Reise Um Die Erde in 80 Tagen
erst zwölf Uhr!«
Passepartout zog seine große Uhr heraus.
»Zwölf Uhr, sagte er. Nicht doch! es ist neun Uhr zweiundfünfzig Minuten!
– Ihre Uhr geht nach, erwiderte Fix.
– Meine Uhr! das alte Familienstück von meinem Urgroßvater her. Sie weicht nicht fünf Minuten im Jahre ab. Es ist ein wahres Chronometer!
[41] – Ich sehe, woran's hängt. Sie haben noch die Londoner Zeit, welche um zwei Stunden etwa von der zu Suez abweicht. Sie müssen darauf bedacht sein, Ihre Uhr nach der Mittagszeit jedes Landes zu stellen.
– Ich! an meine Uhr rühren! rief Passepartout, niemals!
– Ah, dann stimmt sie nicht mehr mit der Sonne.
– Um so schlimmer für die Sonne, mein Herr! Sie ist im Irrthum.«
Und der wackere Bursche steckte seine Uhr mit stolzer Geberde wieder in seine Tasche.
[42] Nach einer kleinen Weile sprach Fix:
»Also Sie haben London in Eile verlassen?
– Das mein' ich! Letzten Mittwoch um acht Uhr Abends kam Herr Fogg gegen alle Gewohnheit früh aus seiner Gesellschaft, und schon dreiviertel Stunden nachher waren wir unterwegs.
– Aber wo reist Ihr Herr denn hin?
– Immer gerade aus, um die ganze Erde herum!
– Um die Erde herum? rief Fix.
– Ja, in achtzig Tagen! Eine Wette, sagte er, aber, unter uns, ich glaub's nicht. Das wäre Unsinn. Es steckt was anderes dahinter.
– Ei! Der Herr Fogg ist ein Original.
– Das glaub' ich.
– Ist er denn reich?
– Ganz gewiß, er hat eine hübsche Summe bei sich, in ganz neuen Banknoten! Und er spart unterwegs nicht! Denken Sie, er hat dem Maschinisten des Mongolia eine stattliche Prämie versprochen, wenn wir bei der Ankunft in Bombay einen hübschen Vorsprung haben!
– Und Sie kennen Ihren Herrn von lange her?
– Ich! erwiderte Passepartout, erst am Tage unserer Abreise bin ich bei ihm in Dienst getreten!«
Man kann sich leicht denken, was diese Antworten auf den schon überspannten Kopf des Polizei-Agenten für eine Wirkung haben mußten.
Diese eilige Abreise von London, kurz nachdem der Diebstahl vorgefallen war, die große Summe, welche er bei sich hatte, diese hastige Eile, um in ferne Länder zu kommen, dieser Vorwand einer unsinnigen Wette, – Alles bestärkte Fix, und mußte ihn auch wohl in seinem Argwohn bestärken. Er ließ den Franzosen noch weiter plaudern, und bekam die Gewißheit, daß dieser Bursche seinen Herrn gar nicht kannte, daß dieser zu London vereinsamt lebte, daß man ihn reich nannte, ohne zu wissen, woher sein Vermögen komme, daß es ein verschlossener Mann sei, etc. Aber zugleich konnte Fix sich überzeugt halten, daß Phileas Fogg zu Suez nicht das Boot verlasse, und daß er wirklich nach Bombay gehe.
»Ist's weit nach Bombay? fragte Passepartout.
– Sehr weit, erwiderte der Agent. Sie müssen dafür noch weitere zehn Tage auf der See fahren.
[43] – Und wo liegt dies Bombay?
– In Indien.
– In Asien?
– Natürlich.
– Teufel! Das wollt' ich schon sagen ... es beunruhigt mich etwas ... Mein Hahn!
– Was für ein Hahn?
– Mein Gashahn, welchen ich zuzudrehen vergaß, und der jetzt auf meine Kosten brennt. Nun hab' ich ausgerechnet, daß ich für ihn zwei Shilling in vierundzwanzig Stunden zu zahlen habe, gerade sechs Pence mehr, als ich verdiene, und Sie begreifen, daß, wenn sich die Reise hinzieht ...«
Fix verstand wahrscheinlich die Sache nicht. Er hörte: nicht mehr zu, und machte seinen Plan. Der Franzose war mit ihm auf dem Bazar angekommen. Fix ließ denselben da seine Einkäufe machen, empfahl ihm, die Abfahrt des Mongolia nicht zu verfehlen, und kam in aller Eile wieder auf das Bureau des Consularagenten.
Fix hatte, nachdem er seiner Sache sicher war, alle Kaltblütigkeit wieder gewonnen.
»Mein Herr, sagte er zu dem Consul, ich habe keinen Zweifel mehr. Der Mann ist's. Er will für einen Sonderling gelten, der in achtzig Tagen um die Erde herum reist.
– Dann ist's ein Schurke, versetzte der Consul, und er denkt nach London zurückzukommen, nachdem er alle Polizeileute der beiden Continente an der Nase herum geführt.
– Das wird sich zeigen, erwiderte Fix.
– Aber irren Sie sich nicht? fragte der Consul nochmals.
– Nein, ich irre mich nicht.
– Warum hat dann dieser Dieb darauf bestanden, seine Anwesenheit zu Suez durch ein Visa zu constatiren?
– Warum? ... Ich weiß nicht, Herr Consul, erwiderte der Detectiv, aber hören Sie mich.«
Und er erzählte in Hauptzügen, was er aus der Unterredung mit dem Diener Fogg's wußte.
[44] »Wirklich, sagte der
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