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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Rangoon auf der Rhede vor Anker, die Abfahrtsflagge schon aufgepflanzt. Es schlug elf, und Herr Fogg hatte noch eine Stunde Zeit. Er verließ also den Wagen und bestieg mit Mrs. Aouda und Passepartout einen Nachen. Der Detectiv stampfte mit dem Fuße.
    »Der Lumpenkerl! rief er aus. Er reist ab, läßt zweitausend Pfund im Stich! So verschwenderisch ist nur ein Dieb! Ah! Ich bleibe ihm auf der Ferse bis an's Ende der Welt, wenn's Noth thut; aber auf die Art wird das gestohlene Geld bald durchgebracht sein!«
    Nicht ohne Grund sprach so der Polizei-Agent. Phileas Fogg hatte wirklich seit seiner Abfahrt aus London an Reisegeld und Prämien, für den Elephanten, Caution und Bußen bereits über fünftausend Pfund auf der Reise verzettelt, und die Procente der wieder beigebrachten Summe, welche den Detectiven zukommen, verminderten sich fortwährend.

Sechzehntes Capitel.
Fix stellt sich, als wisse er nichts davon, was ihm erzählt ward.
    Der
Rangoon
, ein Packetboot der Ostindischen Peninsular-Compagnie für den Dienst in den chinesischen und japanischen Meeren, war ein eiserner Schraubendampfer von siebenzehnhundertundsiebenzig Tonnen brutto und vierhundert Pferdekraft. Er fuhr ebenso schnell wie der Mongolia, war aber nicht so bequem eingerichtet. Darum war auch für Mrs. Aouda nicht so gut gesorgt, als Phileas Fogg gewünscht hätte. Zudem handelte sich's nur um [99] eine Fahrt von dreitausendfünfhundert Meilen, elf bis zwölf Tage, und die junge Frau war kein peinlicher Passagier.
    Während der ersten Tage dieser Fahrt lernte Mrs. Aouda den Herrn Phileas Fogg näher kennen. Bei jeder Gelegenheit gab sie ihm die innigste Dankbarkeit zu erkennen. Der phlegmatische Gentleman hörte sie, dem Anschein nach, äußerst kühl an, ohne durch eine Betonung, eine Handbewegung die geringste Gemüthsbewegung zu verrathen. Er wachte darüber, daß es der jungen Frau an nichts mangelte; kam regelmäßig zu gewissen Zeiten, wo nicht zum Plaudern, doch um ihr zuzuhören. Er erfüllte gegen sie auf's Strengste die Pflichten der Höflichkeit, aber mit der Grazie und Unmittelbarkeit eines Automaten mit eigens dafür eingerichteten Bewegungen. Mrs. Aouda wußte nicht recht, was sie von ihm halten sollte, aber Passepartout gab ihr in Kürze Auskunft über das sonderbare Wesen seines Herrn. Sie lächelte ein wenig; aber sie verdankte ihm ihr Leben, und ihr Retter konnte dadurch nichts verlieren, daß sie ihn mit dankbarem Auge ansah.
    Mrs. Aouda bestätigte die rührende Geschichte, welche der Hinduführer von ihr erzählt hatte. Sie gehörte allerdings der Race an, welche unter den Eingeborenen den ersten Rang behauptet. Manche parsische Kaufleute haben durch Baumwollenhandel in Indien großes Vermögen erworben. Ein solcher, Sir James Iejeebhoy, war von der englischen Regierung in den Adelstand erhoben worden, und Mrs. Aouda war eine Verwandte dieses reichen Mannes, welcher zu Bombay wohnte. Und eben einen Vetter des Sir Iejeebhoy, den ehrenwerthen Jejee, wünschte sie zu Hongkong aufzusuchen. Ob sie Zuflucht und Beistand bei ihm finden würde, konnte sie nicht behaupten. Herr Fogg antwortete hierauf, sie möge nur ganz ruhig sein, es werde sich Alles mathematisch genau regeln! So pflegte er sich auszudrücken.
    Ob die junge Frau diesen horribeln Ausdruck verstand, muß dahingestellt bleiben. Doch ruhten ihre großen Augen auf denen des Herrn Fogg, ihre großen Augen, die so klar waren, wie die heiligen Seen des Himalaya! Aber der spröde Herr Fogg, so zugeknöpft wie jemals, schien nicht ein Mann zu sein, der fähig wäre, sich in diesen See zu stürzen.
    Dieser erste Theil der Fahrt des Rangoon verlief unter vortrefflichen Umständen. Das Wetter war leidlich. Diese ganze Partie des unermeßlichen Bengalischen Busens war der raschen Fahrt günstig. Der Rangoon bekam bald Groß-Andaman in Sicht, die Hauptinsel der Gruppe, welche durch das [100] malerische, zweitausendvierhundert Fuß hohe Gebirge Saddle-Peack den Seefahrern weithin kenntlich ist.
    Man fuhr längs der Küste ziemlich nahe vorbei. Die wilden Papua's der Insel ließen sich nicht sehen. Es sind zwar Geschöpfe, die auf der untersten Stufe menschlicher Bildung stehen, aber Menschenfresser sind sie doch nicht.
    Die Inseln bildeten ein prachtvolles Panorama. Im Vordergrunde war es mit ungeheurer Waldung, Pisang, Areka, Bambus, Muskat, Thekbäumen, riesenhaften Mimosen, baumartigen Farrenkräutern bedeckt, und den Hintergrund bildeten zierliche Gebirgssilhouetten. Die

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