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Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Titel: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hat schon ein Anderer ausgeführt, und was ihm glückte, wird auch mir glücken.
    – Ich hoff’ es; aber schließlich darf ich doch …
    – Du darfst schweigen, Axel, wenn Du in der Weise aburtheilen willst.«
    Ich sah wohl, daß der fürchterliche Professor unter der Haut des Oheims wieder zum Vorschein zu kommen drohte, und ich ließ mir’s gesagt sein.
    »Jetzt, fuhr er fort, befrage den Manometer. Was zeigt er an?
    – Einen sehr bedeutenden Druck.
    – Gut. Du siehst, daß, wenn man allmälig abwärts kommt, man sich nach und nach an die dichtere Atmosphäre gewöhnt, so daß man gar nicht darunter zu leiden hat.
    – Gar nicht, abgerechnet etwas Ohrenschmerzen.
    – Das will nichts heißen, und Du wirst dies Uebel beseitigen, wenn Du die äußere Luft rasch mit der in Deinen Lungen enthaltenen in Verbindung bringst.
    – Ganz recht, versetzte ich, entschlossen, meinem Oheim nicht mehr zu widersprechen. Es ist sogar eine rechte Luft, sich in diese dichtere Atmosphäre zu tauchen. Haben Sie bemerkt, mit welcher Stärke sich darin der Ton fortpflanzt?
    – Gewiß. Ein Tauber würde da trefflich zum Gehör gelangen.
    – Aber diese Dichtheit wird ohne Zweifel zunehmen?
    – Ja, nach einem noch wenig festgestellten Gesetz. Es steht richtig, daß die Schwerkraft im Verhältniß, wie man abwärts kommt, geringer wird. Du weißt, daß ihre Wirksamkeit am meisten auf der Erdoberfläche fühlbar ist, und daß im Centrum der Erde die Gegenstände kein Gewicht mehr haben.
    – Ich weiß es; aber sagen Sie mir, wird die Luft nicht endlich an Dichtigkeit dem Wasser gleich kommen?

    – Allerdings, bei einem Druck von siebenhundertundzehn Atmosphären.
    – Und unterhalb dieser Grenze?
    – Wird die Dichtigkeit stets zunehmen.
    – Wie können wir aber dann abwärts kommen?
    – Nun, da stecken wir uns Steine in die Taschen.
    – Wahrhaftig, Oheim, Sie haben auf Alles eine Antwort.«
    Ich wagte auf dem Feld der Hypothesen nicht weiter vorzugehen; ich wäre vielleicht noch auf eine Unmöglichkeit gestoßen, wobei der Professor außer sich gekommen wäre.
    Es war jedoch klar, daß die Luft unter einem Druck, der auf Tausende von Atmosphären steigen konnte, am Ende in einen festen Zustand übergehen würde, und dann mußte man, vorausgesetzt, daß unsere Körper Widerstand zu leisten fähig wären, Halt machen, trotz alles Disputirens auf der Welt.
    Aber ich machte diesen Grund gar nicht geltend. Mein Oheim hätte mir abermals seinen Saknussemm vorgehalten. Dieses Beispiel eines Vorgängers ist aber ohne Gewicht, denn hält man auch die Reise des gelehrten Isländers für echt, so gab es doch darauf einen sehr einfachen Einwand.
    Im sechzehnten Jahrhundert waren Barometer und Manometer noch nicht erfunden; wie konnte dann Saknussemm sein Anlangen im Mittelpunkt der Erde feststellen?
    Aber ich behielt diesen Beweisgrund für mich, und wartete die Ereignisse ab.
    Der übrige Theil des Tages verfloß in Berechnungen und Unterhaltungen. Ich war stets mit dem Professor Lidenbrock gleicher Ansicht, und beneidete Hans um seine vollkommene Leidenschaftslosigkeit, indem er, ohne viel nach Ursache und Wirkung zu fragen, sich blind vom Verhängniß leiten ließ.
Sechsundzwanzigstes Capitel.
Verirrt.
    Offen gestanden, die Dinge standen bisher gut, und ich durfte mich nicht beklagen. Wenn die Schwierigkeiten nicht »im Durchschnitt« zunahmen, so konnte es nicht fehlen, daß wir unser Ziel erreichten. Und welcher Ruhm dann! Ich war so weit gekommen, daß ich
à la
Lidenbrock urtheilte. Ernstlich. Gehörte das mit zu der seltsamen Umgebung, worin ich lebte? Vielleicht.
    Während einiger Tage führte uns ein vermehrt abschüssiger Weg, der mitunter selbst erschrecklich senkrecht war, tief in’s Innere des Erdkerns. An manchen Tagen kam man eine und eine halbe bis zwei Lieues dem Centrum näher. Das Hinabsteigen war gefährlich, aber die Geschicklichkeit unseres Hans und seine merkwürdige Kaltblütigkeit kamen uns dabei sehr zu statten. Dieser Isländer von unverwüstlichem Gleichmuth widmete sich mit unbegreiflicher Ungenirtheit, und wir hatten es ihm zu danken, daß wir über manchen schlimmen Fall hinaus kamen, was uns allein nicht möglich gewesen wäre.
    Während der beiden Wochen nach unserer letzten Unterhaltung fiel nichts besonders Merkwürdiges vor. Nur ein einziges Ereigniß von ernstester Bedeutung ist mir unvergeßlich, und aus gutem Grund. Nicht den kleinsten Umstand dabei hätte ich aus dem Sinn verlieren können.
    Am 7.

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