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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vielleicht auch nur der Wunsch, die ganze Sache abzublasen, solange sie es noch konnte. Dann erlosch das Leuchten. »Fertig, Mr. Marinville?« fragte Dave. Er betrachtete neidisch die Waffe, die sein Bruder am ausgestreckten Arm hielt. Johnny vermutete, daß es in dem Grüngürtel nicht lange dauern würde, bis er seinen Bruder bat, ob er sie eine Weile tragen dürfe.
    »Augenblick noch«, sagte er und kniete vor Ralphie nieder. Ralphie wich zurück, bis er seinen kleinen Hintern fest gegen die Wand drückte, dann sah er Johnny über seinen Daumen hinweg an. Hier unten, auf Ralphies Höhe war der Geruch von Urin und Angst so durchdringend wie ein Dschungelaroma.
    Johnny holte die Figur, die er oben im Flur gefunden hatte - den Außerirdischen mit den großen Augen, dem Rüsselmund und dem Streifen steifen Haars auf seinem sonst kahlen Schädel -, aus der Hosentasche. Er hielt ihn Ralphie vor die Augen. »Ralphie, was ist das?« Im ersten Moment dachte er, der Junge werde nicht antworten. Dann streckte dieser langsam die Hand aus, die er nicht im Mund verankert hatte, und nahm die Figur. Zum erstenmal seit Beginn des Überfalls war ein Funke Leben in seinen Augen zu sehen. »Das ist Major Pike«, sagte er. »Ach?«
    »Ja. Er ist ein Canopaleaner.« Er sprach das Wort sorgfältig und stolz aus. »Das bedeutet, er ist ein Naußerirdischer. Aber ein guter Naußerirdischer. Nicht wie No Face.« Eine Pause. »Major Pike war nicht bei ihnen, oder?« Plötzlich quollen Tränen aus Ralphies Augen, und plötzlich fiel Johnny die Geschichte über den Baseballskandal der Black Sox aus dem Jahre 1919 ein, die jedes Kind kannte. Angeblich war ein weinender kleiner Junge zu Shoeless Joe Jackson gekommen und hatte den Spieler angefleht, ihm zu sagen, daß sie kein Geld genommen hatten -, daß es nicht stimmte. Und obwohl Johnny diesen Freak doch gesehen hatte - oder jemanden mit einer Maske, damit er aussah wie dieser Freak -, schüttelte er auf der Stelle den Kopf und klopfte Ralphie tröstend auf die Schulter. »Ist Major Pike aus einem Film oder einer Fernsehserie?« fragte Johnny, aber er kannte die Antwort darauf bereits. Alles fügte sich zusammen und hätte sich vielleicht schon viel früher zusammenfügen sollen. In den letzten paar Jahren hatte er eine Menge Kurse an Schulen abgehalten, wo sich die Erwachsenen ziemlich tief bücken mußten, um aus den Trinkfontänen zu trinken, und hatte häufig in Bibliotheken gelesen, wo die Stühle überwiegend neunzig Zentimeter hoch waren. Er hörte ihren Gesprächen zu, sah sich aber nicht ihre Fernsehserien oder Kinofilme an. Er wußte instinktiv, daß diese Art von Recherche seiner Arbeit eher hinderlich als dienlich gewesen wäre. Daher wußte er nicht alles und hatte immer noch eine Menge Fragen, aber langsam glaubte er, daß dieser Wahnsinn doch Methode hatte.
    »Ralphie?«
    »Aus einer Fernsehserie«, sagte Ralphie mit dem Daumen im Mund. Er hielt immer noch Major Pike vor die Augen, so wie Johnny es getan hatte. »Er ist ein MotoKop.« »Und Dream Floater. Was ist das, Ralphie?« »Mr. Marinville«, begann Dave. »Wir sollten jetzt wirklich gehen -«
    Johnny wandte den Blick nicht von Ralphie ab. »Dream Floater?«
    »Cassies Power Wagon«, sagte Ralphie. »Cassie Styles. Ich glaube, sie ist Colonel Henrys Freundin. Mein Freund Jason sagt, das ist sie nicht, weil MotoKops keine Freundinnen haben, aber ich glaube doch. Warum sind die Power Wagons in der Poplar Street, Mr. Marinville?« »Das weiß ich nicht, Ralphie.« Aber er wußte es beinahe. »Warum sind sie so groß? Und wenn sie gut sind, warum haben sie dann meinen Daddy und meine Mommy erschossen?«
    Ralphie ließ die Figur von Major Pike auf den Boden fallen und kickte sie quer durch das Zimmer. Dann schlug er die Hände vor das Gesicht und fing an zu schluchzen. Cammie Reed setzte sich in Bewegung, aber bevor sie zur Stelle war, wand sich Ellen aus Belindas Umarmung. Sie ging zu Ralphie und legte die Arme um ihn. »Keine Angst«, sagte sie. »Keine Angst, Ralphie, ich kümmere mich um dich.«
    »Wenn das nicht die Wucht in Tüten ist«, sagte Ralphie schluchzend, und Johnny schlug sich so fest die Hand auf den Mund, daß die Lippen fast bluteten. Es war die einzige Möglichkeit, irres, wieherndes Gelächter zu unterdrücken.
    Und wenn sie gut sind, warum haben sie dann meinen Daddy und meine Mommy erschossen?
    »Kommt, Jungs«, sagte er, stand auf und drehte sich zu den Reed-Zwillingen um. »Gehen wir auf

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