Rettungskreuzer Ikarus Band 048 - Kaiser und Gott
Systemen, nach – wie Sie sagen – dem Rechten sehen müssten, hätten wir Rynyda bereits erreicht.«
»Höre ich da einen Vorwurf?«
»Sie sind der Captain. Es ist Ihre Entscheidung. Aber wir gewinnen nichts durch die sich immer wieder gleichenden Erkenntnisse über marode Archen und vermeintliche Kampfschiffe. Derartige Informationen können ebenso von der Flotte gesammelt und ausgewertet werden.«
»Die Flotte steht uns beziehungsweise allgemein nicht dermaßen zur Verfügung, wie es wünschenswert wäre. Unser offenbar für Sie unkoordiniertes Springen in Richtung Rynyda soll denen, die uns folgen, zumindest halbwegs auswertbare Informationen über Umfang und Qualität … nun, hauptsächlich über den Umfang der zu erwartenden Angriffsflotte liefern. Natürlich könnte man sämtliche dieser Archen ohne allzu großen Aufwand vernichten. Aber die unschuldigen Lebewesen, die Unzahl an Leben, die damit vernichtet würden … Wären Sie bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen? Wir sind ein Rettungskreuzer, verdammt noch mal! Wir wollen, wir müssen Leben retten …«
»Sie haben recht«, nutzte An’ta die kurze Atempause in den Ausführungen Captain Sentenzas. »Kämen wir dem ursprünglichen Signal auf die Spur, könnten wir allerdings diese Invasion stoppen und den von Ihnen genannten Problemen aus dem Weg gehen.«
»Das Problem bestünde weiterhin, das wissen Sie«, erwiderte Sentenza. »Aber auch Sie haben natürlich recht.«
Es entstand eine kurze Pause, in der es auf der Brücke des Rettungskreuzers still wie sonst nur selten war. »Rewlak II. Und danach dem Signal hinterher. Thorpa, gibt es neue Informationen zur Dauntless oder der Marauder?«
Das Rascheln der Äste konnte mittlerweile von allen Besatzungsmitgliedern gedeutet werden, und so war »Bisher keine weiteren Informationen zu den Schiffen am Kalliasender, nein« nur die akustische Bestätigung dessen, was Thorpa bewusst oder unbewusst bereits kundgetan hatte.
»An’ta, ich übergebe Ihnen das Kommando. Der Kurs ist klar, ich nehme mir eine Auszeit. Sie wissen, wo Sie mich finden können.«
Roderick Sentenza legte einen Arm um die Schultern seiner Frau, und beide verließen die Brücke.
Wieder herrschte einige Momente lang Stille.
Dann ließ sich Thorpa vernehmen: »Ich glaube, ich weiß, was die beiden nun machen werden. Wollen Sie mithören, Captain?«
An’ta wusste im ersten Moment nicht, wie sie reagieren sollte und ob es sich nur um das handelte, was der Busch unter Spaß verstand. Sie entschied sich für ein kurzes »Unterstehen Sie sich!« und widmete sich dann wieder den Steuerungskonsolen.
Vince litt unsägliche Schmerzen. Aus seinen Kieferknochen wuchsen Mandibeln, deren unkontrollierte Bewegungen immer wieder seine Lippen blutig rissen. Die Nanobots in seinem Körper liefen auf Hochtouren und saugten aus den angeschlossenen Nährstofftanks, was notwendig war, um seinen Körper heil und am Leben zu erhalten. Ein Leben, das neben den entstellend wirkenden Beißklauen in seinem Gesicht nun auch die theoretische Möglichkeit des Fliegens beinhaltete.
Irgendwo in seinem Verstand war sich Vince wohl bewusst, dass diese künstlich gezüchteten und an seinen Schulterblättern verankerten Chitinflügel sein Gewicht niemals zum Fliegen brächten. Momentan brachten sie nichts anderes als Schmerz. Aber die neu sich bildenden Nervenbahnen simulierten Bereiche in seinem Gehirn, die den Gedanken ans Fliegen bei Weitem nicht abwegig fanden. Die Flügel waren da, also konnte geflogen werden.
Außer er würde auserwählt, einer der Könige zu sein, dann …
Wieder klappten die Mandibeln nervös nach vorne in sein Gesicht, und nur aufgrund seiner Erschöpfung schlugen sie einmal mehr nicht auf seinen Mund. Auch hier wurden Bereiche in seinem Gehirn aktiviert, Signale hin und her geschickt, und eine natürliche Beweglichkeit der Klauen rückte in greifbare Nähe.
Botero überwachte an einem Monitor in der Zentrale das Wachsen und Gedeihen seines Spielzeugs.
Rein optisch war Vince keiner Spezies mehr unmittelbar zuzuordnen. Die Manipulationen durch den Wanderlustvirus hatten ihn eine Zeitlang wie jeden anderen Infizierten aussehen lassen: muskulös und durchtrainiert.
Da wirkt selbst der meist dümmliche Gesichtsausdruck nicht mehr fehl am Platz, dachte Botero grinsend.
Durch den Einfluss seiner Suggestivdroge und durch die
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