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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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begann der Doctor seinen Theil der Nachtwache; in einer Ecke des kleinen Raumes stützte er sich auf den Ellenbogen, als schwere Klagen Simpson’s ihn aufmerksam machten. Er erhob sich, diesem beizustehen, stieß sich dabei aber unsanft an die Eisdecke des Gemachs; ohne darauf besonders zu achten, beugte er sich über den Leidenden, um dessen angeschwollene und blau angelaufene Glieder zu frottiren. Als er sich davon nach einer Viertelstunde erheben wollte, stieß er sich nochmals so heftig, obwohl er damals auf den Knieen lag.
    »Das ist doch sonderbar«, sprach er zu sich.
    Forschend hob er die Hand über den Kopf, die Decke senkte sich merklich.
    »Großer Gott! rief er, schnell auf, Ihr Freunde!«
    Hatteras und Bell sprangen rasch empor und stießen sich ebenfalls gegen den Kopf; es herrschte die tiefste Finsterniß.
     

    »Wir werden hier erdrückt! sagte der Doctor, hinaus! Schnell hinaus!«
    Alle verließen, Simpson durch den Eingang fortschleppend, den gefährlichen Ort. Es war höchste Zeit; krachend stürzten bald die Eisblöcke, welche nicht gut aufeinander lagen, zusammen.
    So waren die Bedauernswerthen, ohne Schutz vor der heftigen Kälte, auf’s Neue der Wuth des Sturmes preisgegeben. Hatteras versuchte das Zelt aufzuschlagen, doch vermochte es der Gewalt des Windes nicht zu widerstehen, und so blieb Nichts übrig, als sich noch selbst unter die Leinenstücken zu flüchten, welche bald von einer dicken Schneelage überweht waren. Doch verhinderte dieser Schnee, durch den ihre Eigenwärme nicht ausstrahlen konnte, mindestens, daß sie selbst zu Eis erstarrten.
    Erst am Morgen ließen die Windstöße nach; als sie die jetzt nur knapp gefütterten Hunde wieder einspannten, sah Bell, daß drei von ihnen schon ihr Riemenzeug angenagt hatten; zwei schienen ernstlich krank und konnten nicht weiter fort.
    Trotz alledem mußte die Karawane wohl oder übel ihren Weg wieder aufnehmen; noch sechzig Meilen waren bis zu dem in’s Auge gefaßten Punkte zurückzulegen.
    Am 26. rief Bell, der voranschritt, plötzlich die Anderen herbei; zu nicht geringem Erstaunen sahen sie ein Gewehr an eine Eiszacke gelehnt.
    »Eine Flinte!« rief der Doctor aus.
    Hatteras prüfte sie; sie war in gutem Zustande und noch geladen.
    »Die Mannschaft des Porpoise muß hier in der Nähe sein«, meinte der Doctor.
    Hatteras erkannte, daß die Waffe amerikanischen Ursprungs sei; seine Hand erfaßte krampfhaft den beeisten Lauf.
    »Vorwärts! Vorwärts!« sprach er mit dumpfer Stimme.
    Weiter ging es die Bergabhänge hinunter. Simpson schien alles Gefühles beraubt; kein Klagelaut ertönte von ihm; er war schon zu schwach dazu.
     

    Der Sturm dauerte fort; aber immer langsamer kam der Schlitten voran; nur wenige Meilen legte man in vierundzwanzig Stunden zurück, und trotz der strengsten Eintheilung gingen die Nahrungsmittel erschreckend zu Ende; aber so lange noch etwas über die für die Rückreise berechnete Menge übrig war, trieb Hatteras vorwärts.
    Am 27. fand man, fast verweht vom Schnee, einen Sextanten und später eine Kürbisflasche; diese enthielt Branntwein, oder vielmehr ein Eisstück, in dessen Mitte der Alkohol des Getränkes sich in einem Schneeballe concentrirt hatte; der Fund erschien werthlos.
    Offenbar folgte Hatteras unwillkürlich den Spuren einer traurigen Katastrophe; er schlug eben den einzigen überhaupt gangbaren Weg ein und traf so auf Trümmer eines schrecklichen Schiffbruchs.
    Der Doctor spähte nach Kräften, ob er nicht wieder einen Cairn gewahren könne; aber vergeblich.
    Trübe Gedanken peinigten den Kapitän; wenn er die Hilflosen, welche hier gewesen waren, entdeckte, welche Hilfe konnte er ihnen leisten? Ihm selbst und seinen Begleitern begann es schon an Allem zu fehlen; ihre Kleidung ging in Stücken, ihre Nahrung zu Ende. Waren jene Schiffbrüchigen zahlreich, so kamen sie Alle durch Hunger um. Hatteras wünschte sie offenbar lieber zu vermeiden. Hatte er nicht ein Recht dazu, er, von dem das Wohl aller seiner Begleiter abhing? Durste er, wenn er noch Fremde mit an Bord brachte, die Sicherheit Aller auf’s Spiel setzen?
    Aber diese Fremden waren ja auch Menschen, waren Ihresgleichen, vielleicht gar Landsleute! So schwach auch die Hoffnung auf ihre Rettung war, durfte man sich ganz darüber wegsetzen? Der Doctor suchte Bell’s Meinung darüber zu erfahren; aber dieser schwieg; seine eigenen Leiden schnürten ihm das Herz zu. Clawbonny wagte gar nicht, Hatteras zu fragen, und so ergab er sich

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