresa nahm den Schlüssel in die Hand.
    »Die Vollstreckungsankündigung ist Ihnen am«, er sah auf das Formular, »am 06.10.2008 e rfolgreich zugestellt worden.«
    Der gelbe Umschlag.
    »Es geht um die Beschlagnahme beweglicher Vermögensgegenstände, die wird vom Gläubiger neben der Zwangsversteigerung betrieben, da Ihr Gatte auch persönlich haftet.«
    Sie hatte nie gefragt. Es gab Anzeichen, ja. Claas’ Volvo war liegen geblieben, Kolbenfresser, »da dreht sich nichts mehr«, hatte der Mann vom ADAC gesagt, nach zweihunderttausend Kilometern müsse man auch loslassen können. Eine Zeit lang hatten Kataloge von Autoherstellern, halbe Bildbände aus dickem, teurem Papier auf seinem Nachtschrank, dem Couchtisch, neben der Toilette gelegen. Claas hatte von Hubraum und Einparkhilfen gesprochen, so getan, als könne er sich nicht entscheiden, irgendwann hatte sie die Kataloge im Altpapier entsorgt. Er fuhr mit dem Rad zur Arbeit, manchmal nahm er die U-Bahn.
    Aber dann gab es auch Gegenzeichen, der Rosenthal-Pokal, der Satz japanischer Messer, seine Umbaupläne für den Balkon, die Paketmitteilungen im Briefkasten. Er würde das nicht tun, wenn nicht das Geld da wäre, hatte sie gedacht.
    »Wofür?«
    Der Gerichtsvollzieher sah Theresa ins Gesicht, musterte sie genau, sie konnte sehen, dass er auf einmal zu verstehen glaubte, Ehefrau mit Weltzusammenbruch, unglücklich sah er aus.
    Du bist Juristin, dachte sie.
    »Er haftet wofür?«
    »Einen Darlehensvertrag«, er brach ab.
    »Wie viel?«
    »Die Forderungshöhe beträgt«, er blätterte in dem Papierstapel, »fünfhundertzweiundsechzigtausenddreihundert Euro. Da kommen noch die Verfahrenskosten drauf, der Titel ergeht gesondert, aber das ist nicht … «
    Das Haus. Das konnte nur das Haus sein.
    »Widerspruch«, sagte sie, Verwaltungsrecht, richtig, »dagegen legen wir Widerspruch ein.«
    »Die Frist dazu ist am 20.10. verstrichen. Ich müsste mich kurz bei Ihnen umsehen.«
    »Rechtsbeistand, wir haben Anspruch auf einen Rechtsbeistand.«
    »Sicher. Und Sie hatten genug Zeit, um sich beraten zu lassen oder sich überhaupt nur zum Verfahren zu äußern. Ihr Mann hat auf keines der Schreiben reagiert.«
    Claas auf dem Rad, er wurde auf die Motorhaube geschleudert, der Helm schlug gegen die Windschutzscheibe, sie fuhr zurück, Claas rutschte vorne runter, und wieder vor und zurück und vor und zurück.
    »Hier sind die Titel«, er hielt Papier vor sie, Theresa sah nicht hin.
    »Ich werde heute nichts mitnehmen, Sie brauchen keine Angst zu haben, es geht nur um eine Bestandsaufnahme des persönlichen Vermögens.«
    Ich habe meinen Schlüssel vergessen, wollte sie sagen, sah hinab auf ihre Hand.
    »Es ist übrigens ein Straftatbestand, erfasste Werte zu entfernen oder zu veräußern.«
    Theresas Hand zitterte, der Schlüssel schlug mehrmals gegen das Metall, ehe sie die Öffnung fand, ihn hineinschieben konnte. Sie stieß die Tür auf.
    »Sehen Sie«, Theresa deutete auf den Staub, der in den breiten Lichtvierecken tanzte, die durch die Fenster hereinfielen. Auf die hellen Flecken auf dem Parkett, blasser an den Wänden, auf den einsamen Esstisch. »Mein Mann wohnt hier nicht mehr«, sagte sie. »Sie können sich gern umsehen, aber hier ist nichts, er hat alles mitgenommen.«
    Der Gerichtsvollzieher ging an ihr vorbei, trat sich die Füße auf der Matte ab, behutsam, als wolle er nicht stören, ging er über das Parkett. Wenige Schritte, bis er ins Wohnzimmer sehen konnte.
    »Wissen Sie, wo Ihr Mann sich aufhält«, fragte er, als er wieder an der Schwelle stand, leise sprach er, mit gedämpfter Stimme.
    Theresa schüttelte den Kopf, bleib in der Rolle, und betrachtete die Einkaufstasche auf der obersten Stufe, als schäme sie sich.
    »Die Erklärung bräuchte ich schriftlich, und Sie müssten noch kurz unterschreiben, dass unter der als Wohnsitz gemeldeten Adresse keine verwertbaren Vermögensgegenstände aufgefunden wurden. Und dann sind wir auch schon fertig«, er lächelte ihr aufmunternd zu.
    ***
    Der Boden war dicht bedeckt mit Blättern, weich unter ihren Schuhen. Elsa überquerte die Promenade, gab acht auf die Pfützen. Nackte Äste spiegelten sich darin, sie nahm die Tasche mit den Einkäufen in die andere Hand, mochte

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