Red Rabbit: Roman
geschätzt und verabscheut. Doch gerade deshalb war die Festsetzung eines wirklich bösen Buben eine besondere Entschädigung.
»Und was ist mit dem Papst?«
»Wie ich neulich schon sagte: Wir haben im Augenblick ein Team in Rom, das sich um die ganze Sache kümmert«, entgegnete Kingshot. »Wir können nicht viel sagen und im Grunde auch nicht viel unternehmen, aber wir sitzen auch nicht tatenlos herum, Oleg.«
»Das ist gut«, murmelte der Überläufer, immer noch hoffend, dass sein Einsatz nicht vergeblich gewesen war. Er war nicht erpicht
darauf, sowjetische Spione an den Westen zu verraten. Er tat es, um seine eigene Position in seiner neuen Heimat zu sichern. Aber hauptsächlich ging es ihm darum, jenes eine Leben zu retten.
Am Dienstagmorgen schlief Ryan länger als gewöhnlich und stand erst kurz nach acht auf.
Sharp und die anderen aus dem Team saßen bereits beim Frühstück.
»Gibt’s was Neues?«, fragte Jack, als er das Esszimmer betrat.
»Wir haben die Funkgeräte«, berichtete Sharp. Tatsächlich lag schon für jeden eines auf dem Tisch bereit. »Sie sind Spitzenklasse, dieselben, die auch Ihr Geheimdienst verwendet. Von Motorola. Brandneu. Sie sind abhörsicher und verfügen über Ansteckmikros und Kopfhörer.«
Ryan nahm das für ihn bestimmte Gerät unter die Lupe. Der Kopfhörer war aus durchsichtigem Kunststoff, das Kabel wie das eines Telefonhörers aufgewickelt und beinahe unsichtbar. »Was ist mit Batterien?«
»Auch ganz neu, für jeden zwei Sätze als Reserve. Gut zu wissen, dass man sich so gewissenhaft um Ihre Majestät kümmert.«
»Okay, also kann sich niemand einklinken, und wir können Informationen austauschen«, stellte Ryan fest. Noch eine gute Nachricht im Einsatz gegen den düsteren Haufen der Feinde. »Was haben wir heute vor?«
»Wir gehen wieder auf die Piazza, schauen uns noch einmal um und hoffen, dass uns unser Freund Strokow über den Weg läuft.«
»Und wenn es tatsächlich so kommt?«, fragte Ryan.
»Dann folgen wir ihm zu seinem Versteck und suchen nach einer Möglichkeit, uns heute Abend mit dem Knaben zu unterhalten.«
»Sie würden sich dann wirklich nur mit ihm unterhalten?«
»Was ist denn Ihr Vorschlag, Sir John?«, fragte Sharp mit eisigem Blick.
Sie würden ihn tatsächlich liquidieren, Mr Sharp? Jack stellte die Frage nicht laut. Gut, das Miststück war ein mehrfacher Mörder. Und die Briten – ungeachtet ihres zivilisierten, guten Benehmens – verstanden sich auf ihr Geschäft. Seine, Jacks, Hemmungen waren ihnen wahrscheinlich fremd. Damit konnte er leben, solange er nicht selbst derjenige war, der abdrückte. Außerdem würden sie
Strokow sicherlich die Möglichkeit geben, die Seiten zu wechseln. Ein sprechender Überläufer war immer noch besser als eine stumme Leiche.
»Würde das etwas ändern?«
Sharp schüttelte den Kopf. »Nein. Strokow ist der Kerl, der Georgi Markow auf dem Gewissen hat, vergessen Sie das nicht. Wir können immer noch behaupten, dass wir ihn mit der Gerechtigkeit Ihrer Majestät vertraut machen wollen, damit er endlich daraus lernt.«
»Verstehen Sie uns nicht falsch, Jack«, ergänzte John Sparrow. »Wir sind nicht auf Mord aus, sondern vielmehr darauf, ihn zur Rechenschaft zu ziehen.«
»Okay.« Auch damit konnte Ryan leben. Außerdem war er davon überzeugt, dass auch sein Vater mit diesem Vorgehen einverstanden wäre.
Bestimmt sogar.
Den Rest des Tages verbrachten sie damit, wie Touristen durch die Gegend zu streifen und die Funkgeräte zu testen. Es stellte sich heraus, dass sie auch im Inneren der Basilika funktionierten, selbst durch die gewaltigen Steinmauern hindurch. Jeder würde sich mit seinem eigenen Namen identifizieren. Das war sinnvoller, als sich Zahlen oder Codenamen auszudenken, die sich alle würden merken müssen. Zusätzliche, Verwirrung stiftende Faktoren waren nur hinderlich, wenn die Lage sich tatsächlich zuspitzte. Die ganze Zeit über hielten sie Ausschau nach dem Gesicht von Boris Strokow, hofften auf ein Wunder. Schließlich gab es in jeder Lotterie auch Gewinner, so gering die Gewinnchancen auch sein mochten. Wunder waren also nicht unmöglich, wenn auch sehr unwahrscheinlich. An diesem Tag ereignete sich jedenfalls keines.
Sie entdeckten aber auch keine Stelle, die sich für einen Attentäter und sein Vorhaben besser geeignet hätte als diejenige, die sie bereits ausgemacht hatten. Alle stimmten mit Ryans erstem Eindruck von den taktischen Gegebenheiten des
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