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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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Schlössern und Türen vorgesehen hatte.
    »Kannst du mit sowas umgehen?«, fragte sie Caiden. Der junge Mann fuhr sich zögernd durch seine nackenlangen Haare und nahm vorsichtig eins der Päckchen in die Hand. Sie fühlten sich wie weiche Knete an und ließen sich mit Leichtigkeit in Türritzen oder zwischen Gitterstäbe pressen. Der einzige Nachteil waren die primitiven Zeitzünder in Form von fettigen Lunten, die laut Victor pro Minute dreißig Zentimeter lang sein mussten.
    Caiden nickte zuversichtlich und steckte die Sprengsätze ein, nachdem Angel ihm erklärt hatte, dass die plötzliche Freilassung der Vultures ein gewaltiges Chaos anrichten würde. Dadurch könnte ihnen die Flucht mit Dog auch ohne Jades Einverständnis gelingen. Skrupel über die Benutzung seiner ehemaligen Kameraden als Kanonenfutter hatte er dabei nicht. Er war kein Vulture gewesen. Er war Teil von Dogs Team und bei ihm lag seine Loyalität.
    Cassidy fiel schon wieder eine Unterstützungsaufgabe zu. Sie sollte von ihrem Fenster aus die Augen offenhalten und Angel notfalls Feuerschutz geben. Ihr leiser Protest war völlig hoffnungslos, vor allem weil ihr Bruder der Entscheidung ganz und gar zustimmte. Widerwillig fügte sie sich dem Mehrheitsbeschluss, schaltete ihr Headset ein und wartete auf das große Spektakel.
    Minutenlang schwenkte Cassidy ihr rotes Leuchtpunktzielvisier immer wieder über Dog im Stadtzentrum hinweg. Der hatte es inzwischen offenbar aufgegeben, seine daumendicken Fesseln mit purer Muskelkraft zerreißen zu wollen und wandte seine Aufmerksamkeit der südlichen Seite des Bunkers zu, die Cassidy nicht einzusehen vermochte.
    Auf einmal schreckte er jedoch hoch und sah sich nach Norden um, als hätte er ein verdächtiges Geräusch gehört. Angel war dem flackernden Lagerfeuerlicht geschickt ausgewichen und schlich sich bereits um den Geröllhaufen des zerstörten Bunkers herum. Nur noch wenige Schritte trennten sie von ihm, nur noch ein kurzer Augenblick, ein schneller Schnitt mit ihrem Kampfdolch und er war frei.
    »Bist du verrückt?«, zischte Dog, nachdem er den Schatten identifiziert hatte. »Das ist eine Falle!«
    »Wissen wir«, erwiderte Angel flüsternd. »Wo sind unsere Leute?«
    »Heute Morgen in Richtung Hadesgebirge fortgeschafft. Diese Irre hat mich extra für dich hierbehalten und du fällst auch noch drauf rein!«
    Kommentarlos setzte sie Dog ein Headset auf und reichte ihm das Messer für die übrigen Fesseln.
    »Der Hund ist aus dem Zwinger. Status?«
    »Hier tut sich nichts«, antwortete Cassidy über Funk und klang dabei sichtlich nervös.
    »Die Päckchen wurden abgeliefert«, bestätigte Caiden seine erfolgreiche Mission. »Die ... äh ... Vögel sind bereit zu fliegen!«
    Etwas Besseres fiel ihm nicht ein, aber er wollte die bevorstehende Freilassung der Vultures, was übersetzt immerhin Geier bedeutete, nicht einfach so herausposaunen. Wer Aufklärungsdrohnen einsetzte, verfügte sicherlich auch über eigene Funkgeräte. Inzwischen hatte Dog seine restlichen Fesseln durchtrennt, sprang auf die Beine und humpelte in nördlicher Richtung um den Schutthaufen herum.
    »Wo willst du hin?«, zischte Angel ihm hinterher. »Wir müssen hier raus!«
    »Nicht ohne Faith!«
    »Faith? Was ist mit Faith?«, schallte Caidens energische Frage aus den Ohrstöpseln, doch weder Dog noch Angel gingen darauf ein. Die unglaublich hochmütige Amazone, die Angel als makellos schöne und bezaubernde Erscheinung in Erinnerung behalten hatte, lag leblos und gefesselt etwas nördlich von Dogs Position, die von Cassidy nicht einzusehen gewesen war. Nachdem ihr Bruder keine Antwort erhalten hatte, kam er keuchend auf den großen Platz gestürmt. Die Sicht auf die aufgeplatzte Haut seiner Freundin raubte ihm den Atem. Faiths einst so elegantes, hautenges Lederkorsett hing zerfetzt an ihrem geschundenen Körper herunter, die unzähligen Klingen waren verschwunden. Nur die Panflöte hatten ihr die Sicarii gelassen; in zwei Teile zerbrochen und achtlos in den Sand geworfen. Das Zerschneiden ihrer Fesseln ließ Faith für einen Moment erwachen. Mit gläsernen, ausdruckslosen Augen blickte sie ihren Freund an, ohne ihn zu erkennen oder sich ihrer Situation bewusst zu sein. Während Caiden sie und ihre Panflötenteile in den schützenden Schatten der Nordseite des Bunkers trug, fiel sie zurück ins Delirium. Aber sie war am Leben und das war für ihn Grund genug, nicht mehr von ihrer Seite zu weichen. Insgeheim fragte er sich, warum

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