Regenprinzessin (German Edition)
wüsste. Ich könnte Vater fragen, doch ich wollte nicht, dass er mein Interesse bemerkte. Obwohl es ihm wahrscheinlich gefallen hätte, wenn mich das Turnier wenigstens etwas interessierte. Ich haderte den ganzen Tag mit mir, ob ich ihn fragen sollte. Die Kämpfe dauerten bis in den späten Nachmittag, doch an Langeweile war für mich nicht mehr zu denken. Bei einem weiteren Kampf des Unbekannten überwand ich mich schließlich und sah zu meinem Vater herüber.
„Wer ist der schwarzhaarige Ritter, Vater? Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen. Er scheint begabt zu sein.“
Verblüfft darüber, überhaupt etwas von mir zu hören, drehte mein Vater sich zu mir um.
„Sein Name ist Van. Er ist seit ein paar Monaten am Hof.“, begann er ein wenig zögerlich. „Aber du hast Recht, wenn er weiterhin so überlegen kämpft, könnte er am Ende des Tages in die erste Garde aufsteigen.“
Seine Züge bekamen nun einen tadelnden Ausdruck, als er fortfuhr. „Würdest du dich öfter blicken lassen, wäre er dir längst ein Begriff. Sein Talent ist das Gesprächsthema.“ Ich gab mich unbeeindruckt und wir beide wandten uns wieder dem Kampf zu.
Van verstand es mit dem Schwert umzugehen. Wie konnte es sein, dass ich noch nichts von ihm gehört hatte? Im Allgemeinen interessiere ich mich zwar nicht für Schwertkämpfe, wie mein Vater vorhin so treffend bemerkt hatte, doch bei seinem Können hätte ich wenigstens schon einmal von ihm gehört haben müssen.
Van gewann und die Menge tobte. Doch anstatt den Platz wie zuvor wieder zu verlassen, blieb Van stehen, während sein besiegter Gegner das Feld räumte. Im ersten Augenblick wurde ich nicht schlau aus diesem Verhalten, doch dann begriff ich es.
Der letzte Kampf fing an. Er hatte es in das Finale geschafft und sein Gegner wäre kein Geringerer als Menortus, welcher der Ritter meines Vaters war. Genau genommen hatte Van nach dem letzten Sieg schon gewonnen. Es war so etwas wie ein Test, um zu sehen wozu er fähig war. Obwohl er wirklich gut war, war ich mir fast sicher, dass er dieses Mal verlieren würde. Noch nie war Menortus in einem Duell besiegt worden.
Seitdem er einmal in einer Schlacht meinem Vater das Leben gerettet hatte, wurde er von allen als großer Kriegsheld gefeiert. Er war ein begnadeter Schwertkämpfer.
Ich jedoch konnte ihn nicht leiden. Es gab eigentlich keinen Grund dazu, doch jedes Mal wenn er in meiner Nähe war, fühlte ich mich unwohl. Ich konnte mir selbst nicht erklären, wieso ich so empfand.
Bevor ich mir weitere Gedanken über dieses Thema machen konnte, gingen die beiden mit einem gellenden Schrei aufeinander los.
Der junge Ritter war noch besser als ich gehofft hatte. Geschickt fing er den geführten Hieb von Menortus mit seiner eigenen Klinge auf. Er schleuderte ihn zurück und ging seinerseits in den Gegenangriff über. Er hob sein Schwert hoch über den Kopf und versuchte es wuchtig in Menortus ungeschützte Flanke zu rammen. Dieser jedoch ließ sich nach hinten fallen und so ging der Schlag ins Leere. Van strauchelte einen Moment, fing sich jedoch rasch und stand über seinem Gegner.
Menortus war bei dem Sturz das Schwert aus der Hand gefallen, es lag nun neben ihm im Staub. Van glitt mit seiner Schwertspitze in Richtung von Menortus Kehle, ein Lächeln auf den Lippen. Der Kampf schien entschieden. Die ersten Zuschauer fingen bereits an zu klatschen. Plötzlich trat Menortus seinem unvorbereiteten Gegner wuchtig in den Unterleib.
Ich hielt vor Schreck den Atem an. Mit diesem Angriff hatte niemand gerechnet. So ein Verhalten war in einem Schwertduell mehr als unüblich, immerhin kämpften die Teilnehmer um einen Titel, nicht um ihr Leben.
Der Getroffene schwankte zurück und umklammerte seinen Magen. Speichel rann aus seinem Mundwinkel und sein schönes Gesicht hatte sich zu einer Grimasse aus Schmerz verzerrt. Ein empörtes Raunen ging durch die Menge.
Währenddessen tastete Menortus nach seinem Schwert und richtete sich auf. Sofort drosch er auf seinen Gegner ein, den er so unredlich kampfunfähig gemacht hatte. Den ersten Hieb konnte Van zwar noch abfangen, doch bei dem nächsten hatte er nicht mehr so viel Glück und seine Waffe wurde ihm aus der Hand geprellt. Menortus Klinge näherte sich seiner Kehle. Diesmal war der Kampf wirklich vorbei und nun hatte ich einen Grund mehr für meine Abneigung Menortus gegenüber, grimmig schaute ich ihn an.
Vater schien ebenso verblüfft zu sein und erhob sich langsam, dann klatschte er.
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