Rettungskreuzer Ikarus Band 048 - Kaiser und Gott
Notwendigkeit nach mehr. Es gab doch immer etwas zu tun, um die bevorstehenden Angriffe der Feinde der Kallia erfolgreich abwehren zu können. Warum sollte man sich um etwas streiten, was weder notwendig noch vorhanden war? In dem Moment, in dem die Kallia die Führung übernehmen würden, wären sämtliche der momentan täglich wechselnden Hierarchien hinfällig, und das Wort der Kallia war das Einzige, was galt …
Kelár zuckte mit den Schultern, um die überflüssigen Gedanken abzuschütteln, und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe.
Er überprüfte die Solarpanels und die Kontakte ins Innere des Schiffes, bevor er Av’rro ein Zeichen gab.
Av’rro hatte an dem anderen Ende der Plattform die gleichen Kontrollen durchgeführt und deutete den Befund ebenfalls okay.
»Irgendwo muss es aber ein kaputtes Teil geben. Die Stromschwankungen der letzten Zeit sind zu groß, um auf die natürlichen Witterungsbedingungen zurückgeführt werden zu können.«
Kelár deutete nach oben.
Av’rro lächelte, als er seine Sicherung löste und sich zu den Streben begab, die zum höchsten Level führten. »Das ist doch was anderes, als diese ewige Herumsitzerei vor den ganzen unnützen Kontrollen!«
»Definitiv. Selbst Monitorsimulationen sind weniger befriedigend als so etwas.« Kelár zeigte nach unten, wo erst in gut fünfzig Metern Tiefe die nächste Ebene der Stern einen Sturz würde aufhalten können. »Sich auf die eigene Kraft und seine Fähigkeiten im Dienst der Kallia verlassen zu können«, setzte er fort, »das ist doch Freude pur.«
Av’rro nickte zustimmend. »Du hast recht. So interessant die verschiedenen Simulationen und virtuellen Vorbereitungen auf die Realität auch sind, hier draußen«, er machte eine kurze Pause und zog nachdenklich die Stirnschuppen zusammen, was zu einem leise schnarrenden Geräusch führte, »ist man einfach sich selbst näher.«
Sich gegenseitig sichernd, kletterten die beiden Rerrco auf den obersten Bereich der Stern. Bevor sie dort von der gleißenden Spiegelung der vielen Panels geblendet wurden, schoben sich Schuppen fächerförmig vor ihre Augen und verkleinerten sich ihre Pupillen; es dauerte nicht lang, bis sie das fehlerhafte Teil in dem großen Ganzen entdeckt hatten.
Dort hinzukommen und es auszutauschen, dauerte dagegen die ganze restliche Schicht.
»Wir haben ein Signal.« Ygrii deutete auf den Monitor vor sich.
Drysii trat neben ihn und versuchte, etwas zu erkennen. »Gibt es keine Frequenzdarstellung?«
»Die Übersetzung dauert noch. Es sieht eher nach einer Schemameldung aus, und damit tut sich das Programm wohl schwer.«
Ygrii zog die Armhäute enger an sich und stieß ein lautes Pfeifen aus.
Drysii fuhr zusammen, und den anderen Iryyn auf der Brücke ging es nicht anders: Wie konnte Ygrii sich nur derart gehen lassen?
Keiner sprach es aus, aber alle erinnerten sich daran, dass Ygrii lange Zeiten bei den Humanoiden verbracht hatte. Er wollte sie studieren, von ihnen lernen … Dafür saß er jetzt als Kommandant im Oktaeder.
Was so natürlich nicht stimmte. Es war tatsächlich nur ein Zufall gewesen, dass die Wahl auf den großen Iryyn gefallen war. Er war, wie so oft, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen.
Und ja, er hatte tatsächlich mehr erreicht als viele Iryyn vor ihm. Teile des Schiffs waren für diesen Flug mit dickflorigem Teppich ausgelegt worden, hinzu kamen die Deckenhaken, die den Iryyn einen ruhigen und sicheren Schlaf garantierten. Die Dämmung der Maschinen war verstärkt worden, und so stellte auch diese Geräuschkulisse nicht länger ein sonderlich großes Problem dar.
Aber sich trotzdem jetzt so gehen lassen?
Drysii wartete auf die Frequenzmeldung und musste sich beherrschen, als sie kam.
Angriff. Sammeln und Angreifen.
Ygrii entfuhr eine kurze Frequenzfolge, die die Worte der Meldung nur wiederholte und eine fragende Note mitgab: »Angriff? Was? Wen?«
Das uralte Signal der Kallia war aktiviert worden. Der Kampf hatte sie endlich eingeholt.
Der Hairaumer war ohne weiteren Kontakt mit dem Zentralrechner auf der Äquatorinsel gelandet.
Im gleichen Augenblick, als die Maschinen sich in den Ruhemodus schalteten, leuchtete erneut der Kommunikationsmonitor auf.
Zumindest hatte Botero ihn so genannt, nachdem er festgestellt hatte, dass über diesen fast alle Meldungen von außen eintrafen.
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