Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
keine Zeit. Gegen Abend sah man auch einige Robben zwischen den Blöcken schwimmen.
Am 22. sank die Temperatur noch mehr; der Forward verstärkte seinen Dampf, um günstige Fahrwege zu gewinnen; der Wind war entschieden NordWest geworden; die Segel wurden eingezogen.
Während dieses Tages, der ein Sonntag war, hatten die Matrosen wenig zu manoeuvriren. Nach dem von Shandon verrichteten Gottesdienst beschäftigte sich die Mannschaft mit der Jagd auf Weißmäntel, und fing deren viele. Diese Vögel lieferten, gehörig zubereitet, ein angenehmes Gericht für die Tafel.
Um drei Uhr Nachmittags hatte der Forward nordöstlich Kin de Sael erreicht, und das Gebirge Sukkertop lag südöstlich; die See ging sehr hohl; von Zeit zu Zeit senkte sich ein ungeheurer Nebel unvermuthet vom granen Himmel herab. Doch konnte zu Mittag eine genaue Beobachtung gemacht werden, und es zeigte sich, daß das Schiff sich unter 65°20’ Breite, und 51°22’ Länge befand. Man mußte noch um zwei Grad weiter vorwärts dringen, um bessere Fahrt auf freiem Meer zu bekommen.
Während der drei folgenden Tage, am 24., 25. und 26. April, hatte man beständig mit den Eisblöcken zu kämpfen; die Behandlung der Maschine wurde sehr ermüdend.
Im dichten Nebel konnte man die Annäherung der Eisberge nur am dumpfen Getöse erkennen, welches von den Lawinen herrührte; dann wendete das Schiff sogleich; man kam in Gefahr, wider Eismassen aus süßem Gewässer zu stoßen, welche an der Durchsichtigkeit und einer Felsen gleichen Härte zu erkennen waren. Richard Shandon versah sich zur Ergänzung seines Trinkwassers täglich mit einigen Tonnen solchen Eises.
Der Doctor konnte sich nicht an die optischen Täuschungen gewöhnen, welche die Strahlenbrechung in diesen Gegenden erzeugte; in der That, mancher Eisberg, der zehn bis zwölf Meilen von der Brigg entfernt war, kam ihm wie eine kleine weiße Masse in nächster Nähe vor.
Endlich war die Mannschaft, theils durch das Fortziehen des Schiffes längs der Eisfelder, theils durch das Fernhalten drohender Blöcke vermittelst langer Stangen vor Ermüdung fast erschöpft, und doch war Freitags, den 27. April, der Forward noch auf der Linie des Polarkreises zurückgehalten.
Achtes Capitel.
Gespräche der Mannschaft.
Inzwischen gelang es dem Forward, indem er geschickt in den Fahrwassern durchglitt, einige Minuten weiter nördlich zu dringen; aber anstatt dem Feind auszuweichen, mußte man bald ihn angreifen; Eisfelder von mehreren Meilen Umfang waren im Anzuge, und da diese Massen in Bewegung oft einen Druck von mehr als zehn Millionen Tonnen darstellen, so mußte man sich sorgfältig hüten, nicht erdrückt zu werden. Es wurden daher im Innern des Schiffes Eissägen hergerichtet, dergestalt, daß sie unverzüglich in Anwendung gebracht werden konnten.
Ein Theil der Mannschaft ließ sich diese harten Arbeiten philosophisch gefallen, aber Andere beklagten sich, oder wollten gar den Gehorsam verweigern. Als man zur Herrichtung der Instrumente schritt, tauschten Garry, Bolton, Pen und Gripper ihre verschiedenen Ansichten.
»Beim Teufel! sagte munter Bolton, es kommt mir, ich weiß nicht wie, der Gedanke, daß es in Waterstreet eine hübsche Schenke giebt, wo man zwischen einem Glas Gin und einer Flasche Porter nicht übel beisammen sitzt. Du siehst das von hier aus, Gripper?
– Die Wahrheit zu sagen, entgegnete der Matrose, der im Allgemeinen meist übler Laune war, ich versichere Dich, daß ich das von hier aus nicht sehe.
– Es ist nur eine Redensart, Gripper; es ist wohl klar, daß es in den Schneestädten, welche Herr Clawbonny bewundert, nicht das kleinste Wirthshaus giebt, worin ein braver Matrose sich mit einigen Gläschen Branntwein erquicken könnte.
– Darüber kannst Du wohl sicher sein, Bolton; und Du könntest wohl noch beifügen, daß man nicht einmal hier sich gehörig erquicken kann. Eine sonderbare Idee, den in den Nordmeeren Reisenden jeden geistigen Trunk zu versagen!
– Schön! erwiderte Garry, hast Du denn vergessen, Gripper, was Dir der Doctor gesagt hat? Man muß sich jedes aufregenden Getränkes enthalten, wenn man dem Scorbut widerstehen, sich gesund halten und weit fahren will.
– Aber ich begehre nicht weit zu fahren, Garry, und ich finde, daß es schon etwas Schönes ist, bis hierher gekommen zu sein, dann kann man sich weigern dahin vorzudringen, wohin der Teufel nicht leiden mag, daß man dringe.
– Ei nun, man wird es auch nicht thun, versetzte Pen. Wenn ich
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