Renner & Kersting 03 - Mordsgier
koreanischen Blumentöpfen auf der Fensterbank und den ägyptischen Götterbildern über der Spüle. Obwohl eigentlich nichts zusammenpasste, schien trotzdem alles irgendwie zusammenzugehören. Während er sich auf seinem gewohnten Hocker niederließ, schaltete Helga den Wasserkocher an.
»Ja, vor drei oder vier Jahren. Tee oder Kaffee?«
»Tee, bitte.« Er lehnte sich zurück, wobei er mit dem Rücken an den Schrank stieß. »Es geht um Folgendes: Gibt es oder kennst du einen besonderen mexikanischen Kaffee?«
Helga lachte. »Klar, Café de olla. Hat der etwa mit einem neuen Fall zu tun?«
Kersting nickte. »Du müsstest eigentlich mitbekommen haben, dass dein Kollege Wohlfang am Montag zusammengebrochen ist.«
Sie unterbrach ihn. »Warst du deswegen heute Morgen in der Schule? Ich dachte, ich hätte dich von Weitem gesehen, war mir aber nicht sicher und konnte es mir auch nicht vorstellen.«
Da die Grundschule endlich saniert wurde, hatten Schüler und Lehrer ausziehen müssen. Einige Klassen waren in anderen Grundschulen untergebracht, die dritten in der Hauptschule und die vierten im Gymnasium. Ursprünglich hatte das Kollegium gehofft, noch vor Weihnachten in ihr altes Gebäude zurück zu können, doch die Arbeiten zogen sich – wie üblich – länger hin als vorgesehen.
»Nein«, fuhr Helga dann fort. »Wir haben nichts mitbekommen. Unsere drei Klassen sind unten im Keller untergebracht, mit winzigen Fenstern zur Schulhofseite. Da sieht und hört man nichts. Falls mal ein Feuer ausbrechen sollte ... besser nicht drüber nachdenken. Sie haben einen Teil des Schulhofes extra für die Kleinen abgesperrt, was heißt, dass wir dort auch Aufsicht führen müssen. Und weil wir im Lehrerzimmer, äh, eher geduldet als willkommen geheißen werden, sind wir meist zu dritt draußen, oder, wenn das Wetter schlecht ist, treffen die anderen beiden sich in einem Klassenraum.«
Als Klaus sie verständnislos anschaute, holte sie etwas weiter aus. »Nun ja, einige dieser Doktoren haben uns deutlich zu verstehen gegeben, dass unsere Ausbildung ja nur ein Schmalspurstudium sei und wir nicht einmal fähig seien, unsere Schüler vernünftig auf ihren weiteren Lebensweg, sprich Gymnasium, vorzubereiten. Da haben wir es halt vorgezogen, keine Reibungsflächen zu bieten und uns im Lehrerzimmer so wenig wie möglich blicken zu lassen. Gestern erfuhren wir dann vom Hausmeister, dass ein Lehrer einen Herzanfall hatte. Aber ... es war wohl kein Herzanfall, wie?«
»Nein, es war Gift und vermutlich seiner ganz speziellen Kaffeemischung beigefügt. Deswegen bin ich hier.«
Sein Auftauchen im Gymnasium heute Morgen hatte nervöse Unruhe verursacht. Der Direktor hielt Mord für ausgeschlossen. An seiner Schule gab es so etwas nicht! Doch schließlich musste auch er sich den Fakten beugen. Eine erste allgemeine Befragung der Lehrer, die sich in der Pause im Lehrerzimmer aufhielten, verlief wie erwartet. Selbstverständlich war Wohlfang ein guter Lehrer gewesen und selbstverständlich auch ein freundlicher und hilfsbereiter Kollege. Jeder mochte ihn, die Schüler eingeschlossen, und es gab überhaupt keinen Grund, ihm etwas anzutun – behauptete einstimmig das Kollegium. Fast einstimmig. Einige wenige hielten sich bei den allgemeinen Lobeshymnen auffallend zurück. Der Polizist hatte sich Namen und Gesichter gemerkt und würde sie später einzeln ins Büro vorladen. Erfahrungsgemäß wurden manche Zeugen gesprächiger, wenn man sie allein befragte, noch dazu in offizieller Atmosphäre. Wirklich interessant war nur Wohlfangs Marotte, ausschließlich seine eigene, ganz besondere Kaffeemischung zu trinken.
»Seitdem der mal in Mexiko war, trank er nur noch dieses abscheuliche Gebräu«, wusste Frau Doktor Meeren, die Geografie und Geschichte unterrichtete. »Den Kaffee kaufte er extra in Holland, weil er dort schärfer gebrannt wird, aber was sonst noch hineinkam weiß ich nicht. Ich habe einmal an dem Gesöff gerochen, das reichte mir.« Sie schüttelte sich demonstrativ.
Die anderen Kollegen nickten zustimmend. Niemand wusste genau, was die Mischung enthielt, aber es hatte auch keinen wirklich interessiert.
»Also, falls er tatsächlich vergiftet wurde und es feststeht, dass er das Gift kurz vor seinem Tod zu sich nahm, dann kann es nur in dem Kaffee gewesen sein«, meinte ein anderer Kollege. »Keiner von uns rührte seine Dose an. Und die ist unverwechselbar.« Er zeigte auf eine alte, messingfarbene Blechdose, die mit Herzen
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