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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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Leitung von Pauls Ehefrau Martha und dem dicken Koch Anthony Brotscheiben und frischen Eintopf an die geschwächten Menschen. Cassidy und ihr acht Jahre älterer Bruder Caiden gönnten sich gerade eine Pause. Die Siebzehnjährige versuchte ihn über den Verlust seiner Freundin hinwegzutrösten, aber wann immer sie Faith erwähnte, bemühte er sich, das Gespräch zu beenden.
    »Habt ihr Butch gesehen?«, fragte Angel die beiden und riss sich dabei ein Stück von Cassidys Brot ab. Mit gesenktem Kopf zeigte ihre Schülerin in Richtung des provisorischen Parkplatzes. Der Tod von Victor lastete schwer auf dem ganzen Team, doch seinen Bruder traf der Verlust am meisten. Er hatte den orangefarbenen Pick-up seit der Ankunft in Jaguar Bay nicht verlassen. Angel murmelte etwas Unverständliches, während sie auf dem Kanten herumkaute. Anschließend ging sie zögernd auf den leicht gepanzerten Kleintransporter zu, mit dem sie Cassidy vor sechs Wochen in der Steppe aufgelesen hatte.
    Die Originalfarbe war nach zwei Jahrzehnten heißer Wüstensonne kaum noch zu erkennen und die vielen Beulen und Kratzer wären in der Lage gewesen, ein ganzes Abenteuerbuch zu schreiben. Butch saß mit geschlossenen Augen auf dem Fahrersitz und zog kräftig an einer Zigarette. Eigentlich hatte er dieses Laster seinem Bruder zuliebe aufgegeben, der immerhin berufsbedingt mit explosiven Materialien hantierte, aber das brauchte ihn jetzt nicht mehr zu kümmern. Angel überlegte, ob sie sich bemerkbar machen sollte, bevor sie die Beifahrertür öffnete.
    »Wie konnten die Victor erwischen?«, schallte es ihr plötzlich aus dem Innenraum entgegen. Butch hatte sie längst erwartet. »Er war doch die ganze Zeit in deinem Blickfeld!«
    Seit der überstürzten Flucht durch das aufgesprengte Notfalltor im Norden Silver Valleys stellte Angel sich dieselbe Frage – und fand keine Antwort darauf. Wortlos setzte sie sich neben den Mechaniker und schlug die Tür zu. In ihrem Kopf hatte sie einige Theorien durchgespielt und dabei alle bis auf zwei verworfen. Beide entsprangen der Erkenntnis, dass die Sicarii ihre Ziele bevorzugt infiltrierten, ehe sie einen Angriff starten. Als hilflose Flüchtlinge getarnt, hatten sie die stationären Geschütze in Eagle Village mit Sprengsätzen sabotiert und anschließend die Wachposten überwältigt. In Silver Valley musste etwas Ähnliches geschehen sein. Entweder war ihnen der Plan bekannt gewesen oder Victor ein Verräter zum Verhängnis geworden. Die letzte Möglichkeit ließ Angel keine Ruhe, denn das schwarze Schaf konnte sich noch mitten in ihrer Herde befinden und jederzeit wieder zuschlagen.
    »Jemand hat den Sicarii geholfen«, hauchte sie ihm zu, als bestünde Gefahr, belauscht zu werden. Nun öffnete Butch zum ersten Mal die Augen und starrte durch die vergitterte Frontscheibe auf die qualmenden Ruinen. Die Sonne näherte sich unaufhaltsam dem Horizont und die Abendröte verwandelte die Menschen in gespenstisch anmutende, schwarze Silhouetten. Eine unheimliche Stille hielt in den verrauchten Innenraum des Pick-ups Einzug. Beinahe jeder der Schatten, der sich an der Versorgungsstation anstellte, an Krücken zu provisorischen Schlafplätzen hinkte oder Wache schob, konnte in Wirklichkeit ein Sicarii sein. Ein Großteil der Leute begutachtete neugierig den hohen Pfahl mit dem Holzadler, den die Sicarii schon in Sienna zurückgelassen hatten. Die Flüchtlinge wussten nicht, ob sie ihn zu Boden reißen oder als Mahnmal erhalten sollten.
    »Caiden war als letzter bei ihm«, brummte Butch mit zusammengekniffenen Augen, so als würde er nach ihm Ausschau halten. Angel zögerte einen Augenblick mit ihrer Antwort. Sie stützte ihren Kopf mit dem Ellenbogen auf dem offenen Beifahrerfenster auf und starrte auf die Essensausgabe, wo Cassidy nach wie vor mit ihrem Bruder saß.
    »Nein.«
    Ihr Flüstern glich einem Gebet, denn innerlich spürte sie, wie ihnen der junge Vulture etwas verheimlichte. Gleichzeitig hatte sie aufrichtiges Entsetzen in Caidens schockiertem Blick erkannt, als er keuchend von Victors Tod und dem Versagen der Sprengfallen berichtete.
    »Sein einziges Ziel war die Suche nach seiner Schwester. Er würde sie mit einem derartigen Verrat nicht in Gefahr bringen. Aber …« Angel drehte das Gesicht zu Butch, um sicher zu gehen, dass er ihr zuhörte. »Er weiß mehr, als er uns glauben machen will.«
    Der Mechaniker warf seinen Zigarettenstummel aus dem Fenster und wischte sich brummend den Schweiß aus den

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