Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
Vom Netzwerk:
Schritte wieder, und Steven flüsterte: »Komm mit.« Tief geduckt eilten wir, so schnell wir konnten, in den Flur. Ich hielt den Atem an, als ich Bills Rücken sah, der gerade nach links ins Arbeitszimmer ging.
    Steven zerrte mich hastig weiter, und wir flitzten in die Küche. Ich folgte ihm hinter die Kücheninsel, und zusammengekauert horchten wir wieder auf Schritte. Sehr schwach konnte man sie vom anderen Ende des Hauses vernehmen.
    »Wenn ich dir ein Zeichen gebe«, sagte Steven, »rennen wir durch die Hintertür raus. Du rennst durch den Wald zu Mirabelle.«
    »Und was machst du?«
    »Ich lenke Bill von dir ab. Dann nehme ich die andere Abzweigung, die zu Willis. Das gibt dir hoffentlich genug Zeit, um dich in Sicherheit zu bringen und Hilfe zu rufen.«
    »Aber –«, protestierte ich.
    »Nein«, sagte Steven eisern. »Tu, was ich sage, M.J. Geh zu Mirabelle und warte dort auf mich.«
    Ich sah ihn unschlüssig an. Ich hielt den Plan für bescheuert. Wir mussten beide zu Mirabelle, die hatte auch eine Kanone, und zwar eine mit deutlich mehr Power als dieses Pistölchen, das Bill da hatte. Doch Stevens Blick war unerbittlich, und schließlich nickte ich. »Na gut. Auf dein Zeichen …«, murmelte ich – da ging wie aufs Stichwort dicht neben uns ein vertrautes Getöse los.
    »Oh Scheiße! Der verdammte Aufzug!«, zischte ich. Schon hörten wir Bills Schritte energisch näher kommen. Steven richtete sich halb auf und zog auch mich am Kragen hoch. Keine zwei Meter links von uns öffneten sich langsam die Aufzugtüren. Die Tür nach draußen schien viel weiter weg zu sein. Bill kam viel zu schnell näher, als dass wir es noch dorthin schaffen könnten, wurde mir mit zunehmender Verzweiflung klar. Steven erkannte das wohl auch, denn mit einem vielsagenden Blick stieß er mich weg von der Küchentür und zwängte mich mehr oder weniger in den breiter werdenden Spalt der Aufzugtür. Eine Sekunde später hatte auch er sich durchgezwängt und presste sich sofort seitlich an die Wand. »Drück den Knopf!«, flüsterte er, und ich tat es. Glücklicherweise stoppte der Öffnungsvorgang sofort, und der Spalt begann sich zu verkleinern.
    Da zerriss ein lauter Knall die Luft, und etwas zischte dicht neben mir vorbei. »Runter!«, schrie Steven und kauerte sich zusammen.
    Ich machte es ihm nach, als ein zweiter Schuss fiel – und ich sah, wie ein Ruck durch Stevens Hand ging. Er sank zu Boden. Ich hieb panisch auf die Schalttafel des Aufzugs ein. Endlich schlössen sich die Türen ganz, dann ging ein Ruck durch den alten Aufzug, und wir bewegten uns nach oben. Der dritte Schuss schlug eine Beule in die Tür, dann hörte ich einen kolossalen Schmerzensschrei von draußen.
    Steven hielt seine Hand umklammert, aus der in rhythmischen Stößen das Blut pumpte. Ich kniete mich neben ihn. »Oh Gott! Du bist getroffen!«
    Stevens Gesicht war schmerzverzerrt, und er atmete schwer. »Wir müssen die Blutung stoppen«, sagte er. »M. J., zieh mir das Hemd aus, zerreiß es. Du musst mir die Wunde verbinden.«
    Mit einem Blick auf sein weißes Gesicht war mir klar, dass ich es nicht wagen würde, ihm das Hemd auszuziehen und seine Schmerzen zu verschlimmern. Ich schlüpfte aus den Ärmeln meines Pullovers, streifte mir mein Top über den Kopf und zog den Pulli wieder über. Dann riss ich an der Seitennaht des Tops, bis sie nachgab. Ich nahm die Zähne zu Hilfe, um den Stoff mittendurch zu reißen, bis ich einen schönen langen Streifen hatte.
    »Welches Stockwerk hast du gedrückt?«, fragte Steven durch die zusammengebissenen Zähne.
    »Das zweite. Wir sind noch eine Weile unterwegs«, sagte ich mit einem Blick auf die Anzeige über den Schaltknöpfen, deren Zeiger sich allmählich dem ersten Stock näherte. »Gut, dass dieses Ding so ewig braucht«, fügte ich hinzu, knüllte den Rest des Tops zusammen und löste Stevens gesunde Hand sanft von der verletzten. Er sog durch die Zähne die Luft ein. Vom Anblick dessen, was zum Vorschein kam, wurde mir schwindelig, aber ich schluckte die Übelkeit hinunter, presste das zusammengeknüllte Top auf das klaffende Loch auf seinem Handrücken und wickelte den Streifen fest darum.
    »Er wird uns schon erwarten«, sagte Steven mit kalkweißem Gesicht und Schweiß auf der Stirn.
    Ich verknotete den Streifen. »Da bin ich mir nicht so sicher. Der Kerl scheint nicht der Hellste zu sein. Die letzte Kugel ist abgeprallt. Vielleicht hat sie ihn selbst erwischt.«
    »Ich lenke ihn ab«, sagte Steven.

Weitere Kostenlose Bücher