Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
Aufgabe des Dirigenten war, hätte Ryan nicht sagen können. Hatte man die Noten denn nicht aufgeschrieben? Ging es beim Dirigieren nicht einfach nur darum, schon im Voraus sicherzustellen, dass jeder seinen Einsatz kannte und ihn nicht verpasste?
Er musste unbedingt Cathy danach fragen. Wahrscheinlich würde sie die Augen verdrehen und ihn einen Banausen schimpfen, aber das störte ihn nicht. Sollte sie doch!
    Die Streicher waren hervorragend, und Ryan fragte sich, wie zum Teufel es möglich war, einen Bogen über eine Saite zu ziehen und genau den Ton erklingen zu lassen, den man im Sinn hatte. Wahrscheinlich hing es damit zusammen, dass die Musiker sich auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienten. Jack lehnte sich zurück, um die Musik zu genießen. Erst da bemerkte er, dass Andy Hudsons Blick auf dem Paket ruhte. Er nutzte die Gelegenheit, um in dieselbe Richtung zu schauen.
    Das kleine Mädchen versuchte, still zu sitzen, vielleicht sogar sich auf die Musik zu konzentrieren, die aber mit einer Aufnahme vom Zauberer von Oz natürlich nicht konkurrieren konnte, das stand fest. Alles in allem benahm sich die Kleine jedoch gut, das kleine Häschen, zwischen Mama und Papa Rabbit sitzend.
    Mrs Rabbit lauschte dem Konzert voll gespannter Aufmerksamkeit. Ihr Mann war eher höflich aufmerksam. Vielleicht war es nicht verkehrt, in London anzurufen und zu veranlassen, dass man für Irina einen Walkman besorgte, dachte Jack, und dazu ein paar Christopher-Hogwood-Kassetten. Neben Neville Mariner gehörte Hogwood zu Cathys Favoriten.
    Jedenfalls war das Menuett nach zwanzig Minuten zu Ende, die Instrumente verstummten, und als sich der Dirigent Rozsa zum Publikum wandte …
    … schien der Konzertsaal geradezu durch die Jubel- und »Bravo!«-Rufe zu zerbersten. Jack hatte keine Ahnung, was sich verändert hatte, doch die Ungarn wussten es offenbar umso besser. Rozsa verneigte sich tief vor dem Publikum und wartete darauf, dass der Lärm abebbte. Dann drehte er sich wieder um und übernahm mit seinem kleinen weißen Stab erneut das Kommando, damit das Brandenburgische Konzert Nummer 2 beginnen konnte.
    Bläser und Streicher setzten ein, und Ryan fühlte sich verzaubert von jedem einzelnen Musiker, unabhängig davon, was der Dirigent mit dem Orchester anstellte. Wie lange musste man üben, um so gut zu werden? fragte er sich. Zu Hause in Maryland übte Cathy zwei-oder dreimal pro Woche – ihr Haus in Chatham war zu ihrem Leidwesen nicht groß genug für einen Flügel. Jack hatte ihr mehr
als einmal angeboten, ein Klavier zu kaufen, doch sie hatte abgelehnt und gesagt, das sei einfach nicht dasselbe. Sissy Jackson spielte drei Stunden oder länger, und das jeden Tag. Aber sie tat es, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
    Das zweite Brandenburgische Konzert war kürzer als das erste und schon nach etwa zwölf Minuten vorbei. Das dritte folgte unmittelbar im Anschluss. Bach musste die Geigen mehr als alle anderen Instrumente geliebt haben, und dieses Streichorchester war wirklich gut. Unter anderen Umständen hätte Jack sich wahrscheinlich dem Augenblick überlassen und die Musik aufgesogen, doch an diesem Abend hatte er Wichtigeres vor. Alle paar Sekunden wanderte sein Blick zur Familie Rabbit hinüber.
     
    Das Brandenburgische Konzert Nummer 3 endete, ungefähr eine Stunde nachdem das erste begonnen hatte. Die Lichter gingen an, es war an der Zeit für eine Pause. Ryan beobachtete, wie sich Mr und Mrs Rabbit von ihren Plätzen erhoben. Der Grund war offensichtlich. Klein Bunny musste dringend zur Toilette, und wahrscheinlich würde auch Papa die entsprechenden Örtlichkeiten aufsuchen. Hudson sprang auf die Füße, verließ die Loge und trat hinaus auf den Flur. Tom Trent folgte ihm auf den Fersen. Die beiden Männer nahmen die Treppe hinunter in die Lobby und wandten sich Richtung Herrentoiletten, während Ryan in der Loge blieb und versuchte, sich zu entspannen. Der Einsatz war nun in vollem Gange.
     
    Weniger als fünfzig Meter entfernt hatte sich Oleg Iwan’tsch in der Schlange vor der Toilette eingereiht. Hudson gelang es, sich unmittelbar hinter ihm zu postieren. Die Lobby war mit dem üblichen Gesumme vieler Stimmen erfüllt. Einige Leute gingen zum Tresen, um sich mit Getränken zu versorgen. Andere rauchten Zigaretten, während etwa zwanzig Männer darauf warteten, endlich ihre Blasen zu erleichtern. Die Schlange bewegte sich zügig vorwärts – Männer sind in dieser Hinsicht viel schneller als

Weitere Kostenlose Bücher