Replay - Das zweite Spiel
Verabredung in der West Side.«
»In Ordnung. Ich… ich seh dich Dienstag.«
Jeff legte auf und spürte, wie bleich und mitgenommen er aussah. »Das war… ein alter Freund vom College. Martin Bailey«, log er und verabscheute sich dafür.
»Ja, klar, dein Stubenkamerad. Stimmt etwas nicht?« Lindas Besorgnis war aufrichtig.
»Er und seine Frau haben schlimme Probleme. Es sieht so aus, als würden sie sich scheiden lassen. Er ist ziemlich durcheinander deswegen, muss mit jemandem sprechen. Ich fliege für ein paar Tage nach Atlanta, mal sehen, ob ich ihm helfen kann.«
Linda lächelte, unschuldig, voller Mitgefühl, doch Jeff empfand keine Erleichterung darüber, dass sie ihm die improvisierte Lüge so bereitwillig abkaufte. Er fühlte sich schuldig, so sehr, dass es ihm beinahe körperlich wehtat. Und um das Schuldgefühl noch schlimmer zu machen, verspürte er ein nicht zu leugnendes Hochgefühl angesichts der Aussicht, in drei Tagen mit Pamela zusammenzutreffen.
18
J eff fuhr um zwanzig nach zwei mit dem Aufzug von seinem Zimmer im Pierre hinunter, wandte sich nach links und ging am grauen italienischen Marmor mit den Messingintarsien vorbei, der den Eingang zum Cafe markierte. Er fand einen ruhigen Tisch am Ende der langen, schmalen Bar, bestellte einen Drink und wartete nervös, unablässig den Eingang beobachtend. So viele seiner Erinnerungen waren mit diesem Hotel verbunden: Er und Sharla hatten sich 1963 hier den Großteil jener entscheidenden Baseballmeisterschaft angesehen, ziemlich zu Anfang seiner ersten Wiederholung, und im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hatte er wiederholt hier übernachtet, am häufigsten mit Pamela.
Sie spazierte fünf Minuten vor drei herein. Ihr glattes blondes Haar war genau so, wie er es in Erinnerung hatte, und das galt auch für ihre Augen. Die üppigen Lippen hatte sie in einem Ausdruck von wohlvertrautem Ernst zusammengepresst, doch ohne die bittere, niedergeschlagene Verkniffenheit, die ihr Mund in den letzten Jahren in Maryland angenommen hatte. Sie trug zierliche, zu den Augen passende Smaragdohrringe, einen weißen Fuchspelz … und ein hellgraues, stilvoll geschnittenes Umstandskleid. Pamela war im fünften oder sechsten Monat schwanger.
Sie kam zu seinem Tisch, umfasste Jeffs Hände und hielt sie einen langen, stillen Augenblick lang fest. Er senkte den Blick und bemerkte den schlichten goldenen Ehering.
»Willkommen zurück«, sagte er, als sie ihm gegenüber Platz nahm. »Du … siehst wundervoll aus.«
»Danke«, erwiderte sie zurückhaltend, den Blick auf die Tischplatte gesenkt. Ein Ober kam, sie bestellte ein Glas Weißwein. Das Schweigen dauerte an, bis der Wein gebracht wurde. Sie trank davon, dann begann sie die Cocktailserviette zwischen den Fingern zu reiben.
Jeff erinnerte sich und lächelte. »Hast du vor, sie zu zerreißen?«, fragte er leichthin.
Pamela blickte auf, erwiderte sein Lächeln. »Vielleicht«, sagte sie.
»Wann …«, setzte er an und brach wieder ab.
»Wann, was? Wann das Replay begonnen hat, oder wann ich niederkomme?«
»Beides, nehme ich an. Womit du immer anfangen möchtest.«
»Ich bin seit zwei Monaten wieder da.«
»Ich verstehe.« Diesmal wandte er sich ab, starrte auf das goldene Teegebäck vor den Satinvorhängen.
Pamela langte über den Tisch und berührte seinen Arm. »Ich konnte mich nicht dazu überwinden anzurufen, verstehst du? Nicht nur wegen der Differenzen, die wir letztes Mal hatten, sondern … deswegen. Das war ein gewaltiger emotionaler Schock für mich.«
Er entspannte sich, sah ihr wieder in die Augen. »Tut mir Leid. Das kann ich mir vorstellen.«
»Ich war in einem Laden für Kinderbekleidung in New Rochelle, Babysachen kaufen. Mein kleiner Sohn, Christopher - er ist drei - war bei mir. Und dann fühlte ich meinen Bauch, und ich wusste Bescheid und … brach einfach zusammen. Ich fing an zu schluchzen, und das machte Christopher natürlich Angst. Er brach in Tränen aus und rief: Mammi, Mammi…«
Pamelas Stimme brach, und sie tupfte sich die Augen mit der Serviette ab. Jeff nahm ihre Hand, streichelte sie, bis sie sich wieder gefasst hatte.
»Das ist Kimberly, mit der ich schwanger bin«, sagte sie schließlich ruhig. »Meine Tochter. Sie wird im März zur Welt kommen. Am achtzehnten März 1976. Es wird ein wunderbarer Tag sein, eigentlich mehr wie Ende April oder Anfang Mai. Ihr Name bedeutet ›von der prächtigen Wiese‹, und früher hab ich immer gesagt, sie habe den Frühling
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