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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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niederen Existenzebene, wo sie Kraft schöpfen und ihre Bösartigkeit weiter schüren können. Man kann ihnen nur beikommen, indem man ihnen den Zugang zu unserer Ebene versperrt, das heißt, man muss das Portal schließen.«
    »Okay«, sagte Cassandra nickend. »Ich glaube, ich kann Ihnen folgen.«
    »Und um es zu schließen, muss man mittels Magneten eine Barriere schaffen, denn die bringen das elektromagnetische Feld des Portals durcheinander. Die Stifte, die ich benutzt habe, sind stark magnetisch. Die sollten verhindern, dass dieser üble Kerl jemals wieder irgendwen belästigt.«
    »Aber wie soll ich einem potenziellen Käufer erklären, dass da Stifte in der Wand stecken?«, fragte Cassandra.
    »Sie holen einfach einen Handwerker, der sie überpinselt. Sie sind tief in der Wand drin; ein bisschen Gips und Farbe, und kein Mensch wird mehr ahnen, dass sie da sind.«
    Cassandra wirkte erleichtert. »Gut, das lässt sich machen«, sagte sie schmunzelnd. »Noch was?«
    »Nein. Das ist dann alles. Das Haus ist blitzblank und geisterfrei. Sie sollten jetzt keine Probleme mehr damit haben. Aber falls doch, hier ist meine Karte.« Ich reichte sie ihr. »Und wenn Sie hören sollten, dass jemand unsere Dienste brauchen kann, würde ich mich freuen, wenn Sie uns weiterempfehlen würden.«
    »Natürlich.« Mit strahlendem Lächeln nahm sie die Karte. »Vielen Dank, M.J., ich werde mich gleich um einen Handwerker kümmern.«
    Ich verabschiedete mich von Cassandra und joggte zu meinem Auto, wobei ich noch einen Blick auf die Uhr warf. Langsam wurde es wirklich knapp.
    Ein paar Meter vor dem Auto drückte ich auf den Türöffnerknopf. Das Auto begrüßte mich mit einem Hupsignal, und von drinnen kam das gleiche Geräusch noch mal, nur leiser. »Ich komme, Doc«, rief ich und spähte durch die Scheibe. Mein Graupapagei saß auf dem Lenkrad und nickte aufgeregt, als ich nach dem Türgriff fasste. Ich glitt auf den Fahrersitz. »Na, was ist, Doc?«
    »Doc will Schokopops! Alles Banane!«, gab er zurück, schlug dabei mit dem roten Schwanz und nickte heftig.
    »Du bist auch total banane«, sagte ich, strich ihm über das Köpfchen und startete den Motor.
    Ich hatte Doc mit zwölf Jahren von meiner ziemlich exzentrischen Großmutter Pearl zu Weihnachten bekommen – drei Monate nachdem meine Mutter an Krebs gestorben war. Das sechs Monate alte Papageienjunge war ein schlauer Trick von Oma gewesen, um mich ein Stück aus meinem Schneckenhaus zu holen, denn ich hatte seit dem Tod meiner Mutter kein Wort mehr gesprochen.
    Noch heute hallen die Worte in mir wider, mit denen Oma Pearl mir das kleine Plappermaul geschenkt hat. »Mary Jane«, sagte sie damals, während sie den Käfig öffnete und vor meinen staunenden Augen den Papagei herausholte, »das hier ist eine ganz besondere Papageienart. Die Tierchen können eine lebenslange Bindung mit einem Menschen eingehen, aber dazu muss man sie sehr, sehr respektvoll und freundschaftlich behandeln. Er wird bald anfangen zu sprechen, also musst du das mit ihm üben. Pass aber auf, dass du ihm nur anständige Wörter beibringst. Denn wenn ein Graupapagei ein Wort einmal gelernt hat, vergisst er es nie wieder.« Bei den letzten beiden Sätzen blinzelte sie mir zu, weil sie genau wusste, dass ich zu der Sorte Kinder gehörte, die sich nie im Leben freiwillig an solche Ermahnungen halten würden.
    Ich nannte den Papagei nach einem alten Verwandten von mir, dem berüchtigten Dr. John Henry Holliday, der bei der Schießerei am O.K. Corral beteiligt und Wyatt Earps bester Freund gewesen war. Doc Holliday war mein Ururgroßonkel, und ich rede mir gern ein, dass ich meine rebellischen Gene von ihm geerbt habe.
    Jenes Jahr war insgesamt eine sehr wichtige Zeit für mich gewesen, denn nicht nur hatte ich meine Mutter verloren und Doc bekommen, ich lernte damals auch Gilley Gillespie kennen, meinen besten Freund und Geschäftspartner. Am ersten Schultag, als ich mich auf dem Schulhof herumtrieb, bemerkte ich einen Jungen, der mit zwei G. I.-Joe-Figuren spielte. Und wie er das tat, faszinierte mich sofort. Ich beobachtete ihn eine Weile, und als er die Figuren aneinanderdrückte und dabei Kussgeräusche machte, wusste ich, dass ich ihn kennenlernen musste.
    Innerhalb von fünf Minuten waren wir die besten Freunde. Gilley war es dann auch, der mich überredete, noch vor der Highschool-Abschlussparty dem Hinterland von Georgia, wo wir aufgewachsen waren, den Rücken zu kehren und uns den Lichtern der

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