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Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Titel: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ein Buch in den Händen, das er mit tiefster Bewunderung anschaute.
    »Welch ein Buch! welch ein Buch!« rief er aus. Dieser Ausruf erinnerte mich, daß der Professor Lidenbrock auch zu Zeiten ein Büchernarr war: eine alte Scharteke hatte in seinen Augen nur insofern Werth, als sie schwer aufzufinden oder wenigstens unleserlich war.
    »Aber, sagte er, siehst Du denn nicht? Das ist ja ein unschätzbares Kleinod, das ich heute Morgen im Laden des Juden Hevelius aufgefunden habe.
    – Prachtvoll!« erwiderte ich mit erheucheltem Enthusiasmus. Wahrhaftig, wozu so viel Lärm um einen alten Quartanten in Kalbleder, eine vergilbte Scharteke mit verblaßtem Buchzeichen.
    Der Professor fuhr indessen fort in unerschöpflicher Bewunderung, indem er sich selbst fragte und antwortete:
    »Siehst Du, ist’s nicht hübsch? Ja, wunderschön! was für ein Einband! wie leicht schlägt man’s auf! wie trefflich schließen die Blätter, daß sie nirgends klaffen! Und an diesem Rücken sieht man nach sieben Jahrhunderten noch keinen Riß!«
    Ich konnte nichts Besseres thun, als ihn über den Inhalt zu fragen, obwohl der mich wenig kümmerte.
    »Und wie ist denn der Titel des merkwürdigen Buches? fragte ich hastig.
    – Dies Werk, erwiderte mein Oheim lebhaft, ist die Heimskringla von Snorro Sturleson, dem berühmten isländischen Chronisten des zwölften Jahrhunderts! Es enthält die Geschichte der norwegischen Fürsten, die auf Island herrschten.
    – Wirklich! rief ich so freudig wie möglich, und gewiß eine deutsche Uebersetzung?
    – Schön! entgegnete lebhaft der Professor, eine Uebersetzung! Und was mit der Uebersetzung anfangen? Wer kümmert sich um eine solche? Es ist ein Originalwerk in isländischer Sprache, dem prächtigen, reichen und zugleich einfachen Idiom!
    – Wie das Deutsche, fügte ich schmeichelnd bei.
    – Ja, erwiderte mein Oheim mit Achselzucken, ohne in Anschlag zu bringen, daß die isländische Sprache die drei Geschlechter bezeichnet, wie beim Griechischen, und die Eigennamen declinirt, wie im Lateinischen!
    – Ah! rief ich, indem ich meiner Gleichgiltigkeit Gewalt anthat, und wie schön sind die Lettern!
    – Lettern! Was meinst Du, Lettern? Wie? Du meinst, das sei gedruckt? Nein, Dummer, es ist ein Manuscript, ein Runen-Manuscript! …
    – Runen?
    – Ja! Begehrst Du nun eine Erklärung dieses Worts?
    – Das laß ich bleiben«, erwiderte ich mit dem Ton eines Beleidigten.
    Aber mein Oheim fuhr um so eifriger fort mich wider Willen über Dinge zu belehren, die ich zu wissen gar nicht Lust hatte.
    »Die Runen, fuhr er fort, waren Schriftzüge, die vor uralten Zeiten auf Island im Gebrauch waren und von Odin selbst erfunden sein sollen! Aber schau doch her, bewundere doch, Gottloser, die von einem Gott ausgedachten Zeichen!«
    Wahrhaftig, anstatt zu antworten, fiel ich auf die Kniee, eine Antwort, die Göttern und Königen gefällt.
    Ein Zwischenfall gab der Unterhaltung eine andere Wendung. Ein schmutziges Pergament fiel aus der Scharteke heraus auf den Boden.
    Mit begreiflicher Gier fiel mein Oheim über diesen Quark her. Ein altes Document, das vielleicht seit unvordenklicher Zeit in einem alten Buche lag, mußte unfehlbar in seinen Augen sehr kostbar sein.
    »Was ist das?« rief er aus.
    Und zugleich entfaltete er sorgfältig auf dem Tisch ein fünf Zoll langes, drei Zoll breites Pergamentstück, worauf in Querzeilen ein unverständliches Gekritzel von Schriftzügen sich befand.
    Ich gebe hier ein genaues Facsimile derselben. Es ist mir darum zu thun, diese seltsamen Zeichen zur Anschauung zu bringen, weil sie den Professor Lidenbrock nebst seinen Neffen zu der sonderbarsten Unternehmung des neunzehnten Jahrhunderts veranlaßten:
     

    Der Professor betrachtete diese Zeichen eine Weile; dann sprach er, indem er seine Brille höher rückte:
    »Es ist Runisch; diese Zeichen sind denen auf dem Manuscript Snorro’s völlig gleich! Aber … was mag das nur bedeuten?«
    Da es mir schien, das Runische sei eine Erfindung der Gelehrten, um die ungelehrten Leute zu hintergehen, so war es mir nicht unlieb, daß mein Oheim nichts davon verstand. Das nahm ich wenigstens aus seinen Fingerbewegungen ab.
    »Es ist doch alt Isländisch«, brummte er in den Bart.
    Und der Professor Lidenbrock mußte das wohl verstehen, denn er galt für ein Wunder von einem Sprachenkenner. Die zweitausend Sprachen und viertausend Dialekte, die man auf der Erde kennt, sprach er nicht nur geläufig, sondern verstand auch deren einen

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