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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Küsten wimmelten von Tausenden köstlicher Salanganen, deren eßbare Nester im himmlischen Reich ein beliebtes Gericht bilden. Aber dieses bunte Schauspiel, welches die Andamanengruppe den Blicken darbot, flog schnell vorüber, und der Rangoon fuhr rasch der Straße von Malacca zu, um durch dieselbe in's Chinesische Meer zu gelangen.
    Was trieb während dieser Fahrt der Agent Fix, den sein Unstern in diese Rundfahrt fortgerissen hatte?
    Nachdem er zu Calcutta Auftrag gegeben, daß ihm der Verhaftsbefehl, wenn er endlich ankomme, nach Hongkong nachgeschickt würde, war es ihm gelungen, sich, ohne von Passepartout bemerkt zu werden, an Bord des Rangoon einzuschiffen, und er hoffte wohl seine Anwesenheit auf demselben bis zur Ankunft des Packetbootes geheim zu halten. Es wäre ihm in der That auch schwer gewesen, über den Grund seiner Anwesenheit an Bord sich auszusprechen, ohne bei Passepartout, der glauben mußte, er sei zu Bombay geblieben, Verdacht zu erregen. Aber die Logik der Umstände brachte ihn doch dazu, die Bekanntschaft mit dem braven Jungen wieder anzuknüpfen. Wie das kam, wird sich gleich zeigen.
    Alle Hoffnungen, alle Wünsche des Polizei-Agenten waren jetzt auf einen einzigen Punkt concentrirt, Hongkong; denn das Packetboot hielt zu kurze Zeit bei Singapore an, um in dieser Stadt etwas vornehmen zu können. Es mußte also zu Hongkong die Verhaftung erfolgen, oder der Dieb entwischte ihm ohne Möglichkeit seiner habhaft zu werden.
    Hongkong war in der That noch der einzige Fleck englischen Landes auf der ganzen Reise. Weiter hinaus boten China, Japan, Amerika dem Herrn Fogg eine sichere Zuflucht. Zu Hongkong aber, wenn er endlich den ihm [101] nachgesendeten Verhaftsbefehl bekäme, wollte Fix die Verhaftung Foggs vornehmen, und ihn der Localpolizei überliefern. Damit hatte es keine Schwierigkeit. Aber über Hongkong hinaus reichte ein bloßer Verhaftsbefehl nicht hin. Es mußte eine förmliche Auslieferung stattfinden, welche Zögerungen und Hindernisse aller Art mit sich führte, die der Schurke benutzen konnte, ihm definitiv zu entrinnen. Konnte die Verhaftung zu Hongkong nicht stattfinden, so würde es, wo nicht unmöglich, doch höchst schwierig sein, sie mit irgend einer Aussicht auf Erfolg noch vorzunehmen.
    »Also, sagte sich Fix wiederholt, während ihm in seiner Cabine die Zeit lang ward, also, entweder der Verhaftsbefehl wird zu Hongkong sein, und ich fasse meinen Mann ab, oder er ist noch nicht da, und dann muß ich um jeden Preis seine Abreise verhindern! Ich bin mit meinem Plane zu Bombay durchgefallen und zu Calcutta! Wenn ich zu Hongkong meinen Zweck verfehle, so ist mein Ruf dahin! Koste es, was es wolle, jetzt muß ich zum Ziel. Aber was kann ich machen, um nöthigenfalls die Weiterreise dieses verfluchten Fogg zu hindern?«
    Wenn alles sonst fehlschlüge, war Fix entschlossen, dem Passepartout alles zu offenbaren, ihn seinen Herrn, dessen Schuld er sicherlich nicht theilte, kennen zu lehren. Wäre Passepartout über den Sachverhalt aufgeklärt, so müsse er, aus Besorgniß für mitschuldig angesehen zu werden, ohne Zweifel mit ihm, Fix, gemeine Sache machen. Doch war dies immer ein gewagtes Mittel, das nur in Ermangelung jedes andern angewendet werden dürfe. Passepartout könnte ja durch ein einziges Wort bei seinem Herrn den Handel gänzlich verderben.
    Der Polizei-Agent war demnach in äußerster Verlegenheit, als die Anwesenheit der Mrs. Aouda an Bord des Rangoon in Gesellschaft Phileas Fogg's ihm eine neue Perspective eröffnete. Wer war diese Frau? Welches Zusammenwirken von Umständen hatte sie zur Begleiterin Fogg's gemacht? Offenbar waren sie zwischen Bombay und Calcutta mit einander in Verbindung gekommen. Aber auf welchem Punkte der Halbinsel? Sollte der Zufall das jugendliche Weib an Phileas Fogg's Seite geführt haben? Im Gegentheil, war es nicht Zweck dieser Reise durch Indien, mit dieser reizenden Person zusammen zu kommen? denn reizend war sie doch gewiß! Fix hatte sie im Verhörsaal zu Calcutta wohl bemerkt.
    Man begreift, wie sehr der Agent von Neugierde gestachelt sein mußte. [102] Er fragte sich, ob nicht eine verbrecherische Entführung dabei im Spiele gewesen. Ja! Das mußte wohl der Fall sein! Dieser Gedanke setzte sich im Gehirn unseres Fix fest, und er sah wohl ein, welchen Vortheil er aus diesem Umstande ziehen konnte. Mochte diese junge Frau verheiratet sein, oder nicht, eine Entführung fand statt, und es war möglich, dem Entführer zu Hongkong

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