Rettungskreuzer Ikarus Band 034 - Die Verschwörer
hielten im Essen und bei ihren Unterhaltungen inne, um sich
mit eigenen Augen davon zu überzeugen, was an den Gerüchten, die sich
um Pakcheon und Cornelius rankten, dran war. Ein wenig Klatsch und Tratsch würzten
den oft eintönigen Alltag.
Nicht dass es sich um zwei Männer handelte, machte die Angelegenheit interessant
– schließlich wurde eine Vielzahl verschiedener Beziehungsformen
toleriert; maßgeblich war allein gegenseitiges Einvernehmen und eine gewisse
Diskretion aus Rücksicht auf Außenstehende –, sondern allein
der Umstand, dass es sich bei beiden um illustre Persönlichkeiten handelte:
Cornelius war buchstäblich aus dem Nichts gekommen und wie ein Komet vom
kleinen Attaché zum Botschafter aufgestiegen, während Pakcheon einem
geheimnisvollen Volk angehörte, das bisher keinerlei Kontakt zum Rest der
Galaxis gesucht hatte. Dass gerade diese beiden einander auf Anhieb sympathisch
gefunden hatten, lieferte den gelangweilten Ingenieuren und Computer-Spezialistinnen,
den Reinigungskräften und den Sanitäterinnen und all den anderen willkommenen
Gesprächsstoff. Und seit Cornelius und Pakcheon getrennte Wege gingen umso
mehr.
»Durchaus«, entgegnete Cornelius. »Ich dachte bisher, Ihnen sei die Bedeutung entfallen. Schließlich bemühe ich mich schon seit
Ihrer Ankunft um ein privates Gespräch. Wenn Sie in Ihrem Büro
nur offizielle Besucher empfangen und meine Einladungen an den Privatmann Pakcheon
ablehnen, dann soll es mir hier und jetzt auch recht sein, unser Problem zu
klären. Wie ich Ihnen schon sagte: Ich gebe nicht auf, bis ich weiß,
was für ein Spiel Sie mit uns treiben.«
»Uns?«
Cornelius wählte seine nächsten Worte sorgfältig. »Ich gebe
zu, dass ich mich selber für zu wichtig befunden habe. Wenn Sie unsere
Freundschaft beenden und neue Beziehungen pflegen wollen, werde ich das selbstverständlich
akzeptieren. Dass Sie jedoch die Repräsentanten der verschiedenen Imperien
gegeneinander auszuspielen versuchen und damit die fragilen Allianzen gefährden,
kann ich nicht hinnehmen. Falls Sie aufgrund dessen nicht in den Verdacht geraten
wollen, ein Agent der Outsider zu sein, sollten Sie Ihre weiteren Schritte sehr
genau überdenken. Ich bin Ihr Freund, und als solcher muss ich Sie eindringlich
davor warnen, einen unkorrigierbaren Fehler zu begehen.«
»Vorsicht!«, schnappte Pakcheon. »Den unkorrigierbaren Fehler
machen Sie gerade. Es steht Ihnen nicht zu, sich in meine Angelegenheiten und
die meines Volkes zu mischen oder auch nur Kritik zu üben. Wenn Sie sich
sofort zurückziehen und mich und meinen Gast nicht länger behelligen,
werde ich vergessen, was Sie gesagt haben.«
»Und wenn nicht?«
» Septimus! «
»Pakcheon, warum machen Sie alles unnötig kompliziert? Ich verstehe
das nicht. Ich verstehe Sie nicht. Werden Sie von jemandem unter Druck
gesetzt? Immer mehr glaube ich, dass Sie nicht aus freiem Willen handeln. Erhielten
Sie entsprechende Anweisungen vom vizianischen Senat? Oder hat Detria -«
»Genug!«
Das Klatschen war im ganzen Casino zu hören.
Stille.
Ein entsetztes Keuchen aus mehreren Kehlen folgte.
Cornelius öffnete die Lider, die er für einen längeren Moment
aufeinander gepresst hatte, hob die Hand wie in Zeitlupe und rieb sich die linke
Wange. Ungläubig ..., schockiert starrte er Pakcheon an, der genauso langsam
die Rechte sinken ließ. Für einen Sekundenbruchteil glaubte Cornelius,
dass Erschrecken und Bedauern in den Augen des Vizianers flackerte, aber irgendwie
sah er ... verschwommen. Und wahrscheinlich war das auch nur Wunschdenken, denn
Pakcheons Blick war sogleich wieder eisig.
Cornelius hatte schon die eine oder andere mehr oder minder berechtigte Ohrfeige
in seinem Leben erhalten, doch nie zuvor von einem Mann. Der Schlag war nicht
kräftig gewesen und tat kaum weg. Die implizierte Zurückweisung und
Geringschätzung traf ihn viel mehr.
Er schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter. Sanft fragte er: »Ich
habe Recht, nicht wahr?«
Pakcheon schwieg beharrlich. Das Lid seines rechten Auges zuckte.
Jemand packte Cornelius am Ellbogen. »Es reicht. Kommen Sie, Cornelius.«
Lass uns gehen! Die drängenden Worte stammten von einem Jungen,
der eine Klasse unter ihm war und zu denen gehörte, die bei dem Ball in
die Rolle der Kellner geschlüpft waren.
Cornelius hatte ihm und einigen anderen Nachhilfe in verschiedenen Fächern
gegeben,
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