Regulator: Roman
leichter Sound. Er erkennt die Melodie fast sofort, tanzt mit dem Glas in der Hand im kreisförmigen Schatten des Schirms und singt mit: »So kiss me and smile for me ... Tell me that you wait for me... Hold me like you'll never let me go ... «
Ein hübsches Lied, das er noch aus den Zeiten kennt, als man an die Reed-Zwillinge zwei Häuser weiter noch nicht mal gedacht hat, geschweige denn, daß sie geboren worden wären. Nur einen Augenblick trifft ihn das Bewußtsein der Realität, mit der die Zeit verstreicht, wie kraß sie ist und wie unwiderruflich. Sie streicht mit einem Geräusch wie Eisen am Ohr vorbei. Er trinkt noch einen großen Schluck von seinem Martini und fragt sich, was er jetzt anfangen soll, da der Grill startklar ist. Neben allen anderen Geräuschen kann er die Dusche oben hören und stellt sich vor, 18 wie Marielle nackt da oben steht - das größte Miststück der westlichen Welt, aber ihren Körper hat sie einwandfrei in Form gehalten. Er stellt sich vor, wie sie ihre Brüste einseift, möglicherweise die Brustwarzen mit kreisförmigen Bewegungen streichelt, so daß sie hart werden. Natürlich tut sie nichts derverdammtgleichen, aber es ist ein Bild, das einen einfach nicht mehr losläßt, wenn man nichts dagegen unternimmt. Er beschließt, daß er ein St. Georg des zwanzigsten Jahrhunderts sein wird; er wird den Drachen ficken, statt ihn zu erschlagen. Er stellt das Martiniglas auf den Picknicktisch und geht auf das Haus zu. Herr im Himmel, es ist summertime, summertime, sumsum-summertime, und in der Poplar Street ist das Leben easy. Cary Ripton sieht in den Rückspiegel nach Verkehr, sieht keinen und schwenkt nach Osten, über die Straße zum Haus der Carvers. Mr. Marinville hat er ausgelassen, weil Mr. Marinville ihm am Sommeranfang fünf Dollar gegeben hat, damit er ihm den Shopper nicht zustellt. »Bitte, Cary«, sagte er mit feierlichem und ernstem Blick. »Ich kann nicht über eine weitere Supermarkteröffnung oder einen Ausverkauf im Drugstore lesen. Es würde mich umbringen.« Cary versteht Mr. Marinville nicht im geringsten, aber er ist ein netter Mann, und fünf Mäuse sind fünf Mäuse. Mrs. Carver macht die Verandatür von Poplar Nr. 248 auf und winkt Cary zu, als Cary ihr den Shopper zuwirft. Sie will die Zeitung fangen, verfehlt sie total und lacht. Cary lacht mit ihr. Sie hat Brad Josephsons Hände oder Reflexe nicht, aber sie ist hübsch und ein verdammt guter Kumpel. Ihr Mann, der Badehosen und Badelatschen trägt, ist neben dem Haus und wäscht das Auto. Er sieht Cary aus den Augenwinkeln, dreht sich um und zeigt mit dem Finger auf ihn. Cary zeigt ebenfalls, und sie tun so, als würden sie aufeinander schießen. Das ist Mr. Carvers kläglicher, aber unverdrossener Versuch, cool zu sein, und das respektiert Cary. David Carver arbeitet im Postamt, und Cary denkt, daß er diese Woche Urlaub haben muß. Er schwört sich eines: Wenn er erwachsen ist und einen ganz gewöhnlichen Acht-Stunden-Job annehmen muß (er weiß, daß das manchen Leuten eben zustößt, wie Diabetes oder Nierenversagen), dann wird er niemals seinen Urlaub zu Hause verbringen und in der Einfahrt sein Auto waschen. Ich werde sowieso kein Auto haben, denkt er. Ein Motorrad. Und auch keine japanische Maschine. Amerikanisches Modell. Eine verdammt große alte Harley Davidson, wie Mr. Marinville eine in der Garage stehen hat. Er sieht wieder in den Rückspiegel und erblickt etwas Grellrotes oben auf der Bear Street, hinter dem Haus der Josephsons - sieht aus wie ein Lieferwagen, der gleich hinter der südwestlichen Ecke der Kreuzung parkt -, dann steuert er seinen Schwinn-Drahtesel wieder auf die andere Straßenseite, diesmal auf Nr. 247 zu, das Wyler-Haus. Von den bewohnten Häusern in der Straße (242, das, in dem die Hobarts gewohnt haben, steht leer) ist das Wylersche das einzige, das einen leicht verwahrlosten Eindruck macht - es ist ein kleines Haus im Ranch-Stil, das einen frischen Anstrich und einen frischen Belag für die Einfahrt brauchen könnte. Auf dem Rasen dreht sich ein Sprenger, aber man sieht dem Gras, im Gegensatz zu allen anderen Rasenflächen in der Straße (das leerstehende Haus der Hobarts eingeschlossen) trotzdem die Folgen des heißen, trockenen Wetters an. Gelbe Flecken verunstalten es, die zwar noch klein sind, aber langsam wachsen. Sie weiß nicht, daß Wasser nicht genug ist, denkt Cary und holt einen weiteren zusammengerollten Shopper aus der Jutetasche. Ihr Mann hätte es gewußt,
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