Reise durch die Sonnenwelt
mir freistehen, nicht wahr … für meine Waaren einen Preis zu stellen … wie er mir paßt?
– Meister Hakhabut, erwiderte Kapitän Servadac sehr ruhig, ich hätte eigentlich das Recht, Euch einen Maximalpreis vorzuschreiben, doch will ich auf solche außergewöhnliche Maßnahmen verzichten. Ihr werdet Eure Waaren selbst mit den gewöhnlichen europäischen Marktpreisen auszeichnen, nicht mit anderen!
– Erbarmen, Herr Gouverneur! rief der Jude an der empfindlichsten Stelle getroffen, damit berauben Sie mich eines ganz rechtmäßigen Vortheils! … Das streitet gegen alle Gewohnheit des Handelns. Mir steht es zu, den Marktpreis zu bestimmen, denn alle Waaren sind in meiner Hand. Wenn Sie gerecht sein wollen, können Sie sich dem nicht widersetzen, Herr Gouverneur! … Das hieße, mir mein Hab’ und Gut rauben!
– Ich erwarte europäische Preise, entgegnete einfach Kapitän Servadac.
– Herrgott Israel’s! Was! Hier wäre eine Conjunctur auszubeuten …
– Eben daran wollte ich Euch hindern.
– Eine solche Gelegenheit kommt niemals wieder …
– Euren Mitmenschen das Fell über die Ohren zu ziehen, Meister Isaak. Ja, ja, es thut mir leid um Euch … Vergeßt mir aber nicht, daß ich das Recht habe, zum Besten der Allgemeinheit über Eure Waarenvorräthe zu verfügen und …
– Ueber das zu verfügen, was mir eigen angehört vor den Augen des ewigen Gottes!
– Gewiß, Meister Isaak, antwortete der Kapitän, ich mag nur meine Zeit nicht verschwenden, Euch diese einfache Wahrheit begreiflich zu machen. Fügt Euch also darein, mir einfach zu gehorchen, und seid damit zufrieden, zu jedem Preise zu verkaufen, wo Ihr gezwungen werden könntet, ohne Entschädigung das Nöthige zu liefern.«
Isaak Hakhabut wollte seine Wehklagen noch einmal anfangen, Kapitän Servadac aber schnitt sie ab, indem er im Fortgehen nur die Worte wiederholte:
»Europäische Marktpreise, Meister Isaak, merkt’s Euch!«
Die übrige Zeit dieses Tages hatte der Jude nichts Anderes zu thun, als auf den Gouverneur und die ganze Gallia-Kolonie weidlich zu schimpfen, daß man ihm »Maximalpreise« vorschreiben wollte, wie in den schlimmsten Zeiten der französischen Revolution. Er schien sich erst einigermaßen zu beruhigen, als er zu folgendem Gedanken kam, der für ihn eine ganz besondere Bedeutung haben mußte:
»Nur zu, nur zu, Ihr schlechten Menschen! Ihr sollt die Marktpreise Europas haben. Ich verdiene dabei doch mehr, als Ihr glaubt!«
Am nächsten Tage, dem 16. November, begab sich Kapitän Servadac, der die Ausführung seiner Befehle überwachen wollte, mit Ben-Zouf und zwei russischen Matrosen schon frühzeitig nach der Tartane.
»Nun, Eleazar, begrüßte Ben-Zouf deren Eigenthümer, wie geht’s, alter Spitzbube?
– Sie sind zu gütig, Herr Ben-Zouf, antwortete der Jude.
– Wir wollen mit Dir also in aller Freundschaft ein kleines ›Geschäftchen‹ machen.
– Ja … in aller Freundschaft … aber gegen Bezahlung …
– Nach europäischen Marktpreisen, begnügte sich Kapitän Servadac hinzuzufügen.
– Gut, gut, fuhr Ben-Zouf fort, wenn Du Deine Rechnung gemacht, wirst Du auf Bezahlung nicht lange zu warten haben.
– Was brauchen denn die Herren?
– Für heute, zählte Ben-Zouf auf, Kaffee, Tabak und Zucker, von jedem etwa zehn Kilo. Bediene uns aber zur Zufriedenheit, sonst – hüte Deine Knochen! Ich verstehe mich auf das Geschäft, denn heute bin ich Feldwebel!
– Ich glaubte Adjutant des Herrn General-Gouverneurs? sagte der Jude.
– Gewiß, Kaiphas, bei jeder feierlichen Gelegenheit, aber Feldwebel immer dann, wenn’s zum Einkaufen geht. Doch verlieren wir nicht unsere Zeit!
– Sie sagten, Herr Ben-Zouf, zehn Kilo Kaffee, zehn Kilo Zucker und zehn Kilo Tabak?«
Nach erlangter Ueberzeugung von der Richtigkeit dieser Bestellung verschwand der Jude aus der Cabine und stieg nach dem Raume der Hansa hinunter, von wo er sehr bald zehn Packete, alle mit dem Stempel des Staates verschlossen und jedes im Gewichte eines Kilogrammes, herausbrachte.
»Hier sind zehn Kilo Tabak, sagte er. Das Kilogramm zu 12 Francs macht 120 Francs.«
Ben-Zouf wollte schon den gewöhnlichen Regie-Preis zahlen, als Kapitän Servadac ihn daran verhinderte.
»Halt einmal, Ben-Zouf. Wir müssen uns auch überzeugen, ob das Gewicht richtig ist.
– Sie haben recht, Herr Kapitän.
– Wozu ist das nöthig? versetzte Isaak Hakhabut. Sie sehen ja, daß die Verpackung jedes Kilos unverletzt ist und daß das Gewicht darauf
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