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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Seemonsters, seine geblähten Nüstern und gelben Zähne, die sich rot färbten. Ich musste an das knackenden Geräusch denken und spürte, wie Übelkeit in meinem Magen aufstieg. Maloneys Bewegungen wurden schlaffer. Seine Hand vermochte den Hirschfänger nicht mehr zu halten, und er fiel klirrend neben mir aufs Deck. Als ich ihn kalt schimmernd dort liegen sah, wurde mir bewusst, dass ich es ebendieser Waffe zu verdanken hatte, dass ich noch am Leben war. Ohne sie wäre das Ungeheuer nicht zurückgekehrt. Aber in einem Punkt hatte ich mich geirrt. Mokéle verabscheute nicht die Waffen um ihrer selbst willen, denn dazu fehlte ihm der Sachverstand. Er verabscheute den Gedanken des Tötens, der damit einherging.
    Mit Schrecken verfolgte ich, wie der Jäger in die Tiefe gezogen wurde.
    Stille senkte sich über den See. Die letzten Wellen verebbten und hinterließen eine Fläche, die das Licht des Mondes wie ein blank polierter Kelch reflektierte.
    Wie in einem Traum verließ ich das Floß, bestieg das Schlauchboot und setzte mich neben den Außenborder. Ich packte das Starterseil und wollte es gerade ziehen, da bemerkte ich die Ausrüstungsgegenstände, die Maloney mitgenommen hatte. Und mit einem Mal wurde ich wieder klar im Kopf. Da lag eine Taucherausrüstung. Maloney hatte sie wohl mitgenommen, um für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein und seinem Feind notfalls auch unter Wasser begegnen zu können. Mein Blick wanderte vom Neoprenanzug hin zu der pechschwarzen Oberfläche des Sees und wieder zurück. Und plötzlich formten sich Sarahs Worte auf meinen Lippen. Wenn du das Geheimnis lösen willst, musst du noch einmal hinabtauchen, hatte sie gesagt. Es war ein Gedanke, der so aberwitzig war, dass ich ihn in meinem früheren Leben sofort wieder verworfen hätte. Aber dies hier war eine neue Welt. Und es war ein neues Leben. Ich zog mich aus, schlüpfte in den Gummianzug und setzte meinen Plan in die Tat um.
     
    *
     
    Etwa zwei Stunden später legte ich wieder am Ufer an. Ich hatte zwar meine Uhr verloren, aber am Stand des Mondes erkannte ich, dass Mitternacht vorüber sein musste. Das Camp lag ruhig und verlassen da. Ich bog um Maloneys Zelt und bemerkte einen schwachen Lichtschimmer, der aus dem Vorratszelt drang. Mein Blick durchforschte die Dunkelheit auf der Suche nach Elieshi, die hier irgendwo an einen Baum gefesselt war.
    »Elieshi?«
    Mein Ruf blieb unbeantwortet.
    »Elieshi, wo bist du?«
    Keine Antwort. Mit einem unguten Gefühl im Magen, beschloss ich, mir erst eine Lampe zu besorgen, ehe ich mich auf die Suche nach ihr machte. Hoffentlich kam ich nicht zu spät. Ich eilte zum Zelt und schlug die Eingangsplane zurück.
    »Keine Bewegung!« Der Befehl kam so unvermutet, dass ich wie festgefroren stehen blieb.
    »Hände über den Kopf!«
    »Elieshi?« Ich musste zwinkern, um mich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen.
    »David?« Eine Gestalt löste sich aus einem Winkel des Zeltes und trat vor die Lampe. Ich sah ein Gewehr in ihrer Hand, doch am Klingeln der Zöpfe erkannte ich, dass es die Biologin war.
    Und auch sie schien mich erst jetzt zu erkennen. »David!« Ich hörte einen Freudenschrei, und dann spürte ich nur noch Arme um meinen Hals und Küsse in meinem Gesicht. Es dauerte einen Moment, ehe sie sich wieder von mir löste. Ihr Gesicht war tränennass. Doch dann wich sie ein Stück zurück und betrachtete mich, als hätte sie ein Gespenst gesehen.
    »Was ist mit deinem Gesicht geschehen? Was ist mit deinen Augen?«
    »Ich kann wieder sehen.«
    Sie wischte sich mit ihrem schmutzigen Ärmel die Tränen aus den Augen. »Was?«, ein trockenes Lachen entfuhr ihr. »Wie ist das möglich? Ich meine … du warst blind, ich habe es selbst gesehen.«
    »Sagen wir doch einfach, es war ein Wunder.«
    »Du redest von Wundern? Ausgerechnet du?«
    Ich nickte. »Die Welt scheint voll davon zu sein. Man muss nur lernen, sie zu sehen.«
    »Und Maloney?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er hat es nicht geschafft. Aber ehe ich die Geschichte erzähle: Wie geht es dir? Wie hast du dich befreit?«
    »Das war nicht ich.« Sie nahm mich an der Hand und führte mich in den hinteren Teil des Zeltes, wo ich ein kleines Lager aus Kleidungsstücken und Decken erblickte. Darauf lag Egomo. Er hatte einen blutigen Verband um die Schulter und starrte mich ungläubig an. Er war am Leben.
    »Wie ist das nur möglich«, flüsterte ich, als ich mich neben ihn setzte und seine Hand ergriff.
    »Ich kam nicht mehr dazu, dir

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