Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
Aber er wusste, dass sie unglücklich war. Diese Reise konnte der Höhepunkt ihrer Ehe werden. Irina verabscheute ihren Job im GUM und sehnte sich nach den feineren Dingen des Lebens. Aber war sie deshalb gleich dazu bereit, ihrem Heimatland den Rücken zu kehren?
    Russische Frauen genossen nicht sehr viele persönliche Freiheiten, ob sie nun verheiratet waren oder nicht. Normalerweise taten sie das, was ihre Ehemänner von ihnen verlangten. Irina liebte Oleg und vertraute ihm. In den letzten Tagen hatte er gezeigt, wie schön das Leben sein konnte. Nein, sie würde ihn nicht im Stich lassen.
    Aber er wollte noch etwas warten, ehe er es ihr sagte. Warum sollte er alles verderben, indem er jetzt schon ein Risiko einging? Genau gegenüber auf der anderen Straßenseite lag die KGB-Agentur von Budapest. Wenn dort irgendjemand von seinen Plänen auch nur ein Sterbenswörtchen erfuhr, war er hundertprozentig ein toter Mann.
     
    In der britischen Botschaft hoben die Sergeants Bob Small und Rod Truelove die Plastiksäcke an und trugen sie zu dem anonymen Botschaftslieferwagen  – die offizielle Beschriftung war entfernt worden. Die beiden Männer bemühten sich, den Inhalt der Säcke zu ignorieren. Anschließend gingen sie zurück, um den Kanister mit dem Alkohol, eine Kerze und einen leeren Milchkarton zu holen. Dann waren sie bereit. Sie hatten an diesem Abend jeder nur ein Glas Bier getrunken, zu ihrem großen Bedauern. Kurz nach Mitternacht fuhren sie davon und nahmen sich genügend Zeit, das Ziel zu erkunden und die Vorgehensweise noch einmal zu besprechen. Am schwierigsten würde es sein, den richtigen Parkplatz zu finden, aber sie waren zuversichtlich, dass früher oder später einer auf sie warten würde.

     
    Die Bar leerte sich allmählich, und Hudson wollte nicht der Letzte sein, der sie verließ. Die Rechnung betrug fünfzig Forint. Er bezahlte, ohne Trinkgeld zu geben, weil so etwas hier nicht üblich war, und es war sicherlich ungünstig, sich auf solche Weise in das Gedächtnis der Leute zu befördern. Er trat zu Ryan und deutete mit dem Kopf nach draußen, besann sich dann aber eines Besseren und schlug den Weg Richtung Toilette ein. Ryan fand das praktisch und folgte ihm.
    Auf der Straße fragte er, wie es nun weitergehen würde.
    »Wir laufen einfach ein bisschen die Straße hinauf, Sir John«, antwortete Hudson, die ritterliche Anrede mit unüberhörbarer Ironie verwendend. »Dreißig Minuten Spaziergang zum Hotel müssten hinkommen, denke ich.« Dabei hatten sie gleichzeitig die Gelegenheit zu überprüfen, ob ihnen jemand folgte. Wenn die Gegner über ihr Vorhaben im Bilde waren, würden sie kaum der Versuchung widerstehen können, die beiden Geheimdienstoffiziere zu beschatten, und in den fast leeren Straßen war es so gut wie unmöglich, sich unentdeckt an ihre Fersen zu heften … Jedenfalls solange der Gegner nicht das KGB war. Dessen Leute waren erheblich cleverer als das einheimische Personal.
     
    Zaitzew und seine Frau glühten geradezu von den drei sehr steifen Drinks, die sie jeder zu sich genommen hatten. Erstaunt stellte Oleg fest, dass seine Frau trotzdem kaum Anzeichen von Müdigkeit erkennen ließ. Sie ist noch viel zu aufgeregt von den Ereignissen des Abends, dachte Oleg. Vielleicht war es sogar besser so. Nur noch dieses eine Problem lösen – dieses eine Problem außer der Frage, wie die CIA gedachte, sie aus Ungarn herauszuschaffen. Wie würde man das anstellen? Mit einem Hubschrauber in der Nähe der Grenze, der unterhalb des ungarischen Radars fliegen würde? Dafür hätte sich Oleg jedenfalls entschieden. War die CIA in der Lage, sie mit einem Satz von Ungarn nach Österreich zu befördern? Würde er das überhaupt erfahren? War es ein wirklich schlaues und wagemutiges Unternehmen? Und war es gefährlich? fragte Oleg sich.
    Würde es erfolgreich verlaufen? Wenn nicht… gut, über die Konsequenzen für den Fall des Scheiterns brauchte niemand lange nachzudenken.

    Aber diese Konsequenzen verschwanden auch nie ganz aus dem Blickfeld. Nicht zum ersten Mal dachte Oleg darüber nach, dass das Ergebnis dieses Abenteuers aus seinem Tod bestehen konnte, aus dem dauerhaften Elend für seine Frau und seine Tochter. Die Sowjets würden die beiden zwar nicht umbringen, aber sie wären für immer als Ausgestoßene gebrandmarkt und zu einem Leben in Armut verdammt. So wurden auch sie zu Geiseln seines Gewissens. Wie viele Sowjets hatten aus eben diesem Grund auf eine Flucht verzichtet?

Weitere Kostenlose Bücher