Requiem für eine Sängerin
Zeitarbeitsfirma angerufen und deutlich gemacht, welches Erscheinungsbild und welche Schreibmaschinenkenntnisse er bei der Kraft voraussetzte, die er für drei Wochen einzustellen gedachte. Nach einer Runde von Vorstellungsgesprächen hatte er sich für die Kandidatin entschieden, die das Geld für eine Weltreise verdienen wollte. Er gab ihr eine Einweisung und den Laptop, Einzelheiten über die Kandidatinnen und einen kleinen Vorrat an Broschüren, die er woanders hatte drucken lassen als das Briefpapier. Er hatte im Voraus bezahlt und seine Deckadresse hinterlassen, an die täglich Ausdrucke der Gesprächsnotizen und Kommentare über die Bewerberinnen geschickt werden sollten. Die junge Frau war ganz entzückt gewesen, weil sie bei guter Bezahlung einen interessanten Job in einem eleganten Hotel bekommen hatte. Er hatte ihr einen Erfolgsbonus versprochen, wenn sie schnell geeignete Kandidatinnen fanden. Sie hatte keinerlei Fragen gestellt und schien frei von jeder Neugier.
Er hatte die gesamte Korrespondenz persönlich erledigt, hatte die Zuschriften unter der Adresse im Norden von London abgeholt und die Einladungen zu den Vorstellungsgesprächen getippt. Schließlich hatte er der jungen Frau mehr als ein Dutzend Bewerberinnen geschickt und sie kurz nach dem Kontakt mit der Zielperson und ihren Freundinnen angerufen, um ihr zu sagen, dass die Suche abgeschlossen und ihr Erfolgshonorar unterwegs sei. Auf sein Geheiß hatte sie sämtliche Unterlagen und den Laptop zu der Zeitarbeitsfirma gebracht, wo die Sachen von einem der weniger gut beleumundeten Minicar-Unternehmen abgeholt worden waren. Eine Woche später hatte er den PC, auf dem sämtliche Daten gelöscht waren, in die Schuttmulde eines Bauunternehmens an der Baustelle bei Aldgate geworfen.
Der Laptop wäre streng genommen gar nicht nötig gewesen, aber er hatte bei früheren Gelegenheiten festgestellt, dass es Autorität und Seriosität verströmte, Daten in einen Computer einzugeben. Es war unwahrscheinlich, dass die Polizei den Kauf des Laptops zurückverfolgen konnte – vorausgesetzt, sie stellten überhaupt den Zusammenhang her. Er hatte das Gerät an einem Samstag in einem gut besuchten Computerladen gekauft und bar bezahlt, und es war eines der meistverkauften Modelle gewesen.
Er verzog die Lippen zu einem seltenen Lächeln, als er an die beiden Schönheiten von der Begleitagentur dachte, die, weil er es so vereinbart hatte, zur selben Zeit in dem Hotel aufgekreuzt waren wie sein Opfer. Dabei hatte er eigens darauf bestanden, dass sie viel Wind machen sollten, wenn sie nach der Suite fragten – und erklärt, dass sich in der Halle einige Leute aufhalten würden, die er beeindrucken wollte. Die Damen, daran gewöhnt, Sonderwünsche zu erfüllen, waren pünktlich erschienen. Unglücklicherweise hatten die Gespräche trotz seiner exakten Anweisungen länger gedauert, und er hatte von seinem Beobachtungsposten gleich neben der Rezeption frustriert mit ansehen müssen, dass die beiden Damen mit ihrem Theater schon fertig waren, als die anderen Frauen aus den Lifts kamen. Er war sicher, dass diesen die Vorstellung entgangen war, und das bereitete ihm einen gewissen Verdruss, denn die gut aussehende Konkurrenz hatte die Frauen neidisch und nervös machen sollen. Er wusste, eventuelle Vorbehalte konnte er am besten ausschalten, indem er dafür sorgte, dass sie den Job von ganzem Herzen haben wollten.
Trotz dieses kleinen Rückschlags war der zweite Schritt gut gelaufen. Schritt Nummer drei, die Fotoaufnahmen, die er für den schwierigsten Teil gehalten hatte, waren am leichtesten zu vereinbaren gewesen. Er hatte eine hohlköpfige Drogensüchtige mit einem letzten Rest von angenehmer Sprechstimme gefunden, die am Telefon die Termine verabredete. Sie hatte sich so über das Geld gefreut, dass sie keine Fragen stellte, ihre Rolle spielte und sich dabei auf Mitleid erregende Weise bemühte, ihm zu gefallen. Dann das Studio. Ihm war nicht klar gewesen, wie viele Fotostudios es in London gab. Schließlich hatte er eins in einer guten Gegend nicht weit vom Stadtzentrum gemietet und dem glücklichen Fotografen versichert, es handele sich um ein legitimes Geschäft. Er hatte Honorar und Anweisungen per Kurier zugestellt und im letzten Augenblick erklärt, dass er unterwegs sei und die Aufnahmen leider nicht persönlich überwachen könne. Er wusste, dass die Leute im Studio ihre Aufgabe perfekt gemeistert hatten, hatte er die ganze Sache doch mit gewöhnlichem
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