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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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Werde sehen, was die Menschen heutzutage ertragen müssen.
    Was meine Eltern durchmachen, wo immer sie auch sein mögen.
    Castle bleibt vor der Tür stehen, die kaum größer ist als ein Fenster. Dreht sich zu uns um. »Wer seid ihr?«, fragt er.
    Niemand antwortet.
    Castle richtet sich zu voller Größe auf. Verschränkt die Arme vor der Brust. »Lily«, sagt er. »Name. Nummer. Sektor und Tätigkeit. Schnell .«
    Lily zieht sich den Schal vom Gesicht. Antwortet mit tonloser Stimme: »Erica Fontaine. 1117-52 QZ . 26 Jahre alt. Wohnhaft in Sektor 45.«
    »Tätigkeit«, sagt Castle leicht ungeduldig.
    »Textilien. Fabrik 19 A - XC 2.«
    »Winston.«
    »Keith Hunter, 4556-65 DS «, äußert Winston rasch. »34 Jahre. Sektor 45. Metall, Fabrik 15 B - XC 2.«
    Kenji wartet nicht, bis er aufgefordert wird. »Hiro Yamasaki, 8891-11 DX . 20 Jahre alt. Sektor 45. Artillerie. 13 A - XC 2.«
    Castle nickt, und der Reihe nach sagen die anderen die in ihren RR -Karten gespeicherten Daten auf. Auf Castles Gesicht tritt ein zufriedenes Lächeln. Dann wendet er sich zu mir, und die anderen starren mich an, warten ab, ob ich es vermasseln werde.
    »Delia Dupont«, sage ich, und die Worte kommen mir leichter über die Lippen, als ich erwartet hatte.
    Wir haben nicht die Absicht, uns erwischen zu lassen, doch das ist eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass wir uns ausweisen müssen; wir müssen unsere Daten im Schlaf beherrschen. Kenji hat auch erklärt, dass die Soldaten aus dem Stützpunkt nicht in unserer Zielgegend eingesetzt würden, so dass uns sicher niemand erkennen würde.
    Dennoch.
    Für alle Fälle.
    Ich räuspere mich. »1223-99 SX . 17 Jahre alt. Sektor 45. Metall, Fabrik 15 A - XC 2.«
    Castle fixiert mich einen langen Moment.
    Dann nickt er. Blickt in die Runde. »Und was«, fragt er, »sind die drei Fragen, die ihr euch stellt, bevor ihr etwas sagt?« Seine Stimme klingt klar und kraftvoll und imposant.
    Wieder bleiben alle stumm. Was aber nicht daran liegt, dass wir die Antwort nicht wüssten.
    Castle zählt an den Fingern ab. »Erstens: Muss das gesagt werden? Zweitens: Muss es von mir gesagt werden? Und drittens: Muss es jetzt sofort von mir gesagt werden?«
    Immer noch herrscht Schweigen.
    »Wir sprechen nur, wenn es absolut unvermeidlich ist«, erklärt Castle. »Wir lachen nicht, wir lächeln nicht. Wir vermeiden Blickkontakt untereinander. Wir lassen uns nicht anmerken, dass wir uns kennen. Wir tun nichts, was Blicke auf uns lenken könnte. Wir fallen nicht auf.« Er hält inne. »Das habt ihr alle verstanden, oder? Ist das klar?«
    Wir nicken.
    »Und wenn etwas schiefläuft?«, fragt Castle.
    »Zerstreuen wir uns.« Kenji räuspert sich. »Wir laufen weg, verstecken uns. Und wir geben niemals, unter keinen Umständen, die Lage von Omega Point preis.«
    Es scheint, als würden wir alle zugleich tief Luft holen.
    Castle schiebt die kleine Tür auf. Späht hinaus, bedeutet uns dann, dass wir ihm folgen sollen. Nacheinander schlüpfen wir durch die Öffnung, so stumm, wie wir es auch draußen sein sollen.
    Fast 3 Wochen lang habe ich mich nur unter der Erde aufgehalten. Es kommt mir vor, als wären es 3 Monate gewesen.
    Der Wind schlägt mir ins Gesicht, vertraut, mahnend. Als wolle er mich bestrafen, weil ich so lange fort gewesen bin.
    Wir befinden uns im Ödland. Die Luft ist eisig und schneidend, dürre Blätter wirbeln herum. Die Äste der wenigen einsamen Bäume zittern im Wind, als flehten sie um Gnade. Ich schaue nach links. Nach rechts. Geradeaus.
    Nichts.
    Castle hatte uns erzählt, dass diese Gegend einst eine üppige Landschaft war. Als er vor vielen Jahren nach einem geeigneten Ort für Omega Point Ausschau hielt, erschien ihm diese Stelle perfekt. Doch inzwischen ist alles verändert. Die Natur selbst hat sich verändert. Und nun kann er das Versteck nicht mehr verlegen.
    Damit müssen wir nun zurechtkommen.
    Dieser Teil der Strecke sei am schwierigsten, sagt Castle. Wir können leicht entdeckt werden, weil Zivilisten hier nichts zu suchen haben. Sie müssen im Bereich der Siedlungen bleiben. Wer auf Sperrgebiet erwischt wird, verstößt gegen das Gesetz des Reestablishment und wird hart bestraft.
    Wir müssen also so schnell wie möglich zu den Siedlungen gelangen.
    Der Plan sieht vor, dass Kenji – der sich unsichtbar machen kann – vorausgeht und überprüft, ob die Luft rein ist. Wir anderen halten Abstand voneinander, damit wir im Zweifelsfall wegrennen können, und folgen Kenji lautlos.

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