Reiterhof Birkenhain 07 - Raetsel um das braune Fohlen
Reitschüler waren oben eingetroffen und banden ihre Pferde draußen zum Putzen an.
Die ersten Artgenossen, die das kleine Fohlen sah. Hell wiehernd fegte es zum Gatter und drückte die Stirn ans Tor. Sally hinterher, sie wich nicht von der Seite ihres Babys.
Die Schulpferde waren völlig aus dem Häuschen. Das erste Mal sahen sie das Pferdejunge, von dem sie bisher nur die Witterung aufgenommen hatten.
Vor allem Flecken-Paula war kaum zu beruhigen. Luisa versuchte es mit Leckerli und Möhren - nichts zu machen. Die Knabstrupper Stute wirkte wild entschlossen notfalls den Pfosten aus dem Boden zu reißen, um zu dem Pferdekind zu gelangen. Ihr Wiehern drang bis in den letzten Winkel des Reiterhofs.
Eifersüchtig drängte sich Sally zwischen Gatter und Fohlen. Kein anderes Pferd sollte sich in den ersten Tagen dem Neugeborenen nähern. Schon gar keine Stute! Ein Urinstinkt. Erst muss das Fohlen seine Mutter ganz genau kennen. Bei wilden Pferden ist das lebenswichtig, denn nur so findet ein Junges seine Mutter in der Herde wieder.
Auch die anderen Pferde waren nicht wieder zu erkennen. Normalerweise dösten sie zufrieden beim Putzen und interessierten sich nicht für ihre Umgebung. Aber heute!
Traber Rocky, der sonst beim Putzen Connys Taschen nach Leckerli absuchte, hatte heute nur Augen für das Fohlen. Sehnsüchtig starrte er zur Weide. Ab und zu holte er tief Luft und seufzte. Conny blieb die Spucke weg. Wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass Rocky ein männliches Pferd war, hätte Conny seinen Gesichtsausdruck mütterlich genannt.
Aber egal, welches Pferd man anguckte - alle wollten zum Fohlen. King Louis, die Friesen Ankum und Brinkum, Fuchsi, Turbo, Lotta, Cherie, Nappo, Santana, die Ponys Leo und Popcorn und die Fjordpferde Oie und Kalle.
In einem fort zerrten die Pferde an den Stricken und scharrten mit den Hufen. Lotta und Cherie wieherten in einem halblauten Singsang, der nicht aufhörte. King Louis und die Fjordies schnaubten durchdringend.
Es herrschte eine derartige Unruhe, dass Herr Jensen von der Wiese herüberrief: »Bringt die Pferde wieder in den Stall. Sally dreht sonst durch.«
Die meisten Vierbeiner waren schon zurück in die Boxen gebracht, da passierte es.
Als Luisa den Strick vom Anbindering löst, spielt Flecken-Paula total verrückt. Mit aller Macht zieht sie Luisa am Strick hinter sich her, über den Hof auf den Paddock, der direkt an Sallys Weide grenzt.
Sally sieht die Stute auf sich zukommen, legt die Ohren an und droht mit gebleckten Zähnen. »Bleib weg von meinem Kind!«, heißt das. Sie stellt sich vor das Fohlen, damit Paula keine Chance hat, es zu sehen. Das alles spielt sich in Sekunden ab. So rasant, dass Jule und Kai Jensen gar nicht so schnell herbeieilen können.
»Bleib doch stehen, Paula ... bitte!«, ruft Luisa verzweifelt.
Sie zerrt und zieht am Strick, aber ohne Erfolg. Gegen 500 Kilo Pferd hat sie keine Chance. Paula windet sich, buckelt und wirft den Kopf hin und her.
Plötzlich steht das Fohlen auf dem Paddock. Schmal und klein, wie es ist, konnte es sich zwischen Tor und Pfosten hindurchschlängeln.
Sally wiehert verzweifelt und voller Panik. Ihr Kind ist weg!
Da kommt Bastian durch den Sand des Auslaufs gerannt. Sofort erkennt er die gefährliche Lage und schaltet blitzschnell. Mit beiden Armen umschlingt er das strampelnde Fohlen. Halb schiebt Bastian es über den Paddock, halb trägt er es zu Sally.
Im nächsten Moment rennt er zurück und hilft Luisa. Zu zweit bekommen sie die herumspringende FleckenPaula in den Griff und führen sie in ihre Box.
Jetzt sind Jule und Kai Jensen bei Sally. Die Stute zittert vor Aufregung, auch jetzt noch, als sie ihr Fohlen längst wieder bei sich hat.
»Hoffentlich schlägt ihr das nicht auf den Magen«, sagt Herr Jensen sorgenvoll. »Stress ist nichts für junge Mütter.«
Der Stallbesitzer hatte seine Mutterstute richtig eingeschätzt. Während Flecken-Paulas Temperament im Stall wieder abkühlte, beruhigte sich Sally überhaupt nicht in der Box. Kai Jensen sah sich das kurz an, dann bestellte er den Tierarzt.
Als Theo eintraf, ging es Sally schlecht. Sie schwitzte und schien Bauchschmerzen zu haben.
»Kolik durch Stress«, stellte Dr. Teichmüller fest. »Aber erst im Anfangsstadium. Das haben wir bald wieder.« Er gab Sally eine Beruhigungsspritze.
Noch jemand war die Hektik auf den Magen geschlagen - Jule. Mit gekrümmtem Oberkörper hockte sie während der Untersuchung vor der Box und presste die Arme
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