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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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habe.
    Und ich wünschte, ich hätte es niemals gesehen.
    Denn etwas in meinem Herzen reißt entzwei, und etwas fühlt sich wie Angst an, es schmerzt wie Grauen, es schmeckt wie Panik und Verzweiflung, und ich weiß nicht, wie ich diese Szene vor meinen Augen deuten soll. Ich möchte Warner nicht so sehen. Ich möchte ihn ausschließlich für einen Unhold halten.
    Das ist alles ganz falsch.
    Ich bewege mich zu hektisch und ungeschickt, verfluche mich, weil ich Zeit vergeudet habe, anstatt den anderen zu folgen. Ich weiß, dass Castle und Kenji mich für dieses leichtsinnige Verhalten bestimmt gerne meucheln würden, aber die können nicht verstehen, was in meinem Kopf vorgeht, sie ahnen nicht, dass –
    »Hey!«, bellt Warner. »Sie da – «
    Ich schaue unwillkürlich auf, merke zu spät, dass ich auf Warners Stimme reagiert habe. Er hat sich aufgerichtet, starrt mich an. Die unverletzte Hand verharrt in der Luft, dann sinkt sie kraftlos herab. Warner ist der Mund offen stehengeblieben; er sieht aus wie vom Donner gerührt.
    Die Worte bleiben ihm im Hals stecken.
    Ich bin wie gelähmt, in seinem Blick gefangen, während er dasteht, heftig atmend, und seine Lippen bestimmt schon mein Todesurteil formen, und das alles wegen meines dummen, leichtfertigen, idiotischen –
    »Auf keinen Fall schreien.«
    Jemand presst mir die Hand auf den Mund.

21
    Ich stehe stocksteif da.
    »Ich lasse dich jetzt los, ja? Und nehme dich an der Hand, okay?«
    Ich strecke die Hand aus, ohne nach unten zu schauen, und spüre eine andere Hand, durch Stoff geschützt, die meine umfasst. Kenji gibt meinen Mund frei.
    »Du bist ja so unfassbar dumm«, sagt er zu mir, aber ich starre immer noch Warner an. Der sich jetzt umschaut, als hätte er einen Geist gesehen. Blinzelt, sich verwirrt die Augen reibt, auf den Hund blickt, als hätte das kleine Tier ihn verhext. Dann streicht Warner sich durch die Haare, ruiniert seine tadellose Frisur und eilt so schnell davon, dass meine Augen ihm kaum folgen können.
    »Was zum Teufel stimmt nicht mit dir?«, sagt Kenji. »Hörst du mir überhaupt zu? Bist du völlig geisteskrank ?«
    »Was hast du grade gemacht? Weshalb hat er nicht – o mein Gott«, keuche ich, als ich an mir herunterschaue.
    Ich bin vollkommen unsichtbar.
    »Bitte, gern geschehen«, faucht Kenji und zerrt mich mit sich. »Und sprich leise. Man kann dich hören, auch wenn du unsichtbar bist.«
    » So was kannst du machen?« Ich versuche zu Kenjis Gesicht zu sprechen, sehe aber nur Luft.
    »Ja – das nennt man Projizieren, weißt du das nicht? Hat Castle dir das noch nicht erklärt?«, fragt er hastig, weil er mich offenbar lieber weiter anblaffen will, als Erklärungen abzugeben. »Nicht jeder kann es, wegen der unterschiedlichen Fähigkeiten. Aber wenn du dich nicht mehr so blöde anstellst und lange genug am Leben bleibst, kann ich es dir vielleicht beibringen.«
    »Du bist wegen mir zurückgekommen«, sage ich und versuche mit seinem schnellen Schritt mitzuhalten. Es macht mir nichts aus, dass er sauer auf mich ist. »Warum?«
    »Weil du dich entsetzlich dumm anstellst«, antwortet er.
    »Ich weiß. Tut mir leid. Ich konnte nicht anders.«
    »Tu was dagegen«, erwidert Kenji schroff und packt mich am Arm. »Wir müssen jetzt rennen, um die vergeudete Zeit aufzuholen.«
    »Wieso bist du zurückgekommen, Kenji?«, frage ich hartnäckig. »Woher wusstest du, dass ich noch dort bin?«
    »Hab dich beobachtet.«
    »Was? Wie –«
    »Ich beobachte dich immer«, antwortet er ungeduldig. »Gehört zu meinem Job. Hab ich schon die ganze Zeit gemacht. Nur deshalb hat Castle mich beauftragt, Warners Armee beizutreten. Du warst meine Mission.« Seine Stimme klingt nüchtern. »Das hab ich dir doch schon mal erzählt.«
    »Moment mal. Was willst du damit sagen? Du beobachtest mich dauernd?« Ich zupfe an seinem unsichtbaren Arm, damit er langsamer geht. »Du folgst mir überall hin? Sogar jetzt noch? Und in Omega Point?«
    Kenji bleibt stumm. Dann sagt er widerstrebend: »So ungefähr.«
    »Aber weshalb denn? Ich bin doch jetzt hier. Damit ist deine Aufgabe erledigt, oder nicht?«
    »Darüber haben wir auch schon mal gesprochen«, sagt Kenji. »Schon vergessen? Castle möchte, dass ich für dein Wohl sorge. Ein Auge darauf habe, dass du nicht psychisch zusammenklappst und so.« Er seufzt. »Du hast viel durchgemacht, und er sorgt sich ein bisschen um dich. Vor allem jetzt, nach den jüngsten Ereignissen. Du machst nicht grade einen guten

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