Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Retter eines Planeten - 16

Retter eines Planeten - 16

Titel: Retter eines Planeten - 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
bestimmt, euch zu lehren, wie ihr gegen das Geschick ankämpfen könnt. Ich glaube nicht, daß ihr dem Tod gleichgültig gegenübersteht.“
Ohne daß ich es mir überlegt hatte, ohne daß ich wußte, was ich tat, lag ich vor ihm auf den Knien und sah hinauf in das ruhige, ernste, abweisende Gesicht des Nichtmenschen.
„Mein Vater“, flehte ich ihn an, „du hast einen sterbenden Mann und ein sterbendes Kind aus einem brennenden Flugzeug gerettet. Die deines Volkes, die beide fanden, hätten sie ausplündern und sterben lassen können. Du hast das Kind gerettet, du hast es in deinem Stamm aufgenommen, es wie einen eigenen Sohn behandelt, es erzogen und ernährt und es voll Liebe behandelt. Als dann der Junge ein Alter erreichte, das ihn vielleicht bei euch unglücklich hätte werden lassen, suchtest du ein Dutzend Leute zusammen, die ihr Leben riskieren mußten, um diesen Jungen zu seinem eigenen Volk zu bringen. Du kannst mir nicht sagen, ich müsse glauben, daß du dem Tod von Millionen meines Volkes gleichgültig gegenüberstehst, wenn das Schicksal eines einzigen Kindes dein Herz rührte.“
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Endlich antwortete der Älteste: „Gleichgültig? Nein! Aber hilflos. Mein Volk stirbt, wenn es die Berge verläßt. Die Luft ist Gift für meine Brüder. Die Nahrung ist falsch. Das Licht blendet und quält sie. Kann ich sie hinausschicken, damit sie leiden und sterben? Es sind meine Brüder, die mich Vater nennen.“
Plötzlich stieg eine Erinnerung, die mein Leben lang tief in mir begraben war, an die Oberfläche. „Höre mir zu, Vater“, drängte ich. „In der Welt, in der ich jetzt lebe, nennt man mich einen weisen Mann. Du brauchst mir nicht zu glauben, nur zuhören sollst du mir. Ich kenne dein Volk. Es ist auch mein Volk. Ich erinnere mich, als du mich wegbringen ließest zu meinem Volk, da boten sich viele Freunde meiner Pflegeeltern an, mit mir zu gehen. Sie wußten, daß sie ihr Leben dabei riskierten. Ich war ein Kind. Ich wußte nicht, welches Opfer sie zu bringen bereit waren. Aber ich sah, wie sie litten, als wir von den Bergen herabstiegen, und ich beschloß…
ich beschloß…“ Mir fiel das Sprechen schwer, so bewegt war ich, so sehr versuchte ich, diese Barrikade der Ablehnung zu durchbrechen. „Ich beschloß, da andere für mich so viel gelitten haben, wollte ich mein Leben damit verbringen, die Leiden anderer zu lindern und zu heilen. Vater, die Terraner nennen mich einen weisen Doktor, einen Mann des Heilens. Ich kann dafür sorgen, daß deine Leute, wenn sie mit uns kommen und uns helfen, die Luft bekommen, die sie atmen können, das Essen, das ihnen zuträglich ist, und daß sie vor dem Licht geschützt werden. Ich bitte dich jetzt nicht, Vater, diesen oder jenen zu schicken. Ich bitte dich nur, sage deinen Söhnen, was ich dir gesagt habe. Wenn ich dein Volk kenne, das für immer auch das meine ist, dann werden sich viele hundert bereit erklären, mit mir zu gehen. Und du bist Zeuge für den Schwur, den ich hier leiste: Ich, als der Pflegesohn deines Volkes, schwöre dir, wenn einer deiner Söhne stirbt, wird dein fremder Sohn sein eigenes Leben dafür geben.“
Diese Worte waren aus mir herausgesprudelt wie eine Flut. Sie waren nicht überlegt, nicht eigentlich und ausschließlich meine Worte. Etwas Unbewußtes hatte mich daran erinnert, daß Jay Allison ein solches Versprechen geben konnte und durfte. Zum erstenmal sah ich, welche Kraft, welches Schuldgefühl, welche Hingabe an seine Arbeit Jay Allison von mir getrennt hatte. Ich blieb vor dem Ältesten knien, und ich schämte mich dessen nicht. Ich schämte mich nur, weil ich so geworden war, wie ich war. Jay Allison war zehnmal mehr wert als ich. Verantwortungslos hatte mich Forth genannt. Ziellos. Launisch.
Welches Recht hatte ich, mein nüchternes ICH zu verachten?
Der Älteste berührte sanft meinen Kopf. „Stehe auf, mein Sohn“, sagte er. Ich werde dir für mein Volk antworten. Und vergib mir meine Zweifel und mein Zögern.“
    *
    Wir schwiegen beide, Regis und ich, als wir den Audienzraum verließen. Dann wandten wir uns gleichzeitig einander zu. Regis sprach zuerst, und seine Stimme klang fast nüchtern: „Jason, das hast du wunderbar gemacht. Ich glaubte nicht, daß er darauf eingehen würde.“
„Es war deine Rede, Regis“, wehrte ich sein Lob ab. Noch immer fühlte ich mich sehr bewegt, aber gleichzeitig packte mich eine fast himmelstürmende Begeisterung: Ich habe es geschafft! Jay

Weitere Kostenlose Bücher