Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
natürlich alle die, die das ganze Buch lesen. Es erzählt vom Innenleben einer Gemeinschaftswährung, die als Star angefangen hat, dann abgestürzt ist, jetzt repariert werden muss, damit sie morgen wieder ein Star sein kann – aber in einer ganz neuen Welt. Das ist eine Achterbahnfahrt, die aufregender nicht sein kann.
I. Neun Gründe, warum der Euro gerettet werden muss
15. Februar 2011 Einer meiner Söhne hat mir die Streitschrift von Stéphane Hessel Indignez vous! geschenkt. Ein 93-jähriger Mann empört sich darin über die Welt. Das Buch ist gerade einmal 29 Seiten lang. Es ist im Selbstverlag erschienen. Es kostet 4 Euro und wurde inzwischen in Frankreich fast eine Million Mal verkauft. Es trifft offenbar einen Nerv. Die Menschen sind unzufrieden. Sie empören sich. Das passiert nicht nur in Frankreich. Es ist auf dem Weg, ein internationales Phänomen zu werden. In Deutschland sind es die »Wutbürger«. In Madrid und in Barcelona saßen »indignados« tagelang auf der Straße und forderten ganz friedlich, aber entschlossen eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. Das hat mir gefallen.
Ich empöre mich darüber, wie die Menschen in Europa im Augenblick mit unserem Geld umgehen. So viel Kritik an unserer Währung, so viel Aggressivität, so viel Oberflächlichkeit und Kurzsichtigkeit bei der Lösung der Probleme habe ich noch nicht erlebt. Das ist gefährlich. Es kann, es darf so nicht weitergehen.
Jetzt ist es aber genug. Es geht um unser Leben. Ich möchte nicht, dass unser Geld kaputt gemacht wird.
Das hat nichts mit plattem Materialismus zu tun. Geld ist nicht nur die EC-Karte oder die Scheine und Münzen im Portemonnaie. Ohne Geld gibt es keine Altersvorsorge. Ohne Geld gibt es keine sicheren Arbeitsplätze. Ohne Geld ist die Stabilität der Gesellschaft in Gefahr. Die zweimalige Zerstörung des Geldes durch eine Währungsreform in den letzten 100 Jahren ist nach wie vor ein Albtraum für die Deutschen. Dabei gibt es kaum mehr einen Menschen, der sie selbst miterlebt hat. Man kann eine Währung nicht so einfach verspielen oder wie ein Hemd wechseln.
Wir sind aber gerade auf dem Weg, das zu tun. Im letzten Jahr hat sich die Kritik an unserer Währung in einer Weise verschärft, die nicht mehr erträglich ist. In Deutschland werden inzwischen fast alle Übel dieser Welt auf den Euro abgeladen. Wir haben kein Geld für Hartz-IV-Empfänger – weil wir zu viel für die Euro-Rettungsschirme ausgeben. Wir können die Steuern nicht senken – weil wir zu viel für Griechenland zahlen. Unsere Einkommen wachsen zu wenig – weil wir nicht genug in die südeuropäischen Nachbarländer exportieren können. Die Preise steigen zu stark – weil die Europäische Zentralbank die Zinsen aus Rücksicht auf die Peripherieländer nicht rechtzeitig erhöht hat.
Die Kritik entzündet sich vor allem an Griechenland, Portugal und Irland. Sie hätten ihre Partner belogen, ihnen falsche Zahlen vorgelegt. Sie könnten nicht mit Geld umgehen. Sie seien faul. Sie gingen zu früh in Rente. Sie vernichteten deutsche Arbeitsplätze, weil sie Unternehmen mit niedrigen Steuern anlockten. Sie erpressten Deutschland, weil sie von ihm immer wieder neue Geldleistungen verlangten.
Eine solche Redeweise ist in einer Gemeinschaft unerträglich. Sie verdreht die Tatsachen. Sie ist sogar ein Spiel mit dem Feuer. Denn sie gewinnt eine Eigendynamik. In Österreich, Finnland, den Niederlanden und Frankreich bilden sich schon »Tea Party«-Bewegungen gegen den Euro. Wenn Sie in Deutschland heute eine Anti-Euro-Partei gründen würden, könnte diese vermutlich auf Anhieb den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde ins Parlament schaffen. Nach dem Politbarometer des ZDF sahen im Sommer 2011 80 Prozent der Menschen die Währung in Gefahr. Nur 17 Prozent zeigten sich unbesorgt.
Wenn wir nicht aufpassen, haben wir am Ende den Super-GAU: Nicht nur, dass wir möglicherweise unsere Kredite an die Schuldnerländer abschreiben müssen, weil wir die Staaten schlechtgeredet haben und niemand ihnen mehr Geld geben will. Auch unsere Währung mit allen unseren Ersparnissen könnte kaputtgehen. Wir müssten uns schleunigst um eine neue kümmern. Zu allem Überfluss wäre dann auch noch die Zusammenarbeit in der Gemeinschaft, in die 60 Prozent unserer Exporte gehen, in Gefahr.
So können wir nicht weitermachen. Wir brauchen den Euro. Er ist eine gute Währung. Es lohnt sich, für ihn zu kämpfen.
Der Euro ist als Zahlungsmittel
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