Rettungskreuzer Ikarus Band 034 - Die Verschwörer
und mit der Zeit hatte er unter den Jüngeren mehr Freunde gefunden
als innerhalb seines eigenen Jahrgangs, wahrscheinlich weil sie ihm im Alter
näher standen. Sie hatten ihn auch vor Celestine gewarnt, doch er hatte
nicht hören wollen. Nun waren sie gekommen, um ihm beizustehen. Aber es
war zu spät.
»Cornelius!«
Die Stimme brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Plötzlich wurde
sich Cornelius der vielen Augen bewusst, die auf ihn gerichtet waren. Er hatte
sich vor halb Vortex Outpost blamiert, und die andere Hälfte würde
es in Kürze auch wissen. Das war ihm jedoch völlig egal. Morgen oder
übermorgen schon würde etwas anderes diese Leute beschäftigen.
Nicht egal war ihm Pakcheon.
Cornelius bemerkte Mitleid in den Mienen der Zuschauer, in wenigen Fällen
auch einen Funken Schadenfreude. Detria schaute betreten zur Seite. Immerhin
bewies er einen gewissen Anstand, denn dieser Eklat war ihm sichtlich unangenehm.
Die Hand auf seinem Arm drückte stärker zu. »Gehen wir, Cornelius.
Machen Sie es nicht noch schlimmer.«
»Es tut mir leid«, murmelte Cornelius und blickte in das verschlossene
Gesicht von Captain Sentenza. »Ich hatte nicht vor, eine Szene zu machen.«
Er wollte den Kopf zur Seite drehen, aber die zweite Hand kam unaufhaltsam auf
ihn zu. Noch eine Ohrfeige? Was soll's ...
Sie korrigierte die schief sitzende Brille.
»Wir gehen«, wiederholte Sentenza.
Cornelius schüttelte Sentenzas Linke ab. Er fühlte sich so elend wie
selten zuvor. »Danke, Captain, ich finde den Weg auch allein. Lassen Sie
meinetwegen Ihr Essen nicht kalt werden.«
»Sind Sie wirklich in Ordnung?«, erkundigte sich Sentenza besorgt.
Cornelius' Lippen zuckten, doch das schwache Lächeln wollte ihm nicht gelingen. Nein.
»Shilla?«
Entgegen seiner Gewohnheiten sprach Jason nicht laut, sondern rief die Telepathin
gedanklich.
Es erfolgte keine Antwort.
Jason wusste, dass sie wach war, auch wenn er nur vage die Umrisse ihres Körpers
in der abgedunkelten Schlafnische gegenüber der seinen ausmachen konnte
und sie sich nicht rührte. Ihre leisen Atemzüge waren zu ruhig, zu
gleichmäßig.
Er seufzte und bedauerte, dass er den Finger gleich auf eine wunde Stelle legen
und kräftig zudrücken würde.
»Von mir aus kannst du dich weiterhin schlafend stellen. Ist auch besser
so, denn ich möchte mit dir über einige Dinge reden, die Celeste nicht
zu hören braucht. Sie soll auch nicht wissen, dass wir dieses Gespräch
führen. Ich fürchte, wir haben kürzlich schon zu viel gesagt.
Darum sollten wir ab sofort mit unseren Äußerungen sehr vorsichtig
sein. Das gilt vor allem nach dem Eingehen der Bindung. Ich habe keine Ahnung,
wie viel Celeste unseren Gedanken entnehmen kann – außer dem, was
wir sie wissen lassen. Kannst du mich in dieser Hinsicht erleuchten?«
Langsam drehte sich Jason auf dem Moospolster zur Seite, so dass er Shilla den
Rücken zuwandte. Seine Hände glitten über die weichen, trockenen
Büschel, die sich sogleich an ihn schmiegten, um ihm das Liegen so bequem
wie möglich zu machen.
Ob die KI, falls sie den Eindruck gewann, dass ihre beiden mobilen Gäste
Ärger machen wollten, die Pflanzen veranlassen würde, wie bei Taisho
Ranken wachsen zu lassen, die dann in Jasons und Shillas Körper krochen
und sie zu Celestes Gefangenen machten? Vielleicht wachte er nachher auf und
war an sein Lager gefesselt, durchbohrt von Millionen und Abermillionen Fasern,
die seine Körperchemie veränderten, sein Denken beeinflussten und
ihn zu einem willigen Werkzeug der Tomakk machten. Die Vorstellung ließ
ihn schaudern.
Ob Shilla insgeheim ähnliche Befürchtungen hegte? Das tiefe Vertrauen,
das sie bisher ihren Helfern entgegen gebracht hatte, schien getrübt, auch
wenn die Vizianerin ihre Zweifel nicht ausgesprochen hatte. Diese plötzliche
Skepsis wollte Jason nutzen, bevor sich alle Verdachtsmomente wieder in grenzenloses
Vertrauen auflösen konnten.
Fast stündlich entdeckte Jason weitere Fähigkeiten des biologischen
Schiffes, und er war überzeugt, dass er noch immer weit davon entfernt
war, alle Geheimnisse zu kennen.
Was konnte Celeste mit ihnen anstellen, wenn sie sich – aus welchen Gründen
auch immer –gegen ihre humanoiden Passagiere wandte? Wozu war sie fähig?
War Taishos Schicksal eine Art Vorschau auf das, was auch ihnen passieren konnte?
Eine versteckte Warnung, dass es besser war zu
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