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Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)

Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)

Titel: Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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denn nichts anderes war ich. Es durfte nur niemand einen Blick in meinen Kühlschrank werfen, in dem die Beutel mit menschlichem Blut lagerten, die ich unter einem gefälschten Krankenhausnamen von einer Blutbank bestellte.
    Blut ist mein Lebenselixier. Ich benötige es derart dringend, dass ich nachts auf der Suche nach Beute durch die Straßen ziehen würde, wenn ich es nicht käuflich erwerben könnte. Ich hatte seit Jahrzehnten keine Jagd auf Menschen gemacht, aber ich wusste, dass ich mich ohne meine wöchentliche FedEx-Lieferung wieder in ein barbarisches Monstrum verwandeln würde – in das grauenerregende Wesen, das in meinem Innern hauste und sich danach sehnte hervorzubrechen.
    Schluss mit diesen scheußlichen Grübeleien! Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Jade, meine Malamute-Hündin, hatte wie ein geduldiger Wachposten im Flur gelegen und begrüßte mich nun bellend. Ich streichelte über ihren Rücken, während sich meine Augen blinzelnd an das gedämpfte Licht gewöhnten. Die undurchdringliche Dunkelheit meines Verstecks war dem Halbdunkel meiner Wohnung gewichen, in der eine einzelne 40-Watt-Birne lange Schatten warf und eine düstere Atmosphäre verbreitete. Die Phantasmagorie meiner Träume hatte der Realität Platz gemacht. Allerdings waren selbst meine Alpträume mir im Augenblick lieber als das, was mich an diesem Abend noch erwartete. Denn inzwischen erinnerte ich mich auch daran, was die Stimme auf dem Anrufbeantworter noch gesagt hatte: Alarmstufe Rot.
    Alarmstufe Rot bedeutete, dass ein Terrorangriff auf die Vereinigten Staaten kurz bevorstand. Ging es um einen Anschlag mit Biowaffen wie Milzbrand oder Pocken? Oder eine Bedrohung durch Atomwaffen? Oder etwas noch Schlimmeres? Ich wusste es nicht, aber es half nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Die alltäglichen Dinge des Lebens hatten immer noch Vorrang vor einer nationalen Katastrophe: Ich musste mit Jade Gassi gehen.
    Ich betrat mein Schlafzimmer, in dem ich zwar nicht schlief, aber meine Kleidung aufbewahrte, und zog eine Jeans und ein schwarzes Sweatshirt an. Dann schlüpfte ich in meine Ugg Boots, fuhr einmal kurz mit der Bürste durch die Haare und griff nach einem Ledermantel mit großen Seitentaschen. Schließlich entließ ich meine weiße Ratte Gunther, die die ganze Zeit über lautstark in ihrem Käfig vor sich hin gezetert hatte, aus ihrem Gefängnis. Er sprang auf meine Hand, lief meinen Arm entlang und machte es sich auf meiner Schulter bequem. Er kam immer gern mit beim Gassigehen. Früher hatte er immer in den Taschen seines Vorbesitzers gesessen, eines achtzigjährigen Kunsthändlers, der sich dank einer mörderischen Axt nun in vielen kleinen Stücken im Jenseits aufhielt. Sobald wir auf die Straße traten, verlagerte Gunther seinen Standort also von meiner Schulter in eine der beiden Manteltaschen. Mir war aufgefallen, dass die Leute, wenn ich mit einem großen Hund spazieren ging und der Kopf einer weißen Ratte aus meiner Manteltasche lugte, eher auf die Tiere starrten als auf mich. Zudem hielten die meisten dadurch respektvoll Abstand, was mir sehr gelegen kam.
    Mein Naturell und die äußeren Umstände machen mich zu einer Einzelgängerin. Es ist nahezu unmöglich, als Vampir eine intime Beziehung zu führen, weswegen ich mich seit vierhundert Jahren einsam fühle. Selbst die kurze Zeit, die ich mit meinem letzten Freund, Darius, zusammen verbracht hatte, erwies sich als problematisch. Der Sex mit ihm war großartig. Ich liebte das Kuscheln auf dem Sofa oder das Füßeln an der Theke in der Küche, während wir Kaffee tranken. Ich liebte auch seinen Geruch und den Klang seiner Stimme. In vielerlei Hinsicht passten wir jedoch überhaupt nicht zusammen. Ich hasste es, seine nassen Handtücher vom Badezimmerboden aufheben oder seinen Kaffeebecher spülen zu müssen, den er einfach irgendwo abstellte. Ich weiß, das sind Kleinigkeiten, die vermutlich allen Männern zu eigen sind. Doch es passte mir überhaupt nicht, dass Darius derart in meine Privatsphäre eindrang. Vielleicht war ich in meinen Gewohnheiten bereits zu festgefahren. Sieh es ein, dachte ich, dein Motto lautet »Ex und hopp«. Du wirst niemals eine perfekte Hausfrau sein.
    Als ich mit meinen Tieren durch die Glastüren des Gebäudes auf die vom Feierabendverkehr verstopften Straßen Manhattans trat, traf mich die kalte Abendluft mit voller Wucht. Nach einigen milden Tagen, die bereits den Frühling angekündigt hatten, hatte

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