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Reigen des Todes

Reigen des Todes

Titel: Reigen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Moravec grinste. »Glück gehabt«, murmelte sie und stieg die Leiter weiter hinunter. Sie befand sich nun auf einem Dachboden, auf dem jede Menge Wäsche zum Trocknen aufgehängt war. Sie irrte kurz durch die unzähligen Wäschestücke, bis sie den Ausgang fand. Hoffentlich war die Dachbodentür nicht versperrt! Dieser Wunsch ging der Moravec jedoch nicht in Erfüllung. Und während sie nervös von einem Fuß auf den anderen trat, hörte sie Schritte näher kommen. Sie versteckte sich hinter einem Leintuch und sah, dass ein Dienstmädchen mit einem Wäschekorb eintrat. Die Tür stand nun sperrangelweit offen. Das Dienstmädchen fing an, Wäschestücke von der Leine zu nehmen, zusammenzufalten und in den Wäschekorb zu legen. Als das Mädel mit dem Rücken zu ihr stand, huschte die Moravec auf Zehenspitzen zur Tür und verschwand ins Stiegenhaus. Sie rannte auf Zehenspitzen zwei Stockwerke hinunter, bevor sie normal zu laufen begann. Eilends verließ sie das Haus und rannte in Richtung Fasangasse 49. Dort angekommen, fragte sie die Hausmeisterin, ob irgendwer nach ihr oder dem Herrn Schwarzer gefragt oder gesucht hätte.
    »Keine Menschenseele hat Sie gesucht, gnädige Frau. Aber ich war über Mittag kurz weg. Ich bin jetzt erst heimgekommen.«
    Mit rasendem Pulsschlag rannte sie die Stiegen zum Wohnatelier hinauf. Und als sie aufsperrte, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich. »Warum sind S’ denn so nervös, Fräulein Moravec?«
    Es war die Stimme der Mikinovic, ihrer Nachbarin. Am liebsten hätte sie der alten Schabracke den Schädel eingeschlagen.
    »Ist das vielleicht deshalb, weil Sie von der Polizei gesucht werden?«
    »Warum soll ausgerechnet ich von der Polizei gesucht werden?«
    »Na, weil vorhin eine Gruppe von Polizeiagenten da war und nach Ihnen und dem Herrn Schwarzer gefragt hat. Die haben ganz laut an die Tür gepumpert 95 . Ich hab nachgeschaut, wer da so einen Krach macht, und wie ich g’hört hab, dass Sie beide gesucht werden, hab ich die Herren zum neuen Atelier am Arenbergring 15 geschickt.«
    Der neugierigen Schastrommel 96 gehört der Kragen umgedreht, dachte sich die Moravec, als sie ins Atelier eintrat und die Tür hinter sich zuwarf. Jedenfalls wusste sie, dass sie nur kurz Zeit hatte, ihre Sachen zusammenzuraffen. In einen ihrer beiden Koffer packte sie das Allernötigste an Wäsche und Gewand, ging damit hinüber in Schwarzers Büro, öffnete die Firmenkassa, nahm alles vorhandene Bargeld – immerhin siebenhundert Kronen – und verließ das ungeliebte Domizil für immer. Vor dem Haus sah sie eine Tramway die Fasangasse herunterkommen. Den Koffer mühsam mitschleppend, lief sie zur Station, stieg ein und war weg.
     
    Als wenige Minuten später Nechyba und Fraczyk erneut an die Ateliertür pumperten, lauerte die Mikinovic schon. Sie machte ihre Wohnungstür auf und sagte: »Die Herren haben heute kein Glück, gell? Das Fräulein Moravec war in der Zwischenzeit da. Aber jetzt ist sie schon wieder weg.«
    Die Moravec saß inzwischen in der Tramway und ärgerte sich. Ausgerechnet jetzt, wo geschäftlich alles bestens gelaufen war, musste dieser verdammte Inspector auftauchen. Die Saturn-Film, die Schwarzer seit eineinhalb Jahren aufgebaut hatte, erfreute sich mittlerweile bei Kennern in ganz Europa eines exzellenten Rufes. Sie konnte sogar den bis dahin führenden Pathé Frères in Paris den Rang ablaufen. Tja, Schwarzer verstand einfach etwas von Erotik, das musste man ihm wirklich lassen. Gegen die Saturn-Films nahmen sich die französischen Konkurrenzprodukte wie harmlose Unterhaltungsfilms aus. Schwarzer war überhaupt ein interessanter Mann … Es war schier zum Verzweifeln! Dass gerade jetzt, wo alles so wunderbar lief und wo ihr so viele pikante Drehbuchideen einfielen, diese verdammten Polizeiagenten alles zunichte machten.

X/4.
    In einer schäbigen Pension im 2. Bezirk, in einer Seitengasse der belebten Praterstraße, saß die Moravec in einem winzigen Zimmer. Sie fühlte sich wie eine Gefangene. Wie ein gehetztes Tier, das sich in einer Höhle versteckte. Ein Tier, das Angst hatte, von den Hunden des Jägers aufgespürt zu werden. Denn drei Tage nach ihrer Flucht war ihr Gesicht in der Stadt allgegenwärtig. Ihr hübsches Gesicht, mit dem sie bei Männern so großen Erfolg hatte. Die Polizeiagenten hatten ihr Antlitz von einer Kopie des Films ›Die Macht der Hypnose‹ in mehreren Ansichten zeichnen lassen. Diese Zeichnungen waren an alle Redaktionen mit der kurzen

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