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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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hatten Fenwick genau das Gegenteil klargemacht, als er eingetroffen war, und nur der Loyalität von Cooper und seinen Kripo-Freunden von West Sussex hatte er es zu verdanken, dass er überhaupt einen gewissen Einfluss auf die Vorkehrungen in der Kathedrale nehmen konnte. Hundert Bemerkungen lagen ihm auf der Zunge, aber sie blieben unausgesprochen. Der Assistant Chief Constable musste als Verbündeter behandelt werden, wenn sie Octavias Leben retten wollten.
    «Es scheint schwierig, in der momentanen Situation mehr zu integrieren, Sir. Aber vielleicht könnte Campbell noch sechs bis acht Leute im Inneren postieren und den Rest als Kokon um die Kathedrale herum postieren, nahe genug, dass sie als Verstärkung zur Verfügung stehen, falls etwas passiert.»
    Harper-Brown betrachtete Fenwick mit neuem Respekt; es hatte nicht die Spur von «Ich habe es ja gleich gesagt» in seiner Stimme mitgeklungen und auch kein Verdruss darüber, dass er nicht das Kommando hatte.
    «Die Scharfschützen kommen jeden Moment, ebenso die kugelsicheren Westen für alle Beamten. Ich habe genehmigt, dass alle qualifizierten Schützen Waffen ausgehändigt bekommen. Ich nehme an, Sie möchten auch eine?»
    «Nein, ich nicht, Sir.»
    Der Assistant Chief Constable sah sich in dem riesigen Bauwerk um. Suchhunde drehten ihre letzte Runde; Polizeibeamte standen an sämtlichen Türen, sogar vor den verschlossenen und verriegelten; einige Scharfschützen hatten schon an Schlüsselpositionen im Kirchenschiff, auf dem Chorgestühl und dem Triforium Stellung bezogen, ebenso die vom Verteidigungsministerium abkommandierten Spezialisten, von denen nur Harper-Brown, Campbell und Blite wussten. Er war entzückt gewesen, als ein alter Schulfreund, der eine hohe Position im Ministerium einnahm, ihm Unterstützung angeboten hatte. Er wusste, Fenwick würde es nicht gefallen, daher hatte er es ihm gar nicht erst gesagt. Glücklicherweise waren die Männer so gut getarnt, dass sie nicht auffielen. Nicht einmal er selbst konnte sie von den Musikern und ihren Assistenten unterscheiden. Blite war äußerst hilfreich gewesen, was die Spezialisten anging, und hatte die Vorteile sofort gesehen. Insgesamt waren es acht Leute an strategischen Punkten. Sie konnten da, wo sie standen, alle potenziellen Verstecke einsehen, ebenso einen großen Teil von Publikum und Orchester. Sie standen miteinander und mit Campbell durch unauffällige Funkgeräte in Verbindung.
    Hektische Aktivität am Haupteingang kündete von der Ankunft der Solisten. Octavia Anderson kam herein und schüttelte den Regen von einem großen Schirm. Sie lachte; Nightingale war bei ihr. Sie war warm angezogen, feine schwarze Wollhosen und ein flauschiger, feuerroter Kaschmirpullover, über dem sich ihr elfenbeinfarbenes, von dem dichten schwarzen Haar umrahmtes Gesicht abhob. Regentropfen funkelten auf den dunklen Locken, als sie unter den grellen Lichtern dahinschritt, die Kirchenschiff und Bühne anstrahlten. Ihre Größe und fremdartige Schönheit machten sie zu einer imposanten Gestalt. Aber was die Leute wirklich fesselte und in den Bann zog, war ihre Präsenz. Die Künstlerin in ihr machte selbst den kurzen Gang durch das Kirchenschiff zu einer Darbietung, die ihr Publikum für sie einnahm. Sie ging direkt zum Dirigenten und begrüßte ihn wie einen alten Freund. Er tänzelte geschmeichelt und ergriffen um sie herum, küsste ihr die Hand, hielt ihre schlanken Finger in seinen pummeligen Fäusten und stellte sie dem Veranstalter und dem Chordirigenten vor, in deren Augen sein Ansehen auf der Stelle gewachsen war. Der Chor applaudierte zur Begrüßung, und als die anderen Solisten ihre Plätze einnahmen, senkte sich eine erwartungsvolle Stille hernieder.
    «Ich hatte keine Ahnung, dass sie so eine Schönheit ist.» Der Assistant Chief Constable sprach niemanden speziell an. Fenwick, der an Erinnerungen an Mondschein und Kaminfeuer erstickte, konnte nicht antworten.
    Die Generalprobe ging mit vergleichsweise wenig Aufhebens über die Bühne, da die Solisten eine professionelle Zuversicht verströmten, die die Nerven der Amateure beruhigte.
    Neben Octavia wirkte die Mezzosopranistin unglaublich winzig – eins sechzig vielleicht, mit einem pausbäckigen Puttengesicht und einem gemeinen Grinsen. Ihre hellbraunen Locken waren dünn und ohne Spannkraft. Man konnte kaum glauben, dass ihre Stimme der enormen Kathedrale gewachsen sein würde, aber den Anfang des «Kyrie» sang sie grandios.
    Der Tenor war glatt

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