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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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perfekt bewährt.
    Bislang bislang bislang
    Ich eile alleine zum Frühstück.
    Wenn ich aufwache, sind Tana und Randa immer schon weg. Sie haben immer endlos viel zu tun auf der Krankenstation – sie können nicht nur Verwundete heilen, sondern erfinden auch neue Arzneien und Salben. Wir haben uns selten länger unterhalten, aber einmal erklärte mir Tana, dass manche Energien vollkommen aufgebraucht werden können, wenn wir uns überanstrengen, unsere Körper so erschöpfen, dass sie kollabieren. Die Zwillinge wollen Medikamente zum Einsatz bei Mehrfachverletzungen entwickeln, die sie selbst nicht so schnell heilen können. Sie sind schließlich nur zu zweit. Und ein Krieg scheint unvermeidbar.
    Ich werde immer noch angestarrt, wenn ich den Speiseraum betrete.
    Ich bin eine Skurrilität, abnorm sogar unter den Abnormen. Nach all den Jahren sollte ich mich daran gewöhnt haben. Ich sollte abgebrühter, ungerührter, immun sein gegenüber der Meinung anderer.
    Ich sollte alles Mögliche sein .
    Ich blinzle und versuche locker zu bleiben und tue so, als könnte ich nichts sehen außer diesem einen Punkt, dieser kleinen Stelle an der Wand 15 Meter gegenüber.
    Ich tue so, als sei ich etwas Mechanisches.
    Unbewegte Miene. Reglose Lippen. Rücken gerade, Hände entspannt. Ich bin ein Roboter, ein Geist, der durch die Menschenmenge huscht.
    6 Schritte vorwärts. Noch 15 Tische. 42 43 44 Sekunden, und ich zähle weiter.
    Ich fürchte mich
    Ich fürchte mich
    Ich fürchte mich
    Ich bin stark und mutig.
    Es gibt nur 3mal am Tag Essen: Frühstück zwischen 8.00 und 9.00, Mittagessen von 12.00 bis 13.00 und Abendessen von 17.00 bis 19.00. Für die Abendmahlzeit bekommt man eine Stunde mehr Zeit, sozusagen als Belohnung für fleißiges Arbeiten. Doch die Mahlzeiten hier sind nicht üppig und sinnlich wie bei Warner. Hier stehen wir in einer Schlange, nehmen unsere bereits gefüllten Schalen in Empfang und lassen uns dann an den rechteckigen Tischen nieder, die in parallelen Reihen im Speisesaal aufgestellt sind. Nur das Nötigste, damit nichts verschwendet wird.
    Ich sehe Adam in der Schlange und steuere auf ihn zu.
    68 69 70 Sekunden und weiter zählen.
    »Hey, schönes Mädchen.« Ein weicher Klumpen trifft mich am Rücken. Fällt zu Boden. Ich fahre herum, und die 43 Muskeln, die man zum Stirnrunzeln braucht, bewegen sich.
    Kenji.
    Breites lässiges Grinsen. Onyxfarbene Augen. Noch dunklere glatte Haare, die ihm fransig in die Augen hängen. Er schaut mich an, als hätte ich Klopapier auf dem Kopf, und ich frage mich unwillkürlich, warum ich nicht mehr Zeit mit ihm verbracht habe, seit ich hier bin. Er hat mir, rein technisch betrachtet, das Leben gerettet. Und auch Adam und James.
    Kenji bückt sich und hebt etwas auf, das wie verknotete Strümpfe aussieht. Er betrachtet den Sockenball in seiner Hand, als erwäge er, ihn noch einmal auf mich zu werfen. »Wo willst du hin?«, fragt er. »Ich dachte, wir sind hier verabredet? Castle sagte –«
    »Was soll denn das mit den Socken?«, falle ich ihm ins Wort. »Das hier ist ein Speisesaal.«
    Kenji erstarrt einen Moment, dann verdreht er die Augen. Tritt neben mich und zupft an meinem Pferdeschwanz. »Ich war spät dran und wollte für dich pünktlich sein, Eure Hoheit. Hatte keine Zeit mehr, meine Strümpfe anzuziehen.« Er weist auf seine Stiefel.
    »Das ist aber eklig.«
    »Du hast echt eine komische Art, mir zu sagen, dass du auf mich abfährst.«
    Ich schüttle den Kopf und versuche mir das Grinsen zu verkneifen. Kenji ist ein wandelnder Widerspruch aus einem ernst zu nehmenden Mann und einem vorpubertären Zwölfjährigen. Aber ich hatte ganz vergessen, wie leicht mir das Atmen in seiner Nähe fällt; Lachen ist dann etwas ganz Normales. Ich gehe weiter und bleibe vorerst stumm, aber ein Lächeln spielt um meine Lippen, als ich mir ein Tablett nehme und damit zur Essensausgabe steuere.
    Kenji bleibt an meiner Seite. »Also. Wir sollen heute zusammen arbeiten.«
    »Weiß ich.«
    »Und da marschierst du einfach an mir vorbei? Ohne mich auch nur zu begrüßen?« Er presst die Socken an seine Brust. »Ich bin am Boden zerstört. Dabei habe ich einen Tisch für uns reserviert und alles.«
    Ich werfe ihm einen Blick zu. Gehe weiter.
    Er beeilt sich, Schritt zu halten. »Ganz im Ernst. Weißt du, wie unangenehm es ist, wenn man jemandem winkt, der einen völlig übersieht? Und dann blickt man um sich wie ein Vollidiot, so à la ›nein, ehrlich, ich kenne dieses Mädchen‹,

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