Red Rabbit: Roman
»Und es gibt natürlich einen Unterschied zwischen einer zivilen und einer militärischen Ausbildung. Die Jungs in Zivil sind wahrscheinlich gut informiert, aber wenn sie Waffen tragen… dürfen sie sie auch benutzen? Letzten Endes arbeiten sie für eine Kirche. Wahrscheinlich haben sie nicht gelernt, auf Menschen zu schießen.«
»Erinnern Sie sich an den Kerl, der aus der Menge heraus mit einer Sportpistole auf die Queen gefeuert hat – als sie auf dem Weg ins Parlament war, wenn ich mich recht besinne?«, fragte Ryan. »In unmittelbarer Nähe des Schützen befand sich ein Kavallerieoffizier zu Pferde. Ich war überrascht, dass er den Idioten nicht spontan mit seinem Säbel in zwei Teile geteilt hat – das wäre jedenfalls
mein erster Impuls gewesen. Aber nichts dergleichen geschah.«
»Solch ein Säbel dient ausschließlich Paradezwecken. Damit kann man nicht mal kalte Butter schneiden«, sagte Sparrow. »Allerdings ist er mit seinem Pferd auf dem Schützen herumgetrampelt.«
»Der Geheimdienst hätte ihn auf der Stelle erledigt. Gut, die Waffe war mit Platzpatronen geladen«, ergänzte Ryan, »aber sie sah aus wie eine richtige Pistole und klang auch so. Anstelle Ihrer Majestät hätte ich mir in die Hose gemacht.«
»Ich bin sicher, dass Ihre Majestät damals auf die komfortablen Einrichtungen des Westminster Palace zurückgreifen musste. Dort hat sie nämlich ein eigenes Klo, wissen Sie?«, berichtete King dem Amerikaner.
»Der Typ war irgendwie gestört, und jetzt sitzt er wahrscheinlich in irgendeiner Anstalt und häkelt den lieben langen Tag«, sagte Sharp spöttisch, doch wie jeder andere Brite erinnerte er sich natürlich auch an den Tag, an dem sein Herz fast stehen geblieben war. Er hatte von dem Zwischenfall über das Fernsehen erfahren, und auch er war überrascht gewesen, dass der Verrückte das Ganze überlebt hatte. Wäre einer der Wachposten vom Tower mit seinem Kampfspeer – Partisan genannt – vor Ort gewesen, wäre der Bursche sicherlich auf das Pflaster gespießt worden wie ein Schmetterling auf den Boden einer Sammlerschachtel. Vielleicht kümmerte sich Gott um Verrückte, Betrunkene und kleine Kinder ganz besonders. »Also, was meinen Sie, werden die Italiener eingreifen, wenn Strokow auftaucht und seinen Schuss abfeuert?«
»Davon kann man ausgehen«, erwiderte King.
Fabelhaft, dachte Jack, die Profis können den Papst nicht beschützen, aber die hiesigen Kellner und Textilienverkäufer erledigen den Mistkerl. Das würde in den Spätnachrichten der NBC sehr beeindruckend wirken.
In Manchester widmete sich Rabbit gemeinsam mit seiner Familie einem weiteren von Mrs Thompson köstlich zubereiteten Abendessen.
»Wie isst denn ein normaler englischer Arbeiter?«, fragte Zaitzew.
»Nicht ganz so gut«, gab Kingshot zu. Das war eine Untertreibung. »Wir möchten uns hier nur angemessen um unsere Gäste kümmern, Oleg.«
»Habe ich genug von MINISTER erzählt? Mehr ich weiß nämlich nicht.«
Der Geheimdienst hatte am Nachmittag in Zaitzews Gehirn gründlich Ordnung gemacht und jedes einzelne Detail mindestens fünf Mal ausführlich unter die Lupe genommen.
»Sie waren uns eine große Hilfe, Oleg Iwan’tsch. Vielen Dank.«
Tatsächlich hatte der Geheimdienst sehr von ihm profitiert und Hinweise auf den einen und anderen eingeschleusten Spitzel bezogen. In den meisten Fällen kam man solchen Maulwürfen über die Informationen, die sie weitergaben, auf die Spur. Auf solche Informationen hatten natürlich immer nur wenige Leute Zugriff, und die brauchte man jetzt nur so lange zu beobachten, bis einer von ihnen etwas Ungewöhnliches tat. Dann wartete man ab, wer dessen Nachrichten aus dem toten Briefkasten abholte, und identifizierte auf diese Weise auch gleich den KGB-Führungsoffizier, schlug also zwei Fliegen mit einer Klappe. Vielleicht sogar noch mehr, denn der Führungsoffizier hatte sicher mit mehr als einem Informanten zu tun, sodass sich die Enttarnungen wie die Äste eines Baumes ausbreiteten. Anschließend wurde einer der unwichtigen Spitzel festgesetzt. Erst dann ging man auf das eigentliche Ziel los, denn zu diesem Zeitpunkt wusste der KGB noch nicht, dass sein wichtigster Mann enttarnt war. So wurde die Hauptquelle, Oleg Zaitzew, vor der Entdeckung geschützt. Das Geschäft der Spionageabwehr war ebenso alt wie die Intrigen, die an einem mittelalterlichen Hof gesponnen wurden, und wurde von den Strippenziehern wegen seines Raffinements gleichermaßen
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