Rette mich vor dir
solltest dich glücklich schätzen, dass ich mit dir zusammensitze. Meine Anwesenheit lässt dich gleich unendlich viel cooler wirken.«
Ich spüre, wie Adam erstarrt, und mische mich ein. »Hey, können wir jetzt mal das Thema wechseln?«
Kenji grunzt. Verdreht die Augen. Schaufelt sich etwas in den Mund.
Ich mache mir Sorgen.
Jetzt, da ich Adam so nahe bin, fallen mir die Müdigkeit in seinen Augen, die gerunzelte Stirn, die verspannten Schultern besonders deutlich auf. Und ich frage mich unwillkürlich, was er hier in dieser Unterwelt durchmacht. Was er mir verheimlicht. Ich drücke seine Hand, und er wendet sich mir zu.
»Bist du auch sicher, dass es dir gut geht?«, flüstere ich. Und es kommt mir vor, als frage ich ihn immer wieder dasselbe.
Seine Miene wird sofort weicher. Er sieht erschöpft, aber auch ein wenig belustigt aus. Seine Hand unter dem Tisch streicht über meinen Oberschenkel, und mir verschlägt es die Sprache. Er küsst mich leicht auf den Kopf, seine Lippen verharren einen Moment dort, und ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Erst danach merke ich, dass er meine Frage nicht beantwortet hat. Er wendet sich ab, starrt auf sein Essen. Nickt schließlich und sagt: »Ja, es geht mir gut.« Doch ich habe noch immer Mühe zu atmen, und seine Hand zeichnet Muster auf mein Bein.
»Ms Ferrars? Mr Kent?«
Als ich Castles Stimme höre, richte ich mich so ruckartig auf, dass ich mir die Hand am Tisch stoße. In Castles Nähe fühle ich mich immer ein bisschen wie ein Schulkind, das sich schlecht benimmt. Adam dagegen wirkt völlig ungerührt. Ich unterdrücke einen Schmerzenslaut und spüre, wie Adam wieder meine Hand ergreift. Er führt sie zu den Lippen und küsst jeden Knöchel einzeln, ohne dabei aufzublicken. Kenji verschluckt sich.
Ich schaue auf.
Castle ist am Tisch stehengeblieben, und Kenji erhebt sich, um sein Geschirr wegzubringen. Er klopft Castle freundschaftlich auf den Rücken, und der lächelt ihn herzlich an.
»Ich komm gleich wieder«, ruft Kenji über die Schulter und hält noch betont schwungvoll den Daumen hoch. »Und lasst die Kleider an, ja? Es sind Kinder anwesend.«
Ich zucke zusammen und schaue Adam an, doch der studiert nur eingehend sein Essen und schweigt.
Ich beschließe, für uns beide zu antworten. Setze ein munteres Lächeln auf. »Guten Morgen.«
Castle nickt, berührt das Revers seines Sakkos. Er wirkt ruhig und kraftvoll. Lächelt mich an. »Ich wollte nur mal kurz Hallo sagen. Freut mich, dass Sie Ihren Freundeskreis erweitern, Ms Ferrars.«
»Oh. Danke. Aber die Idee ist nicht von mir«, sage ich. » Sie haben mir aufgetragen, mit Kenji zusammenzusitzen.«
Castles Lächeln wirkt jetzt etwas angestrengter. »Ja. Gut. Freut mich, dass Sie meinen Rat beherzigen.«
Ich nicke, blicke wieder auf meinen Teller. Adam scheint nicht mal mehr zu atmen. Ich will wieder etwas sagen, als Castle mir zuvorkommt. »Hat Ms Ferrars Ihnen mitgeteilt, dass sie ab jetzt mit Kenji trainieren wird, Mr Kent? Ich hoffe, dass sie dabei schneller Fortschritte machen wird.«
Adam bleibt stumm.
Castle fährt unbeirrt fort. »Ich dachte mir, dass es auch für Sie interessant sein könnte, mit ihr zu arbeiten. Unter meiner Supervision allerdings.«
Adam fährt hoch. »Was meinen Sie damit?«
»Nun –« Castle zögert. Blickt zwischen uns hin und her. »Ich denke, es wäre interessant, Tests mit Ihnen beiden zu machen. Zusammen.«
Adam steht so abrupt vom Tisch auf, dass er sich beinahe stößt. »Unter keinen Umständen.«
»Mr Kent –«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage –«
»Das hat Ms Ferrars zu entscheiden –«
»Ich werde hier nicht darüber sprechen –«
Ich springe auch auf. Adam sieht aus, als wolle er etwas kurz und klein schlagen. Er hat die Fäuste geballt und die Augen verengt; seine Stirn ist angespannt, sein gesamter Körper angriffsbereit.
»Worum geht es überhaupt?«, frage ich.
Castle schüttelt den Kopf. Er spricht nicht mit mir, als er sagt: »Ich möchte nur feststellen, was passiert, wenn Ms Ferrars Sie berührt. Mehr nicht.«
»Sind Sie wahnsinnig –«
»Es geht doch um sie «, erwidert Castle betont ruhig. »Mit Ihren Ergebnissen hat das nichts zu tun –«
»Welche Ergebnisse?«, falle ich ihm ins Wort.
»Ich möchte ihr nur helfen, ihre Wirkung auf unbelebte Materie zu ergründen«, fährt Castle fort. »Bei Tieren und Menschen wissen wir jetzt Bescheid: Eine Berührung reicht aus. Pflanzen scheinen gar nicht auf sie zu
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