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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Der Doctor wachte die Nacht über bei Simpson. Der Scorbut ergriff den Unglücklichen mit voller Heftigkeit, und seine Leiden preßten ihm fortwährende Klagelaute durch die geschwollenen Lippen.
    »Ach, Herr Clawbonny!
    – Muth, Muth, mein Junge! sagte der Doctor.
    – Ich komme nicht wieder mit zurück; ich fühle es, denn ich ertrage das nicht länger. Ich möchte lieber sterben!«
    Seinen verzweifelten Klagen begegnete der Doctor mit verdoppelter Sorge; obgleich selbst angegriffen von den Mühsalen des Tages, bereitete er dem Kranken doch in der Nacht mehrere beruhigende Getränke; aber auch der Citronensaft war ohne alle Wirkung und trotz aller Einreibung breiteten sich die scorbutischen Erscheinungen mehr und mehr aus.
    Den folgenden Morgen mußte der Arme wieder auf den Schlitten gebracht werden, trotz seiner Bitten, ihn allein zurück und in Frieden sterben zu lassen. – Dann nahm man den abscheulichen Weg mitten durch immer wachsende Hemmnisse wieder auf.
    Die eisigen Nebel durchkälteten die drei Männer bis auf die Knochen; Schnee und Graupeln schlugen ihnen in’s Gesicht; sie dienten mit als Saumthiere und hatten nicht einmal ausreichende Nahrung.
    Duk, der seinem Herrn ähnlich, kam und ging, aller Ermüdung spottend, immer munter, und suchte schon von selbst den besten Weg auszuspüren, so daß man sich auf seinen wunderbaren Instinct völlig verließ.
    Am Morgen des 23. Januar, bei fast völliger Finsterniß, denn es war Neumond, war Duk wie gewöhnlich voraus. Aber Stunden vergingen, bevor er wieder sichtbar wurde. Hatteras wurde darüber desto unruhiger, da der Boden zahlreiche Spuren von Bären zeigte; schon war er unschlüssig, welchen Weg er nehmen sollte, als sich ein lautes Bellen vernehmen ließ. Hatteras beschleunigte den Gang des Schlittens und bald fand man auch das treue Thier in der Tiefe eines Hohlwegs.
    Duk stand wie versteinert und bellte vor einer Art Cairn, der aus einigen jetzt mit Eis überzogenen kalkigen Steinen errichtet war.
    »Dieses Mal ist es aber ein Cairn, sagte der Doctor, während er schon seinen Zugriemen löste, das ist keine Täuschung.
    – Und was nützt er uns? fragte Hatteras.
    – Wenn es ein Cairn ist, Kapitän, so kann er für uns sehr kostbare Documente bergen; vielleicht enthält er Nahrungsmittel, und das lohnte schon allein die Mühe der Untersuchung.
    – Und welcher Europäer könnte bis hier hinauf gekommen sein? fragte Hatteras mit Achselzucken.
    – Wenn es keine Europäer waren, können es nicht Eskimos gewesen sein, die diese Zuflucht errichteten und darin von der Beute ihres Jagd-oder Fischzugs niederlegten? Sie pflegen es ja, so viel ich weiß, gewöhnlich zu thun.
    – Nun gut, überzeugen Sie sich, Clawbonny, sprach Hatteras, aber ich fürchte sehr, Sie werden sich eine vergebliche Mühe machen.«
    Clawbonny und Bell begaben sich mit Aexten bewaffnet nach dem Cairn.
    Duk bellte wüthend weiter. Die Kalksteine waren zwar fest durch Eis verbunden, aber einige Schläge genügten doch, sie loszulösen.
    »Da ist sicher Etwas drinnen, sagte der Doctor.
    – Ich glaube es nun auch«, war Bell’s Antwort.
     

    Hatteras findet Spuren von Vorläufern. (S. 236.)
     
    Schnell zerstörten sie das kunstlose Bauwerk. Bald fanden sie eine Höhlung; in dieser lag ein ganz feuchtes Papier. Klopfenden Herzens ergriff es der Doctor. Hatteras kam nun auch hinzu, nahm es und las:
    »Altam …, Porpoise , 13. December 1860. 12° Länge, 8..°35’ Breite …
    – Der › Porpoise! ‹ sagte der Doctor.
    – Der › Porpoise! ‹ wiederholte Hatteras. Ich kenne kein Schiff dieses Namens, das diese Meere beführe.
    – Es ist klar, erwiderte der Doctor, daß Seefahrer, vielleicht Schiffbrüchige, vor weniger als zwei Monaten hier gewesen sind.
    – Ganz ohne Zweifel, meinte Bell.
    – Was sollen wir thun? fragte der Doctor.
    – Unsern Weg fortsetzen, erwiderte kaltblütig Hatteras; ich kenne kein Schiff Namens Porpoise, aber ich weiß, daß die Brigg Forward unsere Rückkehr schmerzlich erwartet.«
Einunddreißigstes Capitel.
Simpson’s Tod.
    Die Reise wurde wieder aufgenommen; neue, ungewohnte Gedanken ergriffen Alle, denn ein Zusammentreffen mit Anderen ist in jenen Polargegenden ein hochwichtiges Ereigniß. Hatteras runzelte voll Unruhe die Stirn.
    »Der Porpoise! sprach er zu sich selbst, was ist das für ein Schiff, und was führt es hierher, so nahe zum Pole?«
    Bei diesen Gedanken überlief ihn ein Schaudern. Der Doctor und Bell ihrerseits überdachten nur

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